Mannheim/Rhein-Neckar, 01. Oktober 2013. (red/ld) Aktualisiert: Noch ist nicht entschieden, wie es mit der Mannheimer Musikhochschule weitergeht. Die Schließung der klassischen Musikausbildung ist noch nicht vom Tisch. Die Landtagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD treten erst in die Dialogphase ein. Am 16. Oktober findet dazu eine ganztägige Anhörung statt.
Von Lydia Dartsch
Aktualisierung vom 01. Oktober 2013: Die lauten Proteste gegen die Pläne, die klassische Musikausbildung an der Musikhochschule Mannheim zu schließen haben die Regierungsfraktion aus Grünen und SPD dazu gebracht, die Sparpläne von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) zu überdenken. Grund zum Aufatmen ist das aber nicht. Noch sind die Pläne nicht vom Tisch. Es sind immer noch Einsparungen zwischen vier und fünf Millionen Euro nötig. Man wolle über Alternativen diskutieren, sagte uns der Mannheimer Landtagsabgeordnete Wolfgang Raufelder (Grüne).
Die Eckpfeiler der Reform sind der Erhalt aller fünf Musikhochschulen in Baden-Württemberg und der Erhalt der Schulmusikausbildung an allen Standorten. Außerdem soll es keine vorgegebene Spartenbildung geben. Die Musikhochschulen sollen jeweils mit einem Budget ausgestattet werden. Bei der Reform sollen außerdem kulturell-gesellschaftliche Aspekte in der Region und ein eventuell notwendiger Mehrbedarf im Elementarbereich, in Ganztagsschulen sowie im Bereich frühkindlicher Förderung berücksichtig werden.
Anhörung zu Alternativvorschlägen
Um konkrete Vorschläge und Maßnahmen zu diskutieren, ist am 16. Oktober eine Anhörung der Fraktionen von Grüne und SPD im Landtag angesetzt. Eine weitere Anhörung sei von Seiten des Wissenschaftsausschusses des Landtags geplant. Einen konkreten Termin dafür gibt es noch nicht. Teilnehmer seien die beteiligen Musikhochschulen, Fachleute, die Fraktionen von Grüne und SPD sowie das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Das genaue Konzept der Anhörung werde derzeit erarbeitet.
Gespart werden müsse auf jeden Fall. Als Alternativen sei ein Abbau an Studienplätzen um 20 Prozent denkbar, sagte Herr Raufelder. Je nach Fach können nach Schätzungen der Musikhochschule Stuttgart gut 12.600 Euro pro Solistenstudent und 41.600 Euro für einen Studienplatz als Kirchenmusiker eingespart werden. Das betrifft in Mannheim die 661 Studierenden an der Musikhochschule. In die Umstrukturierung der Musikhochschule Mannheim soll auch die Popakademie, wo 250 angehende Musiker studieren, mit einbezogen werden. Darüberhinaus sind Profilbildungen und Spezialisierungen der einzelnen Standorte zu diskutieren, um Ressourcen einzusparen.
Strukturelles Defizit von 2,5 Milliarden Euro jährlich
Den Schritt, nach alternativen Sparmöglichkeiten zu suchen war von den Mannheimer Kreisverbänden der SPD und Bündnis 90/Die Grünen begrüßt worden. SPD-Kreisvorsitzender Wolfgang Katzmarek ließ dazu in einer Pressemitteilung verlauten:
Wir freuen uns, dass sich der Mannheimer Einfluss in den Beschlüssen der beiden Landtagsfraktionen niedergeschlagen hat und es nun die Chance gibt, mit der Ministerin Theresia Bauer zusammen in die offene Anhörung zu gehen um eine akzeptable Lösung zu finden. Für Mannheim ergeben sich damit neue Perspektiven.
Dass sich der Spardruck nicht zwangsläufig in Studienplatzzahlen festschreibt, hofft die Kreissprecherin der Günen, Dr. Angela Wendt, in einer Pressemitteilung. Um herauszufinden, wie trotz nötiger Qualitätssteigerung angesichts der Schuldenbremse gespart werden könne, gelte es nun in den Anhörungen auch die Vertreter aus der Studentenschaft aller fünf baden-württembergischen Musikhochschulstandorte zu hören, sagte sie.
Derzeit steht die Landesregierung einem jährlichen strukturellen Defizit von 2,5 Milliarden Euro gegenüber. Insgesamt belaufen sich die Schulden auf 43 Milliarden Euro. Für den Landeshaushalt bedeutet das jährliche Zinszahlungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro. Verantwortlich dafür sei die Vorgängerregierung der CDU und der FDP, sagt Herr Raufelder:
In zahlreichen Bereichen wurden Projekte initiiert, ohne dass die entsprechende Mittel in der mittelfristigen Finanzplanung eingestellt wurden. Zudem wurden viele beschlossene Einsparmaßnahmen schlicht und einfach nicht umgesetzt.
Beispielsweise seien in den Planungen der alten Landesregierung rund 8.000 Lehrerstellen mit einem Vermerk „künftig wegfallend“ versehen worden, ohne dass dies umgesetzt worden war.
Die Haushaltskonsolidierung erfordere Einsparungen von allen Ressorts. Erste Maßnahmen für 2012 bis 2014 sind bereits beschlossen und sollen sich in diesem Jahr und bis 2015 auswirken. Unter die Sparmaßnahmen fallen unter anderem die Streichung des Landeserziehungsgeldes, Kürzungen im Förderprogramm „Unser Neckar“, die Besoldungsanpassung und Kürzungen im Bereich der Fahrzeugförderung.
Die Kommission für Haushalt und Verwaltung hatte den Auftrag an das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gegeben, Einsparpotentiale für die Musikhochschulen im Land zu prüfen. Zudem hat der Landesrechnungshof Einsparvorschläge im Bereich der Musikhochschulen veröffentlicht.
Anmerkung der Redaktion:
Der gestern erschienene Artikel wurde heute mit ergänzenden Angaben zur aktuellen Lage des baden-württembergischen Landeshaushalts sowie um die Landeskosten eines Studienplatzes an der Musikhochschule aktualisiert.