Mannheim, 10. Juli 2015. (red) Die AfD-Fraktion Ludwigshafen hat es vorgemacht: Nach dem Essener Parteitag treten die Mitglieder aus der Partei aus und machen als parteilose Fraktion weiter. Heute hat Stadtrat Helmut Lambert seinen Austritt aus Partei und Fraktion erklärt – das hat Konsequenzen. Die AfD verliert ihren Fraktionsstatus und wird zur Gruppe. Und Fraktionsgeschäftsführer Stefan Holder verliert seinen Job – und aktuell gibt es Planspiele, wer sich mit wem verbünden könnte.
Von Hardy Prothmann
Am Montag will die verbliebene Dreier-Gruppe auf einer Pressekonferenz Entscheidungen bekannt geben. Soviel steht fest – bei der AfD ist man stinkesauer über den Alleingang von Helmut Lambert: „Der hat für sich Aufmerksamkeit gesucht und für einen Moment gefunden“, heißt es aus den Reihen der ehemaligen Parteifreunde.
Ob die AfD-Gruppe eine bleibt, ist offen. Anscheinend überlegen auch andere, die Partei zu verlassen. Denn soviel ist klar: Ohne Geschäftsstelle ist man extrem geschwächt und die Vorbereitung auf die komplexen Themen der Mannheimer Politik kaum noch möglich. Die höhere Entschädigung für den Fraktionsvorsitzenden und den Stellvertreter entfällt ebenso wie die Fraktionsgeschäftsführung samt Assistenz.
Denkbar wäre, zusammen mit Wolfgang Taubert (MfM) eine Fraktion zu bilden. Doch Herr Taubert (früher CDU) hat uns signalisiert, dass es dazu nur „Gerüchte“ gäbe. Eine Zusammenarbeit mit den beiden anderen Einzelstadträten Christian Hehl (NPD) und Julien Ferrat (parteilos) schließt man aus.
Ein Planspiel sieht den Anschluss von Herrn Lambert zur CDU – das würde den Christdemokraten wieder den Status einer großen Fraktion bringen. Sie wäre dann wie die SPD 13 Sitze stark und bekäme zusätzlich 1,5 Stellen.
Quo vaditis?
Theoretisch könnten auch zwei oder drei der anderen AfD-Stadträte auf die Seite der CDU wechseln, dann wäre die CDU plötzlich wieder stärkste Fraktion. Doch dieses Planspiel gilt als eher unwahrscheinlich – mindestens Dr. Gerhard Schäffner dürfte dafür nicht zur Verfügung stehen. Ob die CDU den bisherigen Fraktionschef Eberhard Will aufnehmen würde, ist sehr fraglich. Denkbar wäre Roland Geörg.
Wahrscheinlicher wäre ein Wechsel zur Mannheimer Liste – die hat darüber aber noch nicht nachgedacht. Gespräche werden auch noch keine geführt. Theoretisch, wenn alle vier Stadträte sich der ML anschließen würden, wäre das sehr spannend. Die Fraktion wäre dann ebenfalls 8 Sitze stark und damit gleich groß wie Bündnis90/Die Grünen, die mit Bürgermeisterin Felicitas Kubala eine Dezernentin stellen. Sollte Herr Lambert nicht zur CDU-Fraktion wechseln, könnte die ML-Fraktion ebenfalls Ansprüche auf einen Dezernentenposten stellen – zu Lasten der CDU. Dieses Planspiel ist aber eigentlich undenkbar, da die ML dezidiert gegen das 5. Dezernat steht und es eigentlich abschaffen will. Und mindestens der Ex-Oberbürgermeisterkandidat Christopher Probst kann mit Eberhard Will gar nicht.
Einen Anschluss an SPD oder Grüne könnte man rechnen, um die rechnerische Möglichkeit aufzuzeigen. Das ist aber definitiv ausgeschlossen. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Zusammenarbeit mit der FDP – doch auf keinen Fall für Herrn Will. Die Rhetorik des FDP-Stadtrats Volker Beisel gegenüber Eberhard Will ist freundlich gesagt bissig.
Bei der CDU jedenfalls wird heftig darüber nachgedacht, mit wem man „könnte“ – und zwar verlässlich. Durch seinen Alleingang dürfte Herr Lambert als „unzuverlässig“ gelten. Dr. Schäffner steht nicht zur Verfügung, Herrn Will möchte man vermutlich eher nicht haben – bleibt Herr Geörg, den man durchaus umwerben könnte.
Bei der ML könnte man sich sicherlich Dr. Schäffner und Herr Lambert vorstellen – beide zusammen jedoch nicht, das würde Dr. Schäffner nicht mitmachen.
Sicher ist: Am Wochenende wird sehr viel telefoniert werden, um mögliche neue Konstellationen auszuloten. Für die ML würde ein Anschluss von ein oder zwei Ex-AfD-Stadträten nur Nachteile bringen, aber keinen entscheidenden Vorteil. Ganz anders bei der CDU – der reicht ein neuer Sitz in der Fraktion, um viel Macht zu gewinnen. Die Partei wird das sehr intensiv prüfen, weil die Aussicht sehr verlockend ist und man zwei Möglichkeiten hat.
Was man dann braucht, ist eine klare Sprachregelung, um sich vom Rechtspopulismus der AfD nach Essen zu distanzieren. Da hat Herr Lambert wiederum mit seiner Distanzierung zur AfD ein Signal gesetzt, das eine Aufnahme ermöglichen würde. Bleibt die Frage: Als wie verlässlich schätzt man ihn ein? Welche Forderungen stellt er?
Sollte sich die CDU vergrößern, könnte man auch Stefan Holder (parteilos) dort unterbringen – allerdings nur als Assistenz, denn Matthias Sandel wird seinen CDU-Fraktionsgeschäftsführerposten nicht räumen. Dann müsste man allerdings eher mit Herrn Geörg einig werden, weil Herr Holder und Herr Lambert sich wohl ausschließen. Wer auch immer aufschließt – mit AfD-Parteibuch dürfte das nicht möglich sein.
Am Montag wird man zumindest wissen, ob die verbliebenen AfD-Stadträte in der Partei bleiben oder nicht. Bleiben Sie, sind Planspiele nur noch mit der Person Lambert realistisch.