Mannheim, 30. August 2013. (red/aw) Die Pläne des Wissenschaftsministeriums und der Grünen-Ministerin Theresia Bauer stießen auf heftige Kritik. Auch aus den eigenen Reihen. Das Vorhaben, die Studienplätze im klassischen Bereich um 300 zu senken und die Anzahl der Mitarbeiter daraufhin drastisch abzubauen, sei ein „inakzeptables“ Vorhaben, so die Kreisverbände und Abgeordneten der SPD und Grünen in einer gemeinsamen Mitteilung. Auch die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger und der CDU-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, Peter Hauk, wollen sich für den Erhalt der Musikhochschule einsetzen.
Von Alexandra Weichbrodt
Die baden-württembergische Wissenschaftsministerin, Theresia Bauer, wird nach ihrem Plan zur „Weiterentwicklung“ der Musikhochschulen in Mannheim mit immer stärkeren Gegenwehr rechnen müssen.
Denn trotz Semesterferien ist einiges los an der Musikhochschule Mannheim. Nicht nur die Studenten organisieren ihren Protest, sondern auch die politischen Vertreter geben sich derzeit die Klinke in die Hand.
FDP: „Nicht mit uns!“
Am vergangenen Mittwoch besuchten die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger und die Mannheimer Bundestagsabgeordnete Dr. Birgit Reinemund gemeinsam mit FDP-Stadträten die Musikhochschule. Nach ihrem Besuch erklärte Homburger:
Niemand verwehrt sich gegen Einsparungen, auch nicht die Hochschule selbst. Doch die von Ministerin Bauer vorgelegten Pläne sind nicht nur unausgegoren, sie wurden auch mit niemandem außer mit den vom Ministerium benannten Experten besprochen. Einmal mehr zeigt sich, dass die von der Landesregierung proklamierte „Politik des Gehörtwerdens“ nichts als eine leere Floskel ist.
Deshalb werde sowohl der FDP-Landesvorstand, der bereits einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, als auch die FDP-Gemeinderatsfraktion Mannheim und die Mannheimer FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Reinemund, gemeinsam mit den anderen betroffenen Einrichtungen im Land sowie mit Musikvereinen, Chören und den Orchestern in den Regionen weiter gegen diese Pläne vorgehen. Es gebe kein fachliches Argument, das bisherige Konzept zu ändern, so die FDP-Landesvorsitzende.
Die bundesweit einmalige Sonderstellung des Musiklandes Baden-Württemberg darf nicht aufgegeben werden, während auf der anderen Seite Geld in Hülle und Fülle für andere grün-rote Traumschlösser vorhanden ist.
„Es besteht ja keinesfalls ein Überangebot an Studienplätzen in Bereich der Musik – die Nachfrage kann an den Hochschulen überhaupt nicht gedeckt werden,“ ärgert sich der FDP-Fraktionschef Volker Beisel über die Kürzungsvorschläge von inzwischen über 500 Studienplätzen an der Mannheimer Hochschule. Sowohl die Klassik als auch die Schulmusik müsse in Mannheim erhalten bleiben.
Die Musikhochschule hat einen exzellenten Ruf und wirkt weit in die Region hinein. Der grünen Ministerin bläst zum Glück ein rauer Wind ins Gesicht,
freut sich die liberale Bundestagsabgeordnete Dr. Reinemund über die Unterstützung des Protestes durch die Landespartei. „Es ist blamabel, so konzeptlos ausgerechnet bei der Bildung zusammen zu streichen. Nicht mit uns! “, so Dr. Reinemund.
MdL Raufelder rät zu mehr Ruhe in der Diskussion
Wolfgang Raufelder, Mitglied des Landtages Baden-Württemberg hingegen rät in der Diskussion über die Musikhochschule zu mehr Ruhe:
Keiner will die Musikhochschule Mannheim schließen.
Die von Ministerin Bauer vorgestellten Eckpunkte seien lediglich ein erster Rahmenvorschlag, der im weiteren Dialogverfahren ausdifferenziert und konkretisiert werden müsse. Raufelder setze sich als „lokaler Abgeordneter selbstverständlich für eine bestmögliche Lösung für Mannheim ein“, erklärt der grüne Landtagsabgeordnete anlässlich der Auseinandersetzungen über die Zukunft der Einrichtung.
Dem Mannheimer Abgeordneten gehe es im weiteren Verfahren darum, alternative und konstruktive Vorschläge einzubringen und die Mannheimer Musikhochschule weiterzuentwickeln:
Im Konzept sind bislang die Themen Interkultur und Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern im Bereich Pop/Jazz nicht berücksichtigt. Hier sehe ich für Mannheim wichtige Anknüpfungspunkte.
Man könne beispielsweise in Mannheim eine spezielle Ausbildung für Musiklehrerinnen und Musiklehrer mit dem Schwerpunkt Pop/Jazz anbieten, um so einen Teil der Studienplätze im Bereich der Musikpädagogik in
Mannheim zu erhalten.
Kritik kommt auch aus der eigenen Partei
Die Kreisverbände und Abgeordneten der Mannheimer SPD und Bündnis ’90/Die Grünen begrüßten zwar in einer gemeinsamen Mitteilung die Bereitschaft der Ministerin Theresia Bauer zu einem offenen Dialog über die Einsparvorschläge bezüglich der Musikhochschulen in Baden-Württemberg.
SPD und Grüne betonten aber auch, dass sie sich deutlich für den Erhalt des Klassik-Zweiges und die Vielfalt der Musikausbildung in der Musikstadt Mannheim einsetzen. Die bisherigen Einsparvorschläge würden Mannheim massiv und am stärksten treffen.
Die beiden Kreisverbände und die Abgeordneten finden dies inakzeptabel und erwarten, dass es in dem nun beginnenden offenen Dialog mit allen Standorten in Baden-Württemberg zu einer fairen und zukunftsorientierten Lösung auch für Mannheim kommt.
Die Mannheimer SPD und Grüne werde sich dabei weiterhin für eine akzeptable Lösung für alle engagieren.
Faire und zukunftsorientierte Lösung muss her
Bereits am 22. August trafen sich Bürgermeister Michael Grötsch und Professor Rudolf Meister, Präsident der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden im baden-württembergischen Landtag Peter Hauk, sowie dem kulturpolitischen Sprecher der Fraktion Georg Wacker. Diese besuchten Mannheim, um sich bei den Betroffenen zu informieren, wie die Einsparpläne bei der Musikhochschule in Mannheim aufgenommen wurden.
Mit dem Wegfall der Studiengänge im Bereich der klassischen Musikausbildung geht uns ein großes Stück Tradition und Identität verloren. Mannheim ist seit der Mannheimer Schule des 18. Jahrhunderts eng mit klassischer Musik verbunden. Es wäre ein großer Verlust für unser Ansehen, das wir international genießen,
erklärte Prof. Meister zu der geplanten Reform. Die Musikhochschule habe eine große Bedeutung für Mannheim und die Metropolregion. Sie unterhalte erfolgreiche nationale wie auch internationale Kooperationen mit Kulturinstitutionen, Musikschulen und professionellen Orchestern und trage so zu einer vielfältigen und lebendigen Kulturlandschaft bei.
Bürgermeister Michael Grötsch machte bei diesem Treffen deutlich, dass die Musikhochschule an den Plänen des Ministeriums beteiligt werden muss:
Die Musikhochschule Mannheim muss die Chance erhalten, selbst konkrete Vorschläge und Konzepte aufzeigen zu können. Eine Entscheidung kann nur auf Grundlage einer standortbezogenen Konzeption erfolgen. Dazu müssen die Pläne der Musikhochschule zugänglich gemacht werden.
Weiter sieht Grötsch die Landesregierung in der Verantwortung, kultur- und gesellschaftspolitisch den Prüfbericht des Landesrechnungshofes und die damit verbundenen Folgerungen des Wissenschaftsministeriums zu bewerten. Auch der CDU-Vorsitzende im baden-württembergischen Landtag Peter Hauk versprach, sich im weiteren Prozess für den Standort Mannheim einzusetzen.
Petition: „Rettet die Musikhochschulen“
Die Mannheimer Musikhochschule startete indes die Aktion: „Rettet die Musikhochschulen“. Per Petition können Bürgerinnen und Bürger sich für den Erhalt der Musikhochschule in Mannheim aussprechen. Innovation entstehe durch kreative Reibung und durch Unterschiedlichkeit, deshalb müsse ein Mindestmaß an Vielfalt erhalten bleiben, heißt es darin.
Chancengerechtigkeit ist auch unter den Musikhochschulen des Landes unverzichtbar, dafür hat der Rechnungshof ein überzeugendes und faires Finanzierungsmodell vorgeschlagen. Die Verteilung der Musikhochschulen in der ganzen Fläche des Musiklandes ermöglicht Kooperationen vor Ort, gerade auch in der Studienvorbereitung und beim Laienmusizieren. Die Lebendigkeit unserer großartigen Tradition, der „Mannheimer Schule“, wird befruchtet und ergänzt durch die neue Spitzenstellung Mannheims in der Popmusik.
Die Hochschule müsse für die Überwindung überholter Grenzen stehen und keine neue Art der Begrenztheit schaffen.