Mannheim/Heidelberg, 12. September 2015. (red/pro) Es gibt Texte, die schreibt man nicht gerne, die müssen aber geschrieben werden. Zumindest, wenn man „wahrhaftigen“ Journalismus betreibt. Von überall auf der Welt kommen Flüchtlinge nach Europa, der überwiegende Teil nach Deutschland. 800.000 Menschen werden dieses Jahr kommen. Vermutlich mehr. Die allermeisten dieser Menschen sind friedlich und wollen nur ein besseres Leben – viele fliehen vor Krieg, Terror und Verfolgung. Ebenfalls viele vor Armut und Perspektivlosigkeit. Wenn nur ein Prozent dieser Menschen nicht friedlich und gesetzestreu ist, also 8.-10.000 darunter sind, vom Ganoven bis zum Verbrecher, muss man auch darüber informieren und sich „der Herausforderung“ stellen.
Vorbemerkung: Wir verzichten in diesem Text auf besondere grafische Elemente. Es gibt keine Zwischenüberschriften, sondern nur zwei Lesetipps. Wir wissen, dass der Text schwere Kost ist und wir gehen davon aus, dass er nicht auf „ungeteilte“ Zustimmung treffen wird. Aber das ist Aufgabe von Journalismus – Meinungsbildung durch Debatte zu befördern. Möglicherweise wird es Leser geben, die meinen, wir fördern Rassismus. Beschwerden können beim Deutschen Presserat eingereicht werden, in dem wir Mitglied sind. Möglicherweise gibt es aber viel mehr Leser, die darüber nachdenken, was wir berichten, sich eine umfassende Meinung bilden und feststellen, dass Deutschland und wir alle vor Ort vor sehr, sehr großen „Herausforderungen“ stehen.
Von Hardy Prothmann
Deutschland befindet sich im Begrüßungstaumel für Flüchtlinge. Manche wirken wie regelrecht besoffen im Helferrausch. Lokal, in Mannheim beispielsweise, kann man das auf der Facebook-Seite von „Mannheim sagt Ja“ nachlesen. Helfen, helfen, helfen. Sehr viele Menschen bieten sich an: „Ich habe noch Kleidung“, „ich habe noch dies und jenes“. Kommentatoren finden das „super“, „wahnsinn“, schreiben „danke, danke, danke“.
Das ist alles toll und es ist ein gutes Gefühl, dass sich so viele Menschen in diesem Land für Flüchtlinge einsetzen, spenden, helfen. Das geht runter wie Öl. Was für ein tolles Gefühl, so durch und durch beseelt gut zu sein.
Nicht gut ist, was bei „Mannheim sagt Ja“ abläuft, denn das ist teils hochgradig politisch indoktrinierte politische Propaganda – gut nachzulesen auf deren Facebook-Seite. Aus der Sicht vieler „Aktiven“ gibt es nur schwarz und weiß. Die Guten, das sind die, die „Jeder Flüchtling ist willkommen“ ohne Nachfrage unterstützen und sich gegenseitig bejubeln. Die Bösen, das sind alle, die das nicht tun. Insbesondere die Polizei und jeder, der sich nicht freiwillig in den Dienst des Guten stellt.
Und insbesondere diese Radikalität wird in Mannheim und anderswo innerhalb kürzester Zeit für massive Probleme sorgen, weil die Entscheidungsfrage gestellt wird: Bist Du absolut für oder absolut gegen Flüchtlinge? Es gibt insbesondere aus Sicht der Hilfsbesoffenen nur ein Entweder-Oder – Motor für dieses Dilemma, das definitiv im Schaden ausgeht, ist also vor allem die „Dafür-Seite“.
Als politischer Journalist arbeite ich seit 2011 für das Rheinneckarblog.de überwiegend zu lokalen Themen. Die Recherchen sind aber oft überregional und sogar international. Am Donnerstag haben wir unsere interne Redaktionskonferenz erstmals auf Englisch gehalten. Der Grund: Möglicherweise hospitiert in naher Zukunft ein syrischer Journalist bei uns, der vor einigen Monaten geflohen ist. Damit er alles versteht, haben elf andere Mitarbeiter, darunter eine, die zur Zeit in Australien weilt, die eineinhalb Stunden dauerernde Konferenz erstmalig englisch gesprochen.
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Lesetipp: Unglaubliche Strapazen, gestorbene Kinder, Todesangst und Ablehnung – Flüchtlinge berichten
“Wenn wir zurück müssen, sind wir verloren”
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Ich spreche mich im Sinne meiner Redaktion klar für die Aufnahme von Flüchtlingen aus – aber nicht pauschal für alle, die kommen oder kommen wollen. Ganz dringend muss auf der „hohen“ Ebene neu geregelt werden, wer politisches Asyl erhält und wer zuwandern darf. Und ganz dringend muss Sorge dafür getroffen werden, dass unsere Gesellschaft nicht überfordert wird. Und das wird sie, weil die Politik nicht ehrlich agiert und die Kommunikation unterirdisch schlecht ist. Und weil sich viele vor lauter politischen Korrektheit nicht trauen, „die Wahrheit zu sagen“.
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Mit der Wahrheit ist das immer so eine Sache. „Wahr“ ist alles, was sich belegen lässt. Fakten, die stimmen, sind wahr. Einordnungen sind immer Meinung, Haltung, Perspektive.
Ich geben Ihnen dazu als Beispiel eine Recherche vor Ort – die sicher nicht „repräsentativ“ ist, aber erlebt und auf Informationen basiert.
Die Polizei hatte am 11. Mai eine Großrazzia durchgeführt – in zahlreichen Flüchtlingsunterkünften. Gegen gut zwei Dutzend Personen wurden Haftbefehle erwirkt und vollstreckt – dafür muss schon Einiges vorliegen. Im Fokus der Ermittlungen sind weit über 100 Personen. Ganz überwiegend Gambianer. Junge Männer, die des Drogenhandels verdächtigt werden. Gambianer haben übrigens eher keine guten Aussichten, Asyl zu erhalten.
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Ermittlungen wegen Drogenhandels
Großrazzia in Asylbewerberunterkünften
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Meine Recherchen über Wochen ergeben, es gibt zahlreiche Hinweise für einen organisierten Drogenhändlerring. Wer genau dahinter steckt, ist unklar. Solche Recherchen sind auch nicht gerade ungefährlich, schließlich geht es um viel Geld und da wird es schon mal brenzlig. Junge Gambianer sind unzweifelhaft in hohem Ausmaß in den Drogenhandel verstrickt.
Die Ermittlungen der Polizei sind beschwerlich – Auskunftsersuchen und die Zusammenarbeit mit der gambianischen Polizei darf man getrost als „schwierig“ bezeichnen. Klar ist – sowohl in Mannheim als auch in Heidelberg hat die Polizei die Szene im Blick und stört sowohl offen mit uniformierten Beamten wie verdeckt mit Zivilbeamten den Drogenhandel.
Das ist fast wie im Fußball. Die einen passen so, die anderen so und dieses Spiel geht irgendwie hin und her. Die Drogenboys wissen, dass sie wenig zu befürchten haben, wenn die Delikthöhe klein ist. Keiner rennt mit einem Kilo Haschisch im Rucksack über die Wiese. Sie sind wohl organisiert. Es gibt Späher, Anwerber, Auslieferer.
Und es gibt euphorisierte Flüchtlings-Sympathisanten, die jegliche Kontrolle von „Schwarzen“ sofort als „rassistisch“ kritisieren. Tatsachen spielen bei Ideologen keine Rolle. Der Drogenhandel auf den Neckarwiesen in Heidelberg und Mannheim ist fest in gambianischer Hand. Diese Menschen habe eine dunkle Hautfarbe. Sie als „Schwarze“ zu bezeichnen, ist falsch, weil sie nicht schwarz, sondern dunkelhäutig sind. Die Feststellung, dass der überwiegende Teil der Drogenhändler asylsuchende Gambianer sind, ist eine Tatsache. Die Polizei kontrolliert übrigens auch Drogenkäufer – nur würde niemand einen Kontrolle von mir als „rassistisch“ bezeichnen.
Ich mache die Probe und fahre am Samstagabend ans Mannheimer Neckarufer, stelle mich in die Gegend und warte. Das Wetter ist schlecht, es sind kaum Passanten unterwegs. Ich sehe eine Gruppe von dunkelhäutigen, jungen Männern zwischen 20 und 30 Jahre alt.
Natürlich habe ich keinen Notizblock dabei und keine Kamera. Ich müsste mal wieder zum Friseur, meine Haare sind heute nicht gewaschen, mein T-Shirt hat Flecken, ich bin unrasiert. Ein Mann Ende 40, der möglicherweise aussieht, als würde er gerne mal was rauchen und der halt gegen 21 Uhr alleine am Neckarufer rumsteht.
Zwei der jungen Männer passieren mich, „checken“ mich mit den Augen ab. Sie gucken sehr genau, laufen vorbei. Ich beobachte, dass einer was ins Handy eingibt und ein anderer, der noch weiter weg ist, auf dem Handy liest. Der kommt dann auf mich zu. Es nieselt.
Hello, I am Joe. Nice to meet you.
Hey Joe. Nice to meet you.
What is your name?
Hardy. Where are you from?
Gambia.
Pretty much better weather.
Joe lacht: Everything ok?
Yes. What about you?
I can offer you something, if you wish.
No need, Joe. I am a police officer. May I help you? Do you have any questions?
No. Nice to meet you.
Nice to meet you, Joe.
„Joe“ dreht ab. Auch die anderen mittlerweile fünf bis sechs Männer, die ganz offensichtlich mit ihm zu tun haben.
Ganz ehrlich? Es war nicht „nice to meet you“. Meine kleine „under-cover-Recherche“ habe ich mit der „Amtsanmaßung“ als vermeintlicher Polizist schnell beendet.
Trotz Razzia, trotz Haftbefehlen, trotz Ermittlungen, trotz Störungen durch Kontrollen der Polizei lassen sich Joe und seine Kumpels nicht davon abbringen, Drogen zu verchecken. Ein kurzer Check und schon ist die Kontaktanbahnung da. Sie ist direkt. Sie ist dreist. Joe und seine Kumpels sind mir persönlich nicht willkommen.
Mal abgesehen davon, dass ich keine Drogendealer in Mannheim und Heidelberg will. Ich will auch sonst nicht belästigt werden. Ich mag vielleicht einfach nur am Neckarufer stehen und gucken.
Wenn Joe was von mir wissen will, wie er da und da hin kommt, helfe ich ihm gerne mit Auskunft. Vielleicht begleite ich ihn sogar.
Wenn Joe was über Deutschland wissen will und sich freundlich annähert und ich Lust und Zeit habe, plausche ich vermutlich gerne mit ihm und helfe ihm weiter.
Wenn Joe mir keine Sonnenbrillen, Schmuck oder sonstigen Kram, sondern Drogen verkaufen will, dann ist Joe für mich nicht „nice to meet you“. Dann bedaure ich, dass ich tatsächlich kein „police officer“ bin und nur Journalist, der nichts anderes machen kann, als aufzuschreiben, was „wahr“ ist.
Die Zahl der Flüchtlinge aus Gambia nach Deutschland lag 2012 bei 465 Personen, 2013 bei 680 Personen und 2014 bei 1.525 Personen. Aktuell wird nach unseren Recherchen gegen mindestens 150 Gambianer ermittelt, die in LEAs untergebracht sind, ganz überwiegend wegen Drogendelikten. „Wahr“ ist also, dass rund zehn Prozent dieser Personen polizeiauffällig geworden sind.
„Wahr“ ist auch, dass ich als Journalist nichts gegen Menschen aus Gambia habe. „Wahr“ ist aber, dass ich als Journalist Fakten prüfe und feststellen muss, dass die mutmaßliche Kriminalitätsrate bei diesen Personen exorbitant hoch ist. „Wahr“ ist ebenfalls, dass es weitere Hinweise auf sexuelle Belästigungen gibt und möglicherweise auf Bandendiebstahl. Das macht die Gambianer nicht kollektiv zu Verbrechern, aber sehr wohl zu einer Gruppe von Asylsuchenden, die außergewöhnlich auffällig ist.
„Wahr“ ist auch, dass die Zahl der „UMF“ steigt. Das sind „Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge“. „Wahr“ ist auch, dass sich viele dieser jungen Männer jünger machen als sie sind. „Wahr“ ist auch, dass nach unseren Recherchen insbesondere Nordafrikaner, also „Araber“, immer häufiger angeben „Syrer“ zu sein, weil „Syrer“ bevorzugt Asyl erhalten – da haben die Gambianer aufgrund der Hautfarbe gelitten.
„Nice to meet you“ ist für mich immer eine grundsätzliche Haltung gegenüber Menschen. Ich bleibe dabei aber immer kritisch. Das Elend vieler Menschen rührt mich wie jeden vernünftigen Menschen an. Aber ich lasse mich vernünftigerweise von keinem Joe auf den Arm nehmen.
Meine Aufgabe als Journalist ist es nicht, Brötchen zu verteilen und Transparente zu schwenken und mich im Freudentaumel zu beglücken, sondern genau hinzuschauen, Informationen zu recherchieren, diese zu überprüfen und gesichert an die Leserschaft weiterzugeben.
Und im Fall von „Joe“ habe ich eine klare Haltung:
Nice to meet you Joe as a human, but not as a drugdealer in a country that is giving you support and protection.
Wenn ich mir vorstellte, dass hilfsbesoffene „Nice-to-meet-you“-Fanatiker tatsächlich bereit sind, das Risiko in Kauf zu nehmen, dass zehn Prozent der „Flüchtlinge“, die oft „Einwanderer“ sind, tatsächlich Ganoven bis Kriminelle sind, wir also nicht von 8.000, sondern von 80.000 Menschen reden, die gegen unsere Gesetze verstoßen, dann wird „Nice-to-meet-you“ zur klassenkämpferischen Systemfrage.
Meine Antwort ist klar: Ich begrüße Flüchtlinge, aber keine Kriminellen.
Was den Hilfsbesoffenen nicht klar ist: Meine Haltung beschützt tatsächliche Flüchtlinge. Die „alle-sind-willkommen-Fraktion“ hingegen schürt Fremdenhass und Gewalt und alle, die das anders sehen, sind, wer hätte es gedacht, Nazis.
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