Mannheim, 10. Februar 2018. (red/pro) Die „Causa Rechtsanwalt“ hat zumindest medial in der Region Wellen geschlagen und wurde auch anderswo beachtet (lesen Sie dazu unser Interview mit Prof. Dr. Matthias Jahn). Das Rheinneckarblog hat mit hohem Einsatz zum Thema berichtet, warum, erklärt Redaktionsleiter Hardy Prothmann in seinem Kommentar. Wie gewohnt schonungslos transparent, kritisch und hintergründig – auch in eigener Sache. Sie lesen in diesem Text Details, die es in sich haben.
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Kommentar: Hardy Prothmann
Der berühmt-berüchtigte ehemalige Richter am Bundesgerichtshof, Prof. Dr. Thomas Fischer, hat vor kurzem der Redaktion von Die Zeit nach Strich und Faden die Leviten gelesen – in der Sache Dieter Wedel. Einer seiner Kritikpunkte: Journalisten stände es nicht zu „Urteile zu fällen“ und überhaupt bezweifelt er, ob Journalisten überhaupt verständig über Rechtssachen berichten könnten. Mit beidem hat er Recht. Journalisten sind keine Richter und sie müssen auch keine richterliche Befähigung haben.
Nun ist Herr Fischer ein ehemaliger Richter und betätigt sich als Journalist – ob er dazu die Befähigung hat, darf ebenfalls bezweifelt werden. Denn seine Prominenz verdankt er nicht soliden Recherchen und einer packenden Umsetzung, sondern überwiegend seiner ehemals herausgehobenen Stellung, die er als Kolumnist für Die Zeit weidlich nutzte, um sich bekannt zu machen. Trotzdem ist es gut und richtig, wenn er Kritik am Journalismus übt, den Vieles ist zumindest fragwürdig – vor allem, was Regeln und Methodik angeht. Und eine mangelnde Transparenz sowieso.
Transparenz: Ja, ich kenne den Anwalt…
Ich stehe für eine sehr hohe Transparenz ein, was Handwerk, Methodik, Fakten angeht.
Schon immer und als Verantwortlicher für das Rheinneckarblog sowieso. Ich sehe eine solche Transparenz als ein wesentliches Qualitätskriterium für Journalismus – aber nicht nur hier, sondern bei allen Tätigkeiten mit öffentlichem Bezug, also vor allem bei Behörden. Dabei trenne ich auch strikt zwischen öffentlicher Relevanz und Privatleben. Dazu später mehr.
Bevor ich in die Kritik und Bewertung der „Causa Rechtsanwalt“ einsteige, erfülle ich den eigenen Anspruch. Ja, ich kenne den nunmehr verurteilten Rechtsanwalt. Ja, ich kann ihn gut leiden.
So wie ich viele tausend Menschen beruflich kenne und mal mehr oder weniger gut leiden kann.
Er ist mir sympathisch. Ich mag krasse Typen und er ist ein krasser Typ der Extraklasse. Er hat eine außergewöhnliche Ausstrahlung und sticht durch sein Können hervor. Möglicherweise werden wir sogar mal Freunde. Bislang waren wir genau ein Mal „privat“ miteinander essen – tatsächlich ging es viel um „Geschäftliches“, aber nicht um Geschäfte zwischen uns. Das war vor rund einem Jahr.
Eigene Befangenheit geprüft
Ich habe wegen dieser wenigen Gründe sehr genau für mich geprüft, ob ich selbst geeignet bin, über den Prozess zu berichten oder ob ich nicht etwa befangen bin, weil ich der Person gegenüber freundschaftliche Gefühle hege. Macht mich das ungeeignet, mit kritischem Blick den Prozess zu verfolgen? Bin ich am Ende parteiisch? Beeinflusst? Kann ich meinen eigenen Anspruch erfüllen, kritisch und unabhängig zu berichten? Diese und weitere Fragen habe ich mir gestellt und genau geprüft.
Ich konnte sie alle in dem Sinn beantworten, dass ich keine Befangenheit sehe. Ich stelle mir solche Fragen auch, wenn ich beispielsweise jemanden nicht leiden kann. Aus professionellen Gründen darf mich das nicht wesentlich beeinflussen.
Auch die Vorsitzende Richterin Bettina Krenz hat sich das gefragt und öffentlich gemacht bei der Urteilsbegründung. Das war vorbildlich, weil sie ein mögliches Problem benannt hat – Frau Krenz hat viel mehr Zeit mit dem Rechtsanwalt verbracht als ich bislang. In langen Verhandlungen, im Besprechungszimmer und möglicherweise bei irgendwelchen Empfängen, was ich allerdings nicht weiß. Es spielt auch keine Rolle.
Interview angefragt – mit einem Mal war alles anders
Zum Jahresanfang 2017 hatte ich eine Anfrage an Maximilian E. gestellt – das hatte ich schon lange auf dem Zettel. Ich wollte ihn zur Rolle von Strafverteidigern interviewen. Warum Strafverteidigung wichtig ist? Was sie leisten kann und was nicht? Und zur Frage: Wie kann man „so einen“ verteidigen? Also Mörder, Pädophile, Vergewaltiger – all diese gesellschaftlich zu Recht geächteten Menschen. Warum ihn? Weil er einer der besten Strafverteidiger ist, die ich kenne und die im Berichtsgebiet des RNB wirken.
Das Treffen fand statt. Mitten im Interview teilte er mir mit, dass gegen ihn selbst ermittelt wird. Er schilderte mir sehr offen die wesentlichen Umstände. Das war später auch die Basis für meine weiteren Recherchen.
Mit einem Mal war alles anders. Die ganze Vorarbeit für das Interview: Futsch. Damit war das Thema zunächst gestorben. Erledigt. Unvorstellbar, dass vor diesem Hintergrund ein solches Interview veröffentlicht werden könnte.
Experte als mutmaßlicher Täter
Vor mir saß jemand, der nicht nur Experte für Strafverteidigung ist, sondern jemand, der demnächst Experten brauchen würde, um selbst verteidigt zu werden. Als Experte wusste er, dass es spitz auf Knopf für ihn steht. Wir haben das Interview abgebrochen und uns verständigt, dass wir mal privat Essen gehen.
Das fand einige Wochen später statt. Im öffentlichen Raum. Man konnte uns zusammen sehen. Nichts daran war heimlich. Über die Inhalte erfahren Sie nichts, denn das Treffen war privat. Natürlich bin ich im Hintergrund auch Journalist, aber wenn ich Vertraulichkeit zusichere, dann ist das so. Privat ist privat. Punkt.
Irgendwie war die Situation absurd. Da sitzen zwei Menschen zusammen, die sich leiden mögen. Bleiben aber auf Abstand. Der eine sieht einer möglichen öffentlichen Behandlung seines Falls entgegen, der andere ist einer, der Öffentlichkeit herstellt. Man kennt sich oberflächlich – aber wer kann wem trauen? Ganz schwierig.
Geile Top-Story für Leute ohne Gewissen
Wäre ich ein skrupelloser Boulevardreporter, hätte ich eine Top-Story gehabt. Sogar eine richtig große Top-Story, denn mein Gegenüber hat sich anvertraut und daraus hätte sich nach allen Regeln der widerwärtigen Kunst was „Großes“ machen lassen. Problem: Privat ist privat und davon weiche ich nicht ab.
Ebenfalls absurd. Während ich der einzige Reporter bin, der über den zwischenmenschlichen Zugang sehr umfangreich über die Angelegenheit Bescheid wusste, machte eine Lokalzeitung ein riesiges Fass auf, um zu erzwingen, dass noch während der laufenden Ermittlungen – also noch vor Anklage – der Name durch die Staatsanwaltschaft Mannheim bestätigt wird.
Begründung: Es sei ein Fall von öffentlicher Relevanz, weil der Anwalt „prominent“ sei. Der Ausgang ist bekannt. Die Staatsanwaltschaft Mannheim – mit der ich in Teilen euphemistisch ausgedrückt ein eher frostiges Verhältnis habe – hat dies zu Recht zurückgewiesen, wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg letztlich entschieden hat.
Viele Absurditäten
Ebenfalls absurd: Obwohl die Haltung der Staatsanwaltschaft in diesem Fall richtig war, machte sie den Fall selbst durch eine Pressemitteilung zum öffentlichen Sujet.
Dabei weiß ich tatsächlich nicht, ob das auf Unfähigkeit oder Vorsatz zurückgeht.
Tatsächlich vermute ich Vorsatz – das ist nur eine Meinung -, denn in der Anklage hob die Staatsanwaltschaft die „herausgehobene“ Stellung des Angeklagten hervor und ebenso seine öffentliche Bekanntheit, leitete sogar eine besondere Schwere der Schuld ab, weil es sich bei diesem Rechtsanwalt um ein „Organ der Rechtspflege“ handle. Damit waren die Nicht-Auskünfte zuvor komplett konterkariert. Das ist einer der Gründe, warum ich aus beruflichen Gründen erhebliche Probleme mit Teilen dieser Staatsanwaltschaft habe – sie agiert nicht nachvollziehbar und nicht professionell, sondern nach meinem Eindruck oft willkürlich und teils einfach schlampig.
Bei den weiteren Recherchen in der „Causa Rechtsanwalt“ hat sich der Eindruck verschärft, „dass man den einfach hinhängen wollte“, wie Verteidiger Dr. Jens Graf in öffentlicher Verhandlung meinte.
Fehlerhafte Behördenarbeit
Der angeklagte Rechtsanwalt hat insbesondere die Staatsanwaltschaft, aber auch die Polizei teils so dermaßen gegängelt, dass diese sich „vorgeführt“ vorkommen mussten. Zu Recht, wie wir aus eigener journalistischer Anschauung wissen.
Dazu ein Beispiel: Der Mordfall Gabriele Z. (Strafverteidiger war der nunmehr in eigener Sache verurteilte Anwalt). Als man den mutmaßlichen Mörder gefasst hatte, kam ich irgendwie an die Wohnadresse des Verdächtigen in Grünstadt. Ich bin dahin gefahren, traf Arbeiterkollegen an, unterhielt mich mit ihnen. Letztlich stand ich auf dem Hof und habe eine Mülltonne durchwühlt, weil ich einen Hinweis erhalten hatte. Tatsächlich fand ich darin die Tasche eines 16-jährigen Opfers des Mörders. Das Mädchen hatte den Mann abwehren können – der stahl nur ihre Tasche und entsorgte sie im Müll.
Wie kann es sein, dass ein Reporter diese Tasche im Müll findet und nicht die Kriminalpolizei? Ich lieferte die Tüte mit dem Müll und der Tasche beim Polizeipräsidium Mannheim ab. Danach durchsuchten die Ermittler vor Ort nochmals den Müll. Sowas ist einfach nur schmerzhaft peinlich.
Wenn Kritiker für eigene Mängel abgestraft werden
Staatsanwaltschaft und Polizei können sich nun „angepisst“ fühlen, was in Teilen offensichtlich der Fall ist. Wünschenswert wäre, wenn man eigene Mängel erkennt, analysiert und froh ist, dass jemand diese aufgedeckt hat, wenn man schon selbst offensichtlich nicht in der Lage dazu ist. Denn nur so kann man diese ausmerzen und seine Arbeit verbessern – wenn man an Verbesserung interessiert ist. Kritik ist Auseinandersetzung – das kann man positiv nutzen oder sich einfach nur schmollend in die Ecke zurückziehen. Oder auch die Haltung einnehmen, dass man es dem oder den Kritikern irgendwann heimzahlt.
Und genau dieser Eindruck ist bei der Beschäftigung mit der „Causa Rechtsanwalt“ bei mir entstanden.
Die Ermittlungen gegen den Anwalt liefen nur gegen den Anwalt und nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben auch „entlastend“. Da geht mir das Messer im Sack auf. Ich bin ein überzeugter Verteidiger des Rechtsstaats – solange er einwandfrei funktioniert. Wenn es Mängel gibt, dann gehe ich dagegen an. Unabhängig, wen das trifft. Und unbeeindruckt, ob ich dadurch Nachteile erlangen könnte. Das ist von öffentlichem Interesse und damit relevant.
Wenn dann noch ein großes Zeitungshaus erkennbar einseitig agitiert, ist Schluss mit lustig. Ein Rechtsanwalt kann qua Funktion in der Öffentlichkeit stehen – hier ist aber genau zu unterscheiden, was seine Funktion als Rechtsanwalt ist und was sein Privatleben. Das kann man nicht einfach pauschal gleichsetzen.
Privat oder öffentlich?
Wenn ein Rechtsanwalt privat fehl geht, ist das nicht zwangsläufig von öffentlichem Interesse. Das wurde so befördert, durch die Staatsanwaltschaft, durch die Zeitung. Aber es war falsch und aus falschen Motiven getrieben. Deswegen war die „Causa Rechtsanwalt“ dann auch für das RNB von Bedeutung – nicht wegen der Verfehlungen des Anwalts, sondern wegen der Verfehlungen von Teilen der Staatsanwaltschaft Mannheim und der Zeitung.
Die Vorsitzende Richterin Bettina Krenz hat es sich erkennbar für die Kammer überhaupt nicht einfach gemacht in der Abwägung der verschiedenen Perspektiven dieses Prozesses. Aber sie hat das gut und vorbildlich gemacht, indem sie eine Transparenz darüber hergestellt hat. Indem sie die Abwägung gut und nachvollziehbar erläutert hat.
Auf meine Frage an Oberstaatsanwalt Andreas Grossman, stellvertretender Sprecher der Staatsanwaltschaft Mannheim, nach der Urteilsverkündung, ob die Ermittlungen vielleicht zu einseitig und getrieben waren, sagte er: „Das weisen wir zurück.“ Genau so geht offener Umgang mit begründeter Kritik nicht. Das ist stur, verbissen und letztlich schade, weil man sich so der öffentlichen Auseinandersetzung entzieht und ihr im Zweifel den Stinkefinger zeigt.
Zurück zu Herrn Fischer. Sowohl Strafverteidiger als auch Journalisten müssen Störer sein dürfen und sollen das sein. Als Korrektiv, als Qualitätskontrolle. Sie verteidigen Rechte von Angeklagten oder bieten Informationen zur öffentlichen Meinungsbildung an.
Verfehlungen ohne Folgen
Wenn die Kontrolleure selbst Fehler machen, muss man das kritisieren. Zur Not auch mit äußerster Härte. Dabei muss man immer die Umstände abwägen und sollte transparenten Regeln folgen, um nachvollziehbar zu machen, wie man zu einer rechtlichen Beurteilung kommt oder wieso man eine gewisse Meinung hat.
Äußerst bemerkenswert ist, dass Herr Grossmann immer noch stellvertretender Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Mannheim ist. Der Mann hat der Behörde unlängst eine Unterlassungserklärung gegenüber Jörg Kachelmann eingebracht. Es ist erstaunlich, dass jemand, der angesichts der Prominenz dieses Falls, nach einer derartigen Fehlleistung immer noch Sprecher sein darf. Das wiederum entscheidet der Behördenleiter Alexander Schwarz, den ich persönlich nicht kenne, dem ich aber nach bisherigen schriftlichen Erfahrungen eine grundsätzliche Verachtung von Kritik attestiere.
Unterm Strich bleibt der Eindruck, dass es der Staatsanwaltschaft Mannheim erheblich an der Fähigkeit zur Selbstkritik fehlt.
Das Urteil in der „Causa Rechtsanwalt“ ist eine Watsche für die Staatsanwaltschaft Mannheim. Die Kammer ist dem Strafantrag von 1,3 Jahren nicht nur nicht gefolgt, sondern hat ihn quasi mit einer höchsten Einzelstrafe von zehn Monaten zwar nicht halbiert, aber aufgehoben. Die geforderte Geldstrafe von 15.000 Euro war scheinbar so absurd, dass das Gericht sie noch nicht mal erwähnte.
Keine besondere, schwere Schuld
Die behauptete „besondere Schwere der Schuld“ wegen des Status des Anwalts als „Organ der Rechtspflege“ hat die Kammer klar verneint.
Die besondere „Prominenz“ hat die Kammer herausgestellt – aber gleichzeitig auch die Tatsache, dass man sich von einer möglichen Einflussnahme bewusst frei machen musste und dies auch getan hat.
Die Kammer hat sich also nach meinem Eindruck vorbildlich verhalten.
Das ist nach redlichem Bemühen meine Meinung zur „Causa Rechtsanwalt“.
Wie immer gibt es viele Perspektiven, die man unterschiedlich betrachten kann.
Ach so – Sie wollen meine Meinung zur Schuldfrage hören? Kein Problem. Ja, der Anwalt hat sich schuldig gemacht und seine Strafe erhalten. Ich halte das Urteil nach sorgfältiger Abwägung für angemessen. Eine Bestrafung ist erfolgt, aber den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit ist genügt worden. Der Mann hat gefehlt und bekommt eine Chance. Die muss er nutzen. Rabatt hat er juristisch in eigener Sache keinen.
Privater Appendix
Das öffentliche Urteil ist gesprochen. Absolut mies finde ich, dass die Staatsanwaltschaft sich auf Frage der Verteidigung eine Revision vorbehält. Die wird nach meiner Einschätzung nicht kommen, verlängert aber die Unsicherheit für den Verurteilten um eine Woche.
In der öffentlichen Sache habe ich berichtet. Und ich denke, ich habe einen guten Job gemacht. Kein anderes Medium hat so umfangreich aus verschiedenen Perspektiven berichtet und war so ehrlich dabei. Wer daran Zweifel hat, darf mich kritisieren. In Kommentaren, in persönlicher Zuschrift. Kritik wird dann ernst genommen, wenn sie begründet ist. Sonst nicht.
Die oben erwähnte private Wertschätzung für die Person ist nicht nur geblieben, sondern hat sich gefestigt – insbesondere durch Beobachtung während des Prozesses. Der Mann ist durch seine eigene innere private Hölle gegangen. Und ganz sicher ist das mit dem Urteil noch lange nicht vorbei.
Journalismus braucht auch Empathie – das hat nichts mit Gefühlsduselei zu tun, sondern mit einem klaren Blick auf das Menschsein. Wir sind alle nicht ohne Fehl und Tadel.
Die Berichterstattung ist aber auch eine Hypothek für den nicht-öffentlichen Teil – eine sich anbahnende private Freundschaft, was in der journalistischen Sache aber keine Rolle spielen darf.
Denn das Rheinneckarblog ist das einzige Medium, dass den abgekürzten Namen des Verurteilten berichtet hat. Warum? Weil das unsere Regeln sind. Wir machen das immer so und machen nur in absoluten Ausnahmefällen eine Ausnahme davon. Das war hier nicht gegeben. Selbstverständlich ist dieser Rechtsanwalt bekannt und selbstverständlich wissen alle, die sich mit solchen Themen befassen, wer er ist.
Das macht ihn aber nicht selbstverständlich zum öffentlichen Thema. Denn seine Verfehlungen waren privat. Das gilt es – neben all der künstlich erzeugten Öffentlichkeit – zu berücksichtigen.
Ebenso, dass der Mann keinen Dritten geschädigt hat, sondern nur sich selbst.
Er ist ein Verbrecher an sich selbst. Das ist seine tragische Verantwortung.
Ich persönlich wünsche ihm alles Gute. Privat wie beruflich. Es ist gut, dass es Leute mit einem „frechen Maul“ und „heißem Herzen“ gibt, die sich einsetzen – für andere.
Mit Tätern habe ich kein Mitleid. Das gilt auch für ihn. Mit Opfern schon. Auch das gilt für ihn. Er war Täter an sich selbst als Opfer. Was für ein innerer Kampf. Ich wünsche dem Opfer eine gute Zukunft!