Rhein-Neckar, 22. August 2018. (red/pro) Im August sind nicht wie sonst viele eigene redaktionelle Inhalte bei uns veröffentlicht worden. Das hat Gründe. Redaktionsleiter Hardy Prothmann informiert Sie darüber in einem Beitrag zur eigenen Lage und besonderen Herausforderungen. Wie immer ehrlich und transparent.
Kommentar: Hardy Prothmann
Die vergangenen Monate waren extrem hart. Härter als all die Jahre zuvor – obwohl die es oft in sich hatten.
Unser fiktionaler “Bericht” über einen angeblichen Terroranschlag in Mannheim hat zunächst für viel Aufregung gesorgt – mittlerweile beruhigen sich die Gemüter, weil mehr und mehr verstanden wird, was “Sinn und Zweck” dieser Aktion war.
Schnelle emotionale Reaktionen auf mutmaßliche Informationen haben mit verständigem Umgang nichts zu tun. Ja, möglicherweise haben wir Menschen “vorgeführt” – aber das liegt nicht in unserer Verantwortung, sondern in der dieser Menschen. Es gibt so etwas wie eigene Verantwortung, wenn man die Menschen nicht für grundsätzlich blöd hält.
Die Staatsanwaltschaft Mannheim sieht das anders und sieht in mir einen “Täter, der das öffentliche Wohl gefährdet”. Das ist derart absurd, dass ich mich selbstverständlich juristisch gegen diese üble Nachrede wehre und je nach Ausgang auch Staatsanwälte persönlich verklagen werde.
Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand, heißt es. Der Spruch interessiert mich nicht. Ich setze auf den Rechtsstaat und vernünftige Richter, die meist mehr können, als gewisse Staatsanwälte, insbesondere solche, die “noch Rechnungen offen haben”. Zumindest ist das mein Eindruck.
Wie alle interessierten Leser/innen mitbekommen haben, habe ich einen nicht-journalistischen Beraterauftrag angenommen und dies zu keiner Zeit verheimlicht. Warum? Weil ich den Auftraggeber sehr schätze und weil es trotzdem um Journalismus geht.
Ich bin Gründungsmitglied von Netzwerk Recherche. Damals bis heute gilt hier die Parole: Journalisten machen keine PR. Der Anspruch mag hehr sein, die Realität ist damals wie heute eine andere und ich habe das immer kritisch angemerkt, was nicht willkommen war. Es gibt viele Journalisten, die nur durch PR überleben können und es gibt solche, die sich gerne was “dazu verdienen”, wie aktuelle Berichte über eine gut situierte Moderatorin nahe legen.
Ich habe so gut wie nie PR gemacht und tue das auch heute nicht, ich berate in Sachen Krisenkommunikation und tatsächlich mit dem Anspruch, die Qualität von Journalismus zu verbessern. Ich bin seit vielen Jahren kein Mitglied von Netzwerk Recherche mehr, weil mir dort Vieles nicht gefällt.
Das Familienunternehmen miramar feiert im Oktober eine 45 Jahre lange wirtschaftlich erfolgreiche Tätigkeit. Das ist eine enorme Leistung des Familienbetriebs. Seit Anfang dieses Jahres ist dieses Unternehmen einer enormen Kritik ausgesetzt, die teils Hetzjagdcharakter annahm. Verantwortlich dafür sind regionale Medien, insbesondere die Weinheimer Nachrichten.
Es gab zu keiner Zeit eine solide und valide Information, dass der Betrieb vorsätzlich Schäden für seine Gäste in Kauf genommen haben könnte. Es wurde aber häufig der gegenteilige Eindruck erzeugt. Und das ist widerlich. Das hat mit Journalismus nichts zu tun.
Es gab derart viele journalistische Fehlleistungen, dass ich den “Hilferuf” des Geschäftsführers Marcus Steinhart quasi zwingend annehmen musste. Kritische Berichterstattung geht in Ordnung, aber falsche und übergriffige Berichterstattung schadet nicht nur einem Unternehmen, sondern der Glaubwürdigkeit von Journalismus im Allgemeinen. Und letztlich der Gesellschaft.
In der vergangenen Woche habe ich erreicht, dass hr und SWR sowie die ARD in deren Mediathek einen Filmbeitrag gelöscht haben. Darauf bin ich nicht stolz, sondern das tut weh. Es tut weh, weil dieser Film nicht nur erhebliche journalistische Mängel aufwies, sondern dazu noch mutmaßliche Straftaten. (Bin mal gespannt, ob die Medienportale, die immer RNB lesen, sich dafür interessieren oder lieber schweigen.)
Der hr hat sehr schnell sehr verständig reagiert und gelöscht. Dafür gibt es kein Lob, sondern nur die Feststellung, dass man offensichtlich erkannt hat, dass dieser Film Grenzen überschritten hat, die mit Qualitätsjournalismus nichts mehr zu tun haben.
Leider hat der Sender und damit die ARD nicht verstanden, dass es damit nicht genug ist. Es war gefordert, dass man dringend und schnell weitere Maßnahmen einleiten wird. Das wurde offenbar nicht ernst genommen oder man hat zu viel Angst davor, Fehler einzugestehen, die absolut erheblich waren.
Ich habe im Auftrag eine Unterlassungserklärung gefordert und dies außergerichtlich. Die Sender hr und SWR und die ARD haben noch bis Ende der Woche Gelegenheit, diese außergerichtlich abzugeben, danach wird es juristisch. Und das gegen sehr viele Beteiligte bis hin zu den Intendanten.
Ich habe weiter eine Stellungnahme gefordert – doch zu absoluten Fehlleistungen tut man sich bei der ARD wohl nach wie vor sehr schwer, wie ein aktueller Fall zu einem nicht berichteten Mord mehr als deutlich macht.
Der Journalismus in Deutschland ist in großen Teilen in einer erheblichen Krise – was ich schon oft berichtet habe – weil es an eindeutigen Maßstäben und Haltungen fehlt.
Journalismus hat zu informieren – auch über zweifelhafte Informationen. Wenn Journalismus zu Aktivismus wird, ist er nichts mehr wert. Wenn Journalismus nur noch TTT bedient – Tiere, Titten, Tote – kommt er seiner Aufgabe auf verständige Information zu gesellschaftlich relevanten Themen nicht mehr nach.
Aktuell waren die Medienangebote wieder voll mit “Horrormeldungen”. Motto: Es wird immer schlimmer im miramar. Tatsache ist, dass es statistisch gesehen, 18 mutmaßliche Sexualdelikte in 2017 gab und bis heute 9 in 2018. Das sind – statistisch – 25 Prozent weniger. Und bei den mutmaßlichen Opfern in Bezug auf Kinder waren es 2017 insgesamt 6 und bis heute im aktuellen Jahr 2, also 66 Prozent weniger. Die mediale Erregung spiegelt diese Fakten nicht wieder, sondern erzeugt mit boulevardeskem Aufregerjournalismus einen gegenteiligen, faktenwidrigen Eindruck. Also Fakenews.
Es geht dem Unternehmen und mir nicht um Statistik. Jeder mutmaßliche Fall ist einer zu viel. Punkt. Aber jeder Fall ist bis zur Klärung eben “mutmaßlich”. Rechtsstaatlich verurteilt sind Tatverdächtige nicht durch Verdacht und auch nicht durch Anklage, sondern durch Urteil.
Das RNB berichtet aktuell nicht, was es berichten könnte, denn ich trenne meine Beratertätigkeit strikt von unabhängiger redaktioneller Leistung. Sie können mir das glauben oder nicht: Ich arbeite als Berater trotzdem vollständig unabhängig. Meine Zielvorgabe, die ich vereinbart habe, ist lückenlose Aufklärung. Dafür habe ich Vereinbarungen getroffen, die mir alle Möglichkeiten offen lassen.
Dafür erhalte ich ein sehr anständiges Honorar und ich stoße an keine sonst üblichen Grenzen. Ich kann lückenlos recherchieren. Eigentlich bin ich damit im Paradies. Geld für Recherche. Dieser Umstand interessiert bislang kein Medium. Warum nicht? Vielleicht kann sich niemand vorstellen, solche Forderungen zu stellen?
Am 19. Juli hat das miramar eine Pressekonferenz gegeben, die – sorry für das Eigenlob – die offenste war, die ich in 27 Jahren Berufsleben je selbst erlebt habe und von mir organisiert wurde.
Die Berichterstattung war danach überwiegend angemessen, bis auf die RNZ, wo man unmissverständlich einen erheblichen und nicht begründeten und sowieso unsinnigen und ansatzlosen Angriff auf meine Person geführt hat. Dieser Mist war derart erheblich, dass man die RNZ eigentlich ausschließen müsste. Ich habe zum Gegenteil geraten: Die RNZ muss in die Verantwortung gezogen werden. Die Zeitung hat die Chance, diesen Faux-pas wieder gut zu machen. Allerdings stehen die Zeiten nicht gut, weil ein zwischenzeitlicher Kontakt eher kein gutes Signal darstellt. Obwohl ich einem Redakteur in erheblichem Umfang Hintergründe geschildert habe, erfolgte kein Bericht. Das ist “Lückenpresse”.
Für mich gilt, dass ich während meiner Beratung, die mindestens bis Jahresende vereinbart ist, selbst nicht aktuell journalistisch zum miramar berichten kann. Das ist ein Manko, aber eines, dass sich nicht verhandeln lässt. Dass Sie diesen Beitrag lesen, dient der Einordnung und Ihrem hintergründigen Verständnis.
Ich selbst stelle fest, dass mein nicht-journalistischer Auftraggeber eine nicht-selbstverständliche Offenheit an den Tag legt. Das ist aus meiner Sicht herausragend und sehr bemerkenswert, weil ich das üblicherweise so nicht kenne.
Der Job soll Aufklärung ermöglichen und ist explizit so definiert, dass Fehler als solche erkannt und auch öffentlich kommuniziert werden. Und ich bin fündig geworden. Eine erste Darstellung gab es am 19. Juli, eine weitere wird es Anfang Oktober geben.
Ich bin sehr gespannt, wie die “Kollegen” mit dieser Arbeit umgehen werden. Als Berater des miramar fordere ich explizit zu einer kritischen Berichterstattung auf. Das geht in Ordnung.
Was nicht in Ordnung geht, ist Sensationsheischung und Skandalisierung.
Aufmerksame Leser/innen haben das bemerkt. Gewisse Medien sind sehr viel vorsichtiger geworden, die ARD hat wie oben genannt gar Filmbeiträge ohne jeglichen juristischen Druck gelöscht.
Das miramar hat aus meiner Sicht einige kommunikative Fehler gemacht, die es machen musste, weil man darauf nicht vorbereitet war. Es gibt auch bei der Sicherheit einiges zu verbessern, was bereits umgesetzt wurde und noch umgesetzt wird – auch das außerhalb der Verantwortung des eigentlichen Betriebs, man reagiert hier auf auf bislang ungekannte gesellschaftliche Herausforderungen. Für eine Skandalisierung, wie geschehen, ist das nicht geeignet.
Auch das ist übrigens – trotz Beratertätigkeit – ein absolut wichtiger journalistischer Anspruch: Man muss bei der “Wahrheit” bleiben oder so gut wie eben möglich nah dran. Das war leider oft nicht der Fall.
Und auch das ist für Sie eine wesentliche Information: Ich berate derart, dass alle journalistischen Anfragen, die sich erkennbar Mühe geben, die Komplexität des Themas zu ergründen, absolut unterstützt werden. Da darf es keine Abstriche geben. Ich mache auch keine PR – wie schön und toll doch alles im miramar ist -, sondern ich suche Probleme, benenne diese und schlage Lösungen vor.
Die Zusammenarbeit ist durch ein herausragendes Vertrauen geprägt. Von einem Geschäftsführer Marcus Steinhart, der persönlich massiv öffentlich in der Kritik stand, könnte sich manch einer eine Scheibe abschneiden. Was passiert ist, ist ihm eben nicht egal, er hat umfangreich reagiert und agiert jetzt über mich, der ich ihn berate.
Eine zentrale Botschaft ist – die wurde am 19. Juli unmissverständlich kommuniziert -, dass kritische Berichterstattung akzeptiert wird, wenn diese fair ist. Wenn diese aber unsachlich wird und Kampagnencharakter einnimmt, wird man sich wehren. Zu Recht.
Mein Eindruck ist, im Gespräch mit vielen Gästen im Bad, dass die Medienberichterstattung sehr kritisch und überzogen angesehen wird. Nur wer berichtet darüber? Welches Medium ist zur Selbstkritik bereit? Bislang kein einziges. Man löscht (siehe oben ARD), aber man äußert sich nicht öffentlich.
Dazu werde ich die ARD und andere zwingen müssen, wenn das nicht freiwillig passiert. Ein ARD-Sender hat übrigens aktuell ein exklusives Angebot erhalten.
Ich gehe fast davon aus, dass dieses nicht angenommen wird, denn das bedeutet viel Arbeit für eine hintergründige Berichterstattung im Gegensatz zu schnellen Schnitten und Oh-und-Ah-Sensationsjournalismus. Vielleicht irre ich mich. Das würde ich gerne zugeben.
Bei den regionalen Medien ist eine Selbstreflexion Mangelware. Ich erwarte nicht, dass man sich dort selbstkritisch äußern wird. Ich lasse mich aber überraschen. Tipp: Das erste Medium, dass dazu bereit ist, wird Punkte machen.
Ansonsten dient der August auch dazu, Kraft zu schöpfen – auch ein Redaktionsleiter braucht mal Urlaub (England, sehr schön). Und viele Dinge, die liegengeblieben sind, werden nun weggeschafft. Zudem arbeiten wir an einer Veränderung des RNB – wir werden unsere Hintergrundberichterstattung deutlich intensivieren.