Mannheim/Stuttgart, 30. Juli 2015. (red/ms) Der Landesrechnungshof attestiert der Popakadenie in seiner Denkschrift für 2015 eindeutig gute Arbeit und ein „deutschlandweit einzigartiges Profil“ – allerdings wird die Wirtschaftlichkeit der Einrichung bemängelt. Es wird angeraten, die Popakademie von einer GmbH in eine öffentlich-rechtliche Hochschule umzuwandeln und die Tätigkeiten außerhalb der Lehre auf das „notwendige Mindestmaß“ zu reduzieren. Das lehnen die Landesregierung und die Stadt Mannheim jedoch ab.

Archivbild. Wird es in naher Zukunft zu grundlegenden Veränderungen an der Mannheimer Popakademie kommen?
Von Minh Schredle
An der Mannheimer Popakademie werden jedes Jahr insgesamt 60 Plätze für die beiden Bachelorstudiengänge „Musikbusiness“ und „Popmusikdesign“ und 40 Plätze für die Masterstudiengänge „Music and Creative Industries“ und „Popular Music“ angeboten. Im Studienjahr 2013/2014 waren insgesamt 323 Studierende an der Popakademie eingeschrieben. Damit gehört sie zu den kleinsten Einrichtungen der baden-württembergischen Hochschullandschaft.
In seiner Denkschrift für 2015 hat der Rechnungshof Baden-Württemberg die Popakademie beurteilt. Er bescheinigt eine hervorragende Arbeit bei der Ausbildung, Absolventen hätten zudem gute Chancen, direkt nach ihrem Studium einen Anschluss an den Arbeitsmarkt zu finden. Besonders erfreulich ist aus Sicht des Rechnungshofs:
Im Unterschied zu den Musikhochschulen kommt auch in den künstlerischen Studiengängen die wirtschaftliche Seite des Musikgewerbes an der Popakademie nicht zu kurz.
Das „deutschlandweit einzigartige Profil“ solle unbedingt erhalten bleiben. Fusionen mit anderen Einrichtung – etwa der Musikschule Mannheim – seien aus Sicht des Landesrechnungshofs daher nicht sinnvoll. Dadurch könne ein Anpassungsprozess induziert werden, bei dem „Strategie, Erfolg und Wirtschaftlichkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der Strecke blieben“.
Der Haushalt der Popakademie umfasst 4,4 Millionen Euro. Nur ein geringer Teil davon sind eigenständig erwirtschaftete Einnahmen: Etwa 70 Prozent des Finanzbedarfs werden durch das Bundesland Baden-Württemberg gefördert. Die Stadt Mannheim beteiligt sich mit zwölf Prozent und der mietfreien Überlassung von Räumlichkeiten.
SWR erfüllt Leistungen unzureichend
Die Popakademie ist keine öffentlich-rechtliche Hochschule. Sondern eine GmbH, an der das Land Baden-Württemberg, die Stadt Mannheim, der Südwestrundfunk, die Landesanstalt für Kommunikation und zwei private Unternehmen als Gründungsgesellschafter beteiligt waren. Die beiden privaten Investoren sind inzwischen ausgestiegen.
Der Landesrechnungshof kritisiert diese Rechtsform und spricht sich für eine Umwandlung in eine „echte Hochschule“ aus. Als GmbH habe man ursprünglich eine „nachhaltige Zusammenarbeit im Sinne einer Public-Private-Partnership“ etablieren wollen. Dies sei nicht gelungen:
Die beiden privaten Gesellschafter sind in den letzten Jahren aus der GmbH ausgeschieden, neue private Gesellschafter konnten nicht gewonnen werden. Der öffentlich-rechtliche Partner Südwestrundfunk erfüllt seit Jahren seine Leistungsverpflichtungen unzureichend, die versprochenen Gesellschafterbeiträge wurden trotz Anforderung nicht vollständig erbracht.
Der Aufsichtsrat der GmbH sei im Wesentlichen auf die rechtliche und ökonomische Steuerung der Akademie fokussiert. Es fehle ein „maßgeblich eingebundenes Kollegialorgan“, das im künstlerischen und wissenschaftlichen Bereich die Richtlinien der Akademie bestimmt und die beiden Geschäftsführer wirksam kontrolliert. Daher solle man die Popakademie in eine öffentlich-rechtliche Hochschule umwandeln.
Das lehnen die Stadt Mannheim und das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg ab. Die Rechtsform als GmbH trage nach Ansicht der Stadt Mannheim ganz erheblich zu den Erfolgen der Popakademie bei, sagt Pressesprecherin Carolin Bison: Die flexiblen Strukturen würden die Möglichkeit bieten, zeitnah auf Veränderungen in der Musikbranche zu reagieren, und würden einen kostengünstigen Betrieb sichern. Das wird vom Wirtschaftsministerium ähnlich beurteilt: Es bezeichnet die Popakademie in ihrer jetzigen Form als „echtes Erfolgsmodell“ und sieht keinen akuten Änderungsbedarf.
„Die Defizite ließen sich vermeiden“
In der Denkschrift des Rechungshofs heißt es:
Mit weniger als 35.000 Euro Ausgaben kostet ein Absolvent eines Bachelorstudiengangs die öffentliche Hand weniger als die Hälfte eines an einer Staatlichen Musikhochschule ausgebildeten Musikers.
Trotzdem wird in dem Bericht des Rechnungshofs die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung bemängelt. Wie passt das zusammen? Schließlich scheinen die Lernerfolge in einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis zu stehen? Allerdings richtet sich die Kritik des Rechnungshof auch kaum gegen die Lehre an der Popakademie – sondern vor allem gegen die „Nebentätigkeiten“.
„Fragwürdige Ausgaben“
Es werde laut Landesrechnungshof zu viel im Unternehmensbereich „Kompetenzzentrum für die Musikwirtschaft“ gearbeitet. Dies würde nicht zur strategischen Ausrichtung passen und ein jährliches Defizit von mehr als 500.000 Euro verursachen. Wo bleibt dieses Geld?
Dabei sei „keine durchgehende Strategie bei der Auswahl jener Programme und Projekte erkennen, in denen sich die Popakademie zum Teil mit erheblichem Aufwand engagiert“. Ein Beispiel:
Strategisch fragwürdig und nur „historisch“ zu rechtfertigen ist das Programm RegioNet, mit dem die Popakademie popkulturelle Zentren für das Land fördert. Hier nimmt die Akademie eine Aufgabe der regionalen Kulturförderung wahr, die mit der Aufgabe als Hochschule keinerlei Zusammenhang aufweist.
Ein anderes Projekt, das explizit angeprangert wird:
Im Bereich der Weiterbildung und beim Projekt Bandpool erbringt die Popakademie hochwertige Lehrleistungen an Außenstehende, ohne dafür kostendeckende Gebühren zu erheben. Beim Projekt Bandpool geht es um ein Coaching von Bands sowohl im künstlerischen als auch im wirtschaftlichen Bereich mit beachtlichen Erfolgen. Soweit sich solche Gebühren aufgrund der aktuellen finanziellen Leistungsfähigkeit der Teilnehmer nicht realisieren lassen, könnten erfolgsabhängige nachlaufende Gebühren erhoben werden.
Dadurch könne die Popakademie finanziell an den Erfolgen der von ihr gecoachten Musikgruppen und Künstler partizipieren. In der aktuellen Form sei es dagegen ein Verlustgeschäft.
Reduzierung aufs Mindestmaß?
Defizite wie diese hätten maßgeblich dazu beigetragen, dass der Haushalt der Popakademie in den vergangenen Jahren nicht ausgeglichen werden konnte und entweder auf Rücklagen oder auf eine Zusatzzahlung des Landes als Hauptgesellschafter zurückgegriffen werden musste. Die Aufgaben jenseits der Bachelor- und Master-Ausbildung sollten nach Ansicht des Rechnungshofes auf „das notwendige Mindestmaß reduziert werden“.
Für die Stadt Mannheim kommt das nicht in Frage. Frau Bison sagt:
Die Popakademie verfügt über eine enorme fachliche Expertise, die auch über den reinen Studienbetrieb hinausgehende Aktivitäten umfasst. Die Stadt Mannheim begrüßt daher das Wirken der Popakademie als Kompetenzzentrum für die Musikwirtschaft. Hierdurch wird das „Mannheimer Modell“, bestehend aus der Popakademie Baden-Württemberg (Ausbildung), dem Musikpark Mannheim (Existenzgründungszentrum), dem Clustermanagement Musikwirtschaft (Beratung und Vernetzung) und der Beauftragten für Musik- und Popkultur (Jugend-, Nachwuchs- und Interkulturförderung), hervorragend ergänzt.
Darauf solle man nicht verzichten. Diese Ansicht vertritt auch das Wirtschaftsministerium: Die Aufgabe der Popakademie, als Kompetenzzentrum ins Land hineinzuwirken, stehe für das Ministerium gleichwertig neben dem Studienbetrieb, heißt es in einer Stellungnahme. Die Popakademie sei nicht nur als hochschulähnliche Einrichtung geschaffen worden, sondern habe bewusst auch Aufgaben als Kompetenzzentrum und damit auch als Beratungs- und Vermittlungsstelle in Baden-Württemberg. Sie agiere dabei auch als Ratgeber und Vermittler für Landkreise und Städte in der Umgebung.
Stadt will Vorschläge prüfen
Dass es an der Popakademie in absehbarer Zeit zu grundlegenden Veränderungen kommt, erscheint nach den Stellungnahmen der Stadt und des Bundeslandes unwahrscheinlich. Dennoch nennt der Landesrechnungshof in seiner Denkschrift, einige Punkte, die zumindest diskutabel sind.
Die Stadt Mannheim betont, dass selbstverständlich auch im Bereich der Weiterbildung und der Tätigkeit als Kompetenzzentrum für die Musikwirtschaft wirtschaftliche Belange Berücksichtigung finden müssten. Man werde daher die Verbesserungsvorschläge des Landesrechnungshofs eingehend prüfen.