Mannheim, 18. Mai 2017. (red/pro) Aktualisiert. Am Freitag wird das Schöffengericht am Amtsgericht Mannheim vermutlich ein Urteil gegen Christian Hehl sprechen, der seit 2014 Einzelstadtrat der NPD im Mannheimer Gemeinderat ist. Ihm wird von der Staatsanwaltschaft Mannheim der Handel mit Betäubungsmitteln sowie der Besitz verbotener Waffen vorgeworfen. Mit einem Freispruch kann Herr Hehl nicht rechnen. Er wird verurteilt werden – die Frage ist, wegen was und in welchem Umfang.
Aktualisierung 19. Mai 2017, 11:16 Uhr: Der Angeklagte Hehl hat sich kurz nach 9 Uhr krank gemeldet. Er sei unterzuckert. Nun prüft ein Amtsarzt in dessen Wohnung, ob er zur Verhandlung vorgeführt werden kann oder nicht verhandlungsfähig ist.
Wir haben aus zeitlichen Gründen noch nicht zum ersten Prozesstag am Freitag vor zwei Wochen berichtet – weil die Sache sehr komplex ist und wir viele andere dringliche Themen zu erledigen hatten.
In Kürze: Der rechtsradikale NPD-Stadtrat Christian Hehl hat eine “bewegte” Vergangenheit. Seit Anfang der 90-iger Jahre wurde er 14 Mal verurteilt. Unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung, Betruges und Landfriedensbruchs. Er saß in Summe drei Jahre und drei Monate im Gefängnis. Seit 2000 lebt er überwiegend von Sozialhilfe. Seit 2014 ist er Stadtrat im Mannheimer Gemeinderat für die NPD.
Körperlich ist der 47-jährige ehemalige Schläger und Körperverletzer ein Wrack. Selbst kurze Treppen geht er am Handlauf. Sein Lebenslauf ist alles, nur nicht vorbildlich. Als Deutscher kann er alles, nur nicht stolz auf sich und sein Leben sein. Denn er hat genau nichts erreicht und liegt der Solidargemeinschaft auf der Tasche – mutmaßlich durch seine verkorkste Lebensführung.
Die Anklage
Angeklagt ist er wegen des gewerblichen Handels mit Betäubungsmitteln und illegalen Waffenbesitzes in den Jahren 2010-2011. Die Beweislage in Sachen Drogen ist dünn – die Belastungszeugen sind selbst vorbestraft, haben “Erinnerungslücken” und sind wenig glaubwürdig, was auch die Verteidigerin Nicole Schneiders hervorgehoben hat. Frau Schneiders verteidigt im “NSU”-Prozess auch den Angeklagten Ralf Wohlleben. Im Gegensatz zu Herrn Hehl hat sie eine Berufsausbildung zur zugelassenen Juristin erfolgreich bestanden. Viele, aber nicht alle Rechtsradikalen und NPD-Anhänger sind Totalversager.
Der Vorsitzende Richter des Schöffengerichts, Volker Schmelcher, hatte am ersten Prozesstag vor zwei Wochen eine sehr starke Leistung geboten und gezeigt, was einen Rechtsstaat ausmacht. Offenheit gegenüber Aussagen und Beweisen, gleichzeitig immer bereit alles “Offensichtliche” in Zweifel zu ziehen und das Streben, klare, gerichtsfeste Fakten zu finden, zu prüfen, zu bestätigen oder zu verwerfen.
Rechtsstaat
Im Zweifel für den Angeklagten wird Christian Hehl zugute kommen – unsere Meinung. Die Anklage für den gewerbsmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln wird nicht haltbar sein, weil dazu solide Beweise fehlen. Vermutungen kann man haben, Hinweise auch, aber das reicht nicht für eine rechtsstaatliche Verurteilung.
Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurden nur “Krümel von Marihuana” gefunden. Aber nichts, was einen gewerbsmäßigen Handel belegt. Die Polizei hat umfangreich Abhörmaßnahmen vorgenommen, bei denen über “Codes” vermutliche Drogendeals verabredet worden sein könnten. Man redete über “Paella” und meinte nicht das spanische Nationalgericht, sondern vermutlich “Pep”, also Amphetamin. Doch es sind nur Vermutungen, die Beweise fehlen.
Die Polizei hat einen hohen Aufwand betrieben, aber keinen, der zu beweiskräftigen Fakten geführt hat. Man kann vermuten, dass Herr Hehl, genannt “Hehli” sich als Hehler betätigt hat. Beweisen kann man ihm das bislang nicht.
Fest steht, dass er drei illegale Waffen besessen hat. Zwei Schlagringe und ein Springmesser. Diesen Besitz hat der Angeklagte auch eingeräumt und dafür wird er mit Sicherheit verurteilt.
Dieses “Geständnis” zeigt keine Reue – die Waffen wurden im Zuge der Wohnungsdurchsuchung gefunden und das zu leugnen, wäre eher die totale Doofheit.
Alle anderen Anklagepunkte bestreitet Herr Hehl und äußert sich nicht weiter. Das ist sein gutes Recht in einem Rechtsstaat, den seine Partei, die NPD, ablehnt.
Welche Strafe?
Wie hoch die Strafe ausfallen wird, ist eine spannende Frage. Dass eine Strafe ausgesprochen wird, ist unausweichlich, wie Richter Schmelcher deutlich machte. Andererseits ist Herr Hehl trotz der Vielzahl seiner Straftaten nicht “einhellig” vorbestraft.
Trotzdem wird seine kriminelle Vergangenheit Einfluss auf das Urteil haben. Die Frage ist, wie das Strafmaß ausfällt.
Sollte er, wie wir bereits als erste exklusiv berichtet hatten, eine Strafe über einem Jahr erhalten, wird er sein Gemeinderatsmandat und 970 Euro pro Monat verlieren. Bleibt die Strafe darunter, bleibt er bis zum Ende der Wahlperiode 2019 Stadtrat der NPD im Mannheimer Gemeinderat.
Wir verfolgen den morgigen Prozesstag und werden dann zusammenfassend am Wochenende oder Anfang der kommenden Woche berichten.
Aber weniger über Herrn Hehl und dessen verkorkstes Leben, sondern über den Prozess und die hervorragende Leistung des Richters Schmelcher.
Termin: 19. Mai 2017. 10 Uhr. Amtsgericht Mannheim