Rhein-Neckar/Pfalz/Stuttgart, 11. März 2016. (red/pro) Journalismus ist ein “vertrauliches Geschäft”. Wir schützen unseren Quellen – aber wir machen auch möglichst viel transparent. Zu unserer aktuellen Top-Story gibt es keinen Anlass, unsere Recherchefragen an gewählte Volksvertreter, die teil aktuell wiedergewählt werden wollen, zu veröffentlichen. Sie, liebe Leserinnen und Leser, machen sich selbst ein Bild über unsere Arbeit. Über die Dinge, die wir berichten, über die Fragen, die wir gestellt haben und über die Tatsache, dass die meisten der von uns angeschriebenen Abgeordneten genau nichts geantwortet haben.
Wir haben sieben grüne Landtags- und Bundestagsabgeordnete angeschrieben und um Auskunft gebeten. Konkret: Manfred Kern (Wahlkreis 40 Schwetzingen), Wolfgang Raufelder (Wahlkreis 36 Mannheim), Kai Schmidt-Eisenlohr (Wahlkreis 37 Wiesloch), Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Wahlkreis 41 Sinsheim), (Wahlkreis 39 Weinheim) sowie die zwei Bundestagsabgeordneten Dr. Tobias Lindner (Wahlkreis 212 Südpfalz) und Dr. Gerhard Schick (Wahlkreis 275 Mannheim).
Das waren die Fragen, auf die keiner der Abgeordneten geantwortet hat:
- Von wem ging die Initiative aus, ein gemeinsames Schreiben zu verfassen?
- Wer hat die Entscheidung getroffen, ein Briefformat mit Bundes- und Landtagslogo zu verwenden?
- Auf welcher Basis halten Sie für legitim, das Prinzip der Staatsferne zu missachten?
- Ist Ihnen das Konzept des Mitbewerbers Zone 7 bekannt?
- Wenn ja, seit wann und wie haben Sie davon Kenntnis erlangt?
- Sofern Ihnen das Konzept nicht bekannt ist – auf welcher Grundlage ergreifen Sie Partei für einen Anbieter?
- Halten Sie Ihren Vorstoß für einen schweren Eingriff in die freie Marktwirtschaft und wenn nicht, warum nicht?
- Halten Sie Ihren Vorstoß für einen schweren Eingriff in die Pressefreiheit und wenn nicht, warum nicht?
- Was halten Sie von dem Vorwurf, dass Sie das RNF durch Ihre versuchte Einflussnahme in der redaktionellen Unabhängigkeit schwer beschädigt haben?
Wir haben weiter die SPD-MdL Helen Heberer angeschrieben – mit diesen Fragen:
- Wann und warum kamen Sie auf die Idee für diese Unterstützung?
- Wie viele Abgeordnete haben Sie zur Unterstützung aufgefordert?
- Waren das pauschal alle Abgeordnete oder haben Sie gezielt persönlich angesprochen?
- Ist Ihnen bewusst, dass Sie mit dem Schreiben eine gezielte Einflussnahme versucht haben und damit die Staatsferne grob missachtet haben?
- Ist Ihnen dies insbesondere deshalb bewusst, da Sie bis zum Sommer 2015 selbst Mitglied im Medienrat waren?
- Kennen Sie das Konzept des Mitbewerbers? Wenn ja, aus welcher Quelle?
- Wenn Sie das Konzept nicht kennen, aus welchem Grund unterstützen Sie einen Bewerber ohne Kontrolle, ob ein anderes Konzept für die Bürger nicht besser wäre?
- Bedauern Sie mittlerweile Ihre Brief oder stehen Sie weiter dazu?
Das ist die komplette Antwort von Frau Heberer:
Die Abgeordneten der Metropolregion Rhein Neckar haben sich parteiübergreifend für den Erhalt eines seit mehr als 30 Jahren grenzüberschreitenden und -arbeitenden Regionalsenders für die Metropolregion Rhein Neckar eingesetzt. Dies geschah aus allen Parteien übrigens auch für den Erhalt des Morgenfensters des Kurpfalzradios – beides aus Interesse an der Stärkung unserer Region. Vor dem Hintergrund erster Schließungen von Regio -TV Sendern in Baden-Württemberg sorgt sich auch der Verband Region Rhein Neckar und weitere Gremien der MRN um eine Aushöhlung medialer Strukturen – von Kurpfalzradio bis zum RTL-Regionalfenster. Es ist völlig üblich und legitim, wenn Politik sich gesellschaftspolitischer Fragen annimmt. Dies haben auch die Mitglieder des Regionalverbandes, in dem alle Parteien vertreten sind (und die CDU eine Mehrheit hat) mit einer gemeinsamen Resolution getan.
Und wir haben SPD-MdL Gerhard Kleinböck angeschrieben. Er ist Mitglied im Medienrat und Unterstützer des Heberer-Briefes. Wir haben keine Antwort erhalten:
- Sehr geehrter Herr Kleinböck, ausweislich der uns vorliegenden Unterlagen haben Sie einen Aufruf zur Lizenzvergabe an den staatsfernen Medienrat unterstützt, in dem Sie selbst Mitglied sind. Wir bitten um Begründung, auf welcher Grundlage Sie diesen Aufruf gestartet haben.
Anm. d. Red.: Im Laufe unserer Recherchen haben wir viele vertrauliche Gespräche geführt – bis zu dem Punkt, an dem uns mitgeteilt wurde:
Bitte haben Sie Verständnis, dass ich mich jetzt nicht mehr äußere. Auch nicht vertraulich. Das könnte alles sehr, sehr juristisch werden.
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