Rhein-Neckar, 14. September 2015. (red/hmb) Wie man mit der großen Anzahl an eintreffenden Flüchtlingen umgehen soll, ist momentan für alle Beteiligten ein schwieriges Thema. Doch besonders im Internet scheint es bei der Diskussion darüber keine Hemmschwelle mehr zu geben. Mit sogenannten Hate Speeches werden Flüchtlinge auf sozialen Netzwerken öffentlich beleidigt und erniedrigt. Auf Worte folgen allzu häufig Taten. Wie soll man damit umgehen? Gibt es überhaupt eine Möglichkeit Internet-Kommentare zu kontrollieren?
Von Hannah-Marie Beck
Anja Reschke erhielt auf ihren Tagesthemen-Kommentar zum „Diskutieren aber ohne Hetze“ eine gewaltige Resonanz. Die Kommentare waren aber nicht nur positiv. Viele konnten Frau Reschkes Meinung auch nicht verstehen und reagierten mit Hasstiraden. Dabei forderte sie von ihren Zuschauern nur:
Dagegen halten, Mund aufmachen. Haltung zeigen, öffentlich an den Pranger stellen: Einige sehr verdienstvolle Blogs tun das schon.
Wir tun das auch. Mal ganz abgesehen von der Verbreiterhaftung stehen wir für Toleranz und Respekt – die Debatte darf hart werden, aber nicht hasserfüllt.
Reaktionen auf die Hassreden
Alle Kommentare auf Rheinneckarblog.de werden vor der Veröffentlichung überprüft. Wenn unbegründete Anfeindungen, Hate Speeches, kommentiert werden, können und wollen wir sie nicht veröffentlichen. Hass ist nie eine Meinung. Wir wollen Diskussionen anregen und durch Beiträge anderer Menschen auch andere Sichtweisen dokumentieren. Möglich ist das allerdings nur, wenn Sie eine begründete Meinung mitteilen, die andere Menschen nicht diskreditiert.
Jeden einzelnen Kommentar vor der Veröffentlichung zu überprüfen ist allerdings auch ein gewaltiger Aufwand. Die Süddeutsche Zeitung hat bereits im September 2014 die Kommentarfunktion ihres digitalen Angebotes deaktiviert. Der Ansturm an beleidigenden Kommentaren war einfach zu groß. Der Kontakt mit den Lesern wurde auf die sozialen Netzwerke verlagert.
Ist das wirklich eine Lösung? Hat die Süddeutsche Zeitung damit das Problem nicht nur auf andere, schlechter zensierte Plattformen verlegt?
Das Internet ist für uns alle Neuland,
gilt nicht nur für Kanzlerin Dr. Angela Merkel. Das sieht man gerade an unserer Unsicherheit, wie wir mit den Gefahren des Internets umgehen sollen. Es gibt keine klare Gesetzgebung und wenn doch, dann ist sie den wenigsten bekannt.
Leitfaden für den Umgang mit Hate Speech
Die Politikwissenschaftlerin Julia Schramm hat in Zusammenarbeit mit der Amadeu Antonio Stiftung eine Informationsbroschüre zum Umgang mit Hate Speech verfasst. Diese soll Unklarheiten beseitigen und als Leitfaden dienen. Die Broschüre zeigt zum Beispiel die unterschiedlichen Arten von Hate Speech auf: Hate Speech kann auch zu konkreten Taten auffordern. Indirekter Hate Speech, der Gewalt befürwortet, auf den ersten Blick aber gar nicht als solche zu erkennen ist. Und uninformierte Aussagen, die auf mangelndes Wissen zurück zu führen sind.
Auch wenn eine Diskussion mit überzeugten Ideologen kaum möglich ist, sollte man dennoch seine eigene Meinung äußern. So besteht die Möglichkeit, andere darauf hin zu weisen, dass die Hassredner falsch liegen.
Die Broschüre beinhaltet Handlungsempfehlungen und Gegenstrategien. Ignorieren, diskutieren und ironisieren sind alles Möglichkeiten des Umgangs mit Vor- und Nachteilen, welche übersichtlich aufgezeigt werden.
Neben den Interviews mit Experten und Expertinnen sind die Aussagen der Betroffenen von Hate Speech besonders beunruhigend. Sie zeigen deutlich, dass Hate Speech im Internet ein ernsthaftes Problem für die Opfer werden kann: Wenn einen Hassreden treffen, kann das durchaus als ein traumatisches Erlebnis empfunden werden. Man fühlt sich hilflos, denn die Täter/innen bleiben meist anonym, sind nicht auffindbar und treten in großer Zahl auf.
Gerade deshalb ist es wichtig, dass man sich nicht unterkriegen lässt, sondern etwas gegen diese Ohnmacht unternimmt. Vor allem sollten allerdings die sozialen Netzwerke selbst auf die große Anzahl an Hasskommentaren auf ihren Plattformen vorgehen.
Facebook reagiert auf vermehrte Kritik
Gerade Facebook wurde in letzter Zeit immer wieder dafür kritisiert, dass auf der Plattform nichts gegen Hasskommentare unternommen wird. Wie Spiegel Online mitteilte, kündigte das Netzwerk jetzt an, Maßnahmen “zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus” zu ergreifen.
Facebook macht damit einen ersten Schritt, kann aber vielen Erwartungen noch immer nicht gerecht werden. Hasskommentare wird es in den sozialen Netzwerken immer geben, die Frage besteht nur, wie man in Zukunft dagegen vorgeht.