Rhein-Neckar, 01. August 2017. (red/pro) Seit heute gibt es einen zweiten privaten Fernsehsender in der Region. RONTV löst RNF auf dem Programmplatz im RTL-Regionalfenster von 18:00-18:30 Uhr ab. Verantwortlich ist Thomas Präkelt, Inhaber der Zone 7 GmbH & Co. KG, die bislang in Ludwigsburg beheimatet war und hier überwiegen aus Süddeutschland, der Schweiz und Frankreich Zulieferungen an die Sender der RTL-Gruppe tätigte, was auch weiterhin der Fall ist.
Von Hardy Prothmann
Souverän geht anders. Damit ist nicht RONTV (RheinpfalzOdenwaldNeckar) gemeint, das heute zum ersten Mal eine Sendung auf dem RTL-Regionalfenster ausgestrahlt hat. Gemeint ist die sonstige Medienlandschaft, die den Sender mehr oder weniger entschlossen ignoriert. Zumindest kann man über die Online-Suche der verschiedenen Portale nichts finden.
Mediale Ignoranz
Das ist natürlich eine journalistische Fehlleistung. Immerhin startet ein neues Unternehmen mit 30 Mitarbeitern und eines, das im Konzert der bereits vorhandenen Medien künftig im Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Meinungsbildung teilnimmt, also von öffentlicher Relevanz ist. Diese Information den eigenen Lesern, Zuschauern und Hörern vorzuenthalten, zeigt einen strukturellen Kleingeist.
Der neue Sender wird es auch sonst schwer haben in der Region, ebenso wie der bisherige Lizenznehmer RNF. 2015 war eine neue, zehnjährige Sendelizenz für das Sendegebiet Nordbaden und Vorderpfalz durch die Landesmedienanstalten in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ausgeschrieben worden, um die sich beide Unternehmen bemüht hatten. Letztlich erhielt Zone 7 den Zuschlag und mit RNF wurde vereinbart, dass der alte Lizenznehmer noch ein Jahr auf Sendung bleiben könne. RTL ist durch die eigene Lizenz verpflichtet, Regionalfenster zu unterhalten und zahlt an den Lizenznehmer rund 1,4 Millionen Euro pro Jahr. Nur auf dieser Basis ist der Start von RONTV überhaupt finanzierbar, für RNF bedeutet das umgekehrt einen erheblichen Umsatzverlust, der sich auch in einer Reduzierung des Personals um rund 20 Prozent auf aktuell rund 40 Mitarbeiter bemerkbar macht. RONTV wiederum startet mit 30 Mitarbeitern, die zum einen das Regionalfenster gestalten, aber auch weiterhin mit Nachrichteninformationen die RTL-Gruppe beliefern, was das zweite und vom Umsatz her deutliche größere Standbein ist.
RNF hat unter der Regie des Regional-TV-Veteranen Bert Siegelmann und des neuen Co-Geschäftsführers Ralph Kühnl das vergangene Jahr genutzt, um sich neu aufzustellen. Der Sender hat weiterhin eine Lizenz für ein 24-Stundenprogramm im Kabel, das durch viele Wiederholungen gekennzeichnet ist und auch über Stream über das Internet zu empfangen ist. Die zuvor auf RTL ausgestrahlte Sendung “RNFlife” gibt es zunächst weiterhin. Der Sender ist nun vollständig auf Werbeeinnahmen angewiesen. Dabei fallen die sechs Minuten Eigenvermarktung auf dem deutlich attraktiveren RTL-Sendeplatz weg, die kann nun RONTV vermarkten – allerdings ist der Werbemarkt nicht größer geworden und damit ist ein hartes Dumping zu vermuten.
RONTV wird es schwer haben
Schwer hat es der neue Sender nicht nur mit dem Start mitten im Sommerloch, sondern vor allem deswegen, weil das Sendegebiet für die allermeisten “RONies” mehr oder weniger Neuland ist. Dem Redaktionsteam fehlt es an Kontakten und Verständnis für viele durchaus komplexe Zusammenhänge in der Region.
Geschäftsführer Thomas Präkelt hatte im vergangenen Jahr deshalb Kontakt zu uns aufgenommen, weil er Rheinneckarblog.de als Online-Kanal übernehmen und mich als Journalisten, Reporter und Moderator anstellen wollte. Die intensiven Verhandlungen sind aufgrund sehr unterschiedlicher inhaltlicher und finanzieller Vorstellungen grundsätzlich gescheitert.
Der Grund liegt auf der Hand: Der größte Teil der Einnahmen wird auch künftig durch Zulieferungen an RTL erzielt. Das ist das Hauptstandbein von Zone 7. RONTV ist quasi ein Nebenbeiprodukt mit dem Vorteil, dass dieses durch eine erhebliche Finanzspritze von RTL finanziert werden muss. Aber hier wird kein journalistisches Herzblut einfließen.
Unter Umständen ergibt sich trotzdem ein Vorteil für die Region, denn Themen, die RONTV “machen muss”, könnten so auch wieder häufiger bei RTL oder n-tv zu sehen sein. Das wiederum könnte den SWR unter Druck setzen – es könnte also über das Regionalfenster hinaus eine neue Konkurrenzsituation entstehen, die belebend sein könnte. Es könnte aber auch sein, dass diese “bundesweite” Präsenz eher nachteilig sein könnte, weil eine erhebliche Boulevardisierung drohen könnte. Die vielen Konjunktive sind bewusst gewählt.
Mehr Buntes aus der Region
Ob es eine Belebung gibt, wird davon abhängen, wie viel Energie RONTV tatsächlich in die regionale Berichterstattung steckt. Im Zweifel muss der Sender nur ein paar “bunte” Beiträge von montags bis freitags produzieren und erfüllt damit den Lizenzauftrag “aus der Region” zu berichten. Dafür gibt es noch neun Jahre Geld. Ob danach weitere Zeiträume lizenziert werden, ist angesichts des Medienwandels äußerst fraglich.
Profilierte Kenner der Region oder profilierte Journalisten sind beim Sender bislang nach unserer Kenntnis nicht angestellt. Geschäftsführer Thomas Präkelt ist ein bekannter Name, der beim früheren RIAS Berlin seine journalistische Laufbahn begonnen hatte und nach weiteren Stationen zur RTL gewechselt ist. Er betreibt auch in Leipzig eine Produktionsgesellschaft “Landesstudio Ost (LSO), die der Gruppe zuliefert. Der Name “Zone 7” hat sich durch die Postleitzahl ergeben sowie eine Anspielung auf das früher als “Zone” bezeichnete Gebiet der DDR, was umgedreht wurde.
Wir gehen davon aus, dass Zone 7 mit RONTV auf absehbare Zeit kein journalistischer Gewinn für die Region sein wird. Hier wird nach unserer Einschätzung vermutlich überwiegend ein buntes Unterhaltungsprogramm geboten werden, ergänzt durch Aufregerthemen. Spannend wird sein, ob sich RNF wird halten können – als unique selling point muss sich der Sender als klarer regionaljournalistischer Marktführer im Segment TV positionieren, um bestehen zu können. Das erfordert viel Aufwand. Zum Vorteil gereicht dem Sender der hohe Erfahrungswert, schließlich sendet man seit über 30 Jahren aus der Region, kennt diese wie die eigene Westentasche und verfügt über alle wesentlichen Kontakte.
Bundesweit einzigartige Situation
Bundesweit betrachtet, ist die Situation aus Sicht der Medienkonsumenten einzigartig. Zwei private Regionalsender und ein öffentlich-rechtliches Studio des SWR sind einmalig. Allerdings gehen Experten davon aus, dass im schwierigen Segment des privaten Fernsehens auf Regionalebene nur ein Sender überleben kann. RNF hat wegen der fehlenden Gelder die deutlich schlechteren Karten als Zone 7, umgekehrt hat RNF aber viel bessere infrastrukturelle Bedingungen, was die Kenntnis der Region und die Bekanntheit in der Region angeht.
Zone 7 kann das relativ egal sein. Relativ meint, dass die Produktionsgesellschaft enorm unter Druck geraten könnte, wenn RNF dem Wettbewerber eine klare Kante zeigt und damit verdeutlicht, dass die Lizenzvergabe ein medienpolitischer Fehler war. Das könnte spannend werden und möglicherweise dazu führen, dass RONTV in einiger Zeit – wobei wir hier von einigen Jahren sprechen – kapituliert und die Lizenz abgibt, die dann wieder zu RNF wandern könnte. Das ist reine Spekulation, aber keine ganz unwahrscheinliche.
Keine Konkurrenz für das Rheinneckarblog
Aus unserer Sicht ist der neue Sender keine journalistische Konkurrenz. Man hat dort erheblich mehr Mittel, aber auch erheblich mehr Produktionsaufwand, der nicht journalistischen Inhalten zugute kommt.
Dass RONTV es nicht wirklich ernst meint mit einer Informationsoffensive ist an den Vorbereitungen zum Sendestart zu erkennen. Es fehlte jegliches Tamtam. Von einem selbstbewussten Marketing ist nichts zu erkennen. Man ist auf Sendung gegangen – gut gelaunte Mitarbeiterinnen sind enorm aufgeregt, kichern viel, was man sich auf youtube anschauen kann und das wars. Es gibt natürlich eine Website, die ist aber eher langweilig und kommt bis auf die bunten Filmbeiträge ohne relevanten Journalismus aus.
Ein Kracher war der Auftakt nicht. Man hat halt mal angefangen.