Mannheim/Rhein-Neckar, 05. Februar 2019. (red/pro) Der Migrationsbeirat Mannheim hatte am 30. Januar zu einer Veranstaltung „WAHLARENA: Wie gestalten wir Zusammenleben in Mannheim bis 2024?“, die am 06. Februar in der Jüdischen Gemeinde in F3 stattfinden sollte. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) hat die Veranstaltung untersagt. Eine Lokalzeitung ergreift wie so häufig die „Chance“, um die Angelegenheit gegen die Verwaltung zu skandalisieren und auch andere versuchen, Honig draus zu saugen. Es ist wieder einmal Zeit, Tacheles zu reden.
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Kommentar: Hardy Prothmann
„Absage nicht nachvollziehbar“ titelt eine Lokalzeitung und überschreibt einen Kommentar mit „Zu viele Fragen offen“. Das RNB nimmt diese Überschriften zum Anlass, die Redaktion dieser Lokalzeitung über grundsätzliche verfassungsrechtliche Aspekte und sich daraus ergebener Probleme aufzuklären. Mitlesen sollten auch alle Mitglieder des Migrationsbeirats, der Fraktionen, Gruppen und Einzelstadträte im Gemeinderat – überhaupt alle, die sich für Kommunalpolitik interessieren.
„Viele Fragen offen“
Was ist passiert? Der Migrationsbeirat der Stadt Mannheim hat zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen. Auftreten sollten laut Einladung: Stadtrat Volker Beisel (FDP), Stadträtin Nalan Erol (Die Linke), Kandidat Giuseppe Randisi (SPD), Stadträtin Melis Sekmen (Bündnis‘90/Die Grünen), Kandidat Reza Shari (CDU), Stadtrat Roland Weiß (Freie Wähler/Mannheimer Liste). Mündlich hätte Stadtrat Eberhard Will erst kurz vor der Einladung zugesagt, so der Migrationsbeirat, deshalb sei er nicht auf dem Einladungsflyer aufgeführt. Angeblich sei die Veranstaltung schon lange vorbereitet, wieso Herr Will erst „kurzfristig“ angefragt worden sein soll, ist unbekannt.
Herr Will war mal AfD, dann Alfa, dann LKR und nennt seine Gruppe aus drei Stadträten nun „Bürgerfraktion“ (Anm. d. Red.: Was eine Täuschung ist, es ist keine Fraktion.).
Die Lokalzeitung bezeichnet Herrn Will als „rechtskonservativ“. Einen Hinweis auf seine Wahl als AfD-Politiker gibt es nicht. Ebensowenig, dass eines der Mitglieder der „Bürgerfraktion“, Dr. Gerhard Schäffner aktuell wohl wieder für die AfD Mannheim antritt, bei der man sich fragen kann, ob „rechtskonservativ“ eine zutreffende Einordnung darstellt. Bekannt ist, dass Herr Will nicht mehr für den Gemeinderat kandidieren will. Er ist also noch Stadtrat, aber kein Kandidat mehr. Wen repräsentiert Herr Will also bei der Frage, wie man das Zusammenleben in Mannheim bis 2024 gestalten will? Das beantwortet der Migrationsbeirat nicht.
wir bedauern sehr, Ihnen mitzuteilen, dass die für den 6.2. vorgesehene Podiumsdiskussion „Wahlarena“ abgesagt werden muss.
Als städtisches Gremium unterliegt der Migrationsbeirat der geltenden Neutralitätspflicht. Nach Abwägung haben wir die Kandidatinnen und Kandidaten der Fraktionen und Gruppen des aktuellen Gemeinderates eingeladen. Nach dem Konzept des Migrationsbeirates beschränkte sich aufgrund der Vielzahl der verschiedenen Beteiligten im Gemeinderat die Auswahl auf den bereits erwähnten Kreis. Gerade deshalb haben wir die Veranstaltung noch vor der kommunizierten Karenzzeit terminiert.
Dies teilt der Vorsitzende des 16-köpfigen Migrationsbeirats, Miguel Herce, am 04. Februar um 12:37 Uhr per email mit. Wer ist wir? Der komplette Vorstand, Teile davon, der Migrationsbeirat insgesamt? Diese Fragen bleiben offen. Was wurde wie auf welcher rechtlichen Grundlage „abgewogen“? Nach welchen Grundsätzen? Keine Erklärung. Welches „Konzept des Migrationsbeirats“ ist gemeint? Die Stadt Mannheim informiert zu diesem freiwilligen Gremium: „Hauptziel des erstmals im Februar 2000 gewählten Migrationsbeirates ist die Förderung der Integration der Einwohner ausländischer Herkunft Mannheims.“ Wer hat wann die „Karenzzeit kommuniziert“? Keine Erklärung.
Problematische Rolle des Migrationsbeirats
Ganz offenbar handelt es sich beim Verständnis der eigenen Rolle und des Konzepts des Migrationsbeirats insgesamt, des Vorstands oder des Vorsitzenden um eine Sicht mit erheblichen rechtlichen Lücken, Halbwissen, dafür aber hoher Motivation und Überheblichkeit – was sicher nicht dem Hauptziel förderlich ist, die Integration zu fördern.
Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz teilte über die Sprecherin Monika Enzenbach auf RNB-Nachfrage mit:
Die vom Migrationsbeirat geplante Veranstaltung ist vergleichbar einer Kandidatenvorstellung durch die Kommune. Dabei geht es nicht um Karenzzeiten, denn bei einer solchen Veranstaltung geht es nicht um die Breite des politischen Spektrums, sondern um die Präsenz aller Parteien und Wählervereinigungen. Der Migrationsbeirat ist keine unabhängige Instanz. Er ist ein Gremium der Stadt Mannheim – nicht zuletzt erfolgte die Einladung über die städtische Geschäftsstelle. Während unabhängige Instanzen selbstverständlich frei sind, eine entsprechende Veranstaltung durchzuführen, hätte die Veranstaltung als städtische Veranstaltung Anlass für eine Wahlanfechtung bieten können.
Dr. Kurz ist Verwaltungschef, SPD-Politiker, aber auch mit summa cum laude promovierter früherer Verwaltungsrichter. Also ein Top-Jurist, seit Anfang der 90-iger politisch in Verantwortung, seit 2007 Oberbürgermeister und hat ständig mit Rechtsstreitigkeiten zu tun.
Wesentliche Fragen
Die Auskunft enthält wesentliche rechtliche Einschätzungen von erheblicher Bedeutung. „Es geht nicht um die Karenzzeit“, „Präsenz aller Parteien und Wählervereinigungen“, „keine unabhängige Instanz“, „Einladung über die Geschäftsstelle“, „Anlass für eine Wahlanfechtung bieten können“.
Um die berechtigten Sorgen zu übersetzen: Es kann keine willkürliche Beschränkung „aufgrund der Vielzahl der verschiedenen Beteiligten“ geben, wie der Migrationsbeirat selbstherrlich meint. Wenn schon – denn schon. Alle oder keiner. Das heißt, auch die AfD, die NPD, die „Mannheimer Volkspartei“ (Anm. d. Red.: mit einem sehr klagewilligen Stadtrat Julien Ferrat) und MfM hätten als aktuelle Gemeinderatsmitglieder eingeladen werden müssen, ebenso alle sonstigen Parteien und Wählervereinigungen, die bei der Kommunalwahl und bei der Europawahl antreten.
Unkenntnis als Meinung
Was beim Migrationsbeirat wie der Lokalzeitung nicht verstanden wird: Karenzzeit und Neutralitätspflicht sind nicht starr auf drei Monate begrenzt und voneinander abzugrenzen. Geht es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eigentlich der Tag der Bekanntgabe einer Wahl entscheidend. Kommunen müssen damit sorgfältig und verbindlich umgehen und haben nur einen gewissen Entscheidungsspielraum. Es geht also bei der Karenzzeit um Zeiträume von 5-6 Monaten, 3 Monate und 6 Wochen und die letzte Woche vor einer Wahl und sich daraus ergebender verfassungsrechtlicher Pflichten, die kommunale Spielräume zwar offen lassen, aber nur unter erheblicher Abwägung rechtlicher Rahmenbedingungen. So kann eine Gemeinde beispielsweise bei einer Bürgermeisterwahl eine Kandidatenvorstellung innerhalb der Karenzzeit organisieren – wenn alle Kandidaten eingeladen sind, was im Fall einer Bürgermeisterwahl überschaubar ist, im Fall einer Kommunal- und Europawahl aber organisatorisch unmöglich. Willkür ist nach Verfassungsprinzipien nicht möglich – genau darum geht es bei der Einschätzung der aktuellen Lage.
Nach Einschätzung unseres Stadtoberhauptes gäbe es das Risiko eines Verstoßes gegen die grundgesetzliche Neutralitätspflicht mit der möglichen Konsequenz einer erfolgreichen Wahlanfechtung. Daher sei eine Absage zwingend erforderlich. Diese Einschätzung des Oberbürgermeisters nehmen wir zum Anlass, die Veranstaltung abzusagen. Wir bedauern außerordentlich, diesen Schritt gehen zu müssen und betonen an dieser Stelle mit Nachdruck die Verantwortung des Mannheimer Migrationsbeirates für die Gesellschaft unserer Stadt.
Mit unserer Veranstaltung wollten wir gerade als Migrationsbeirat einen Beitrag für die Meinungsvielfalt sowie zur Politisierung und Wahlmobilisierung der Mannheimer Bevölkerung, eben auch denen mit einer Migrationsbiografie, leisten.
Auch das schreibt Herr Herce und es immer noch unklar, ob dies mit allen Mitgliedern im Migrationsbeirat abgestimmt ist, mit dem gesamten Vorstand oder nur durch Herrn Herce kommuniziert wird.
Irritierende Wortwahl
Und die Wortwahl irritiert. Sicher gibt es auch Medien, die einen Oberbürgermeister als „Stadtoberhaupt“ bezeichnen, trotzdem bleibt die Bezeichnung falsch und die Ableitung der Rollen ebenso – mithin wird damit eine massive Unkenntnis der herrschenden rechtlichen Verhältnisse transportiert. Der Souverän ist das Volk. Das „Oberhaupt“, also der Souverän einer Gemeinde in Baden-Württemberg ist der Gemeinderat. Dieser ist Teil der Verwaltung. Behördenleiter der Verwaltung ist der Oberbürgermeister. Seine Stellung ist nach der süddeutschen Ratsverfassung sehr stark, aber er ist weder „Oberhaupt“, noch König oder ein sonstiger Regent, sondern ein Teil einer organisierten Gewaltenteilung.
Statt „diesen Schritt der Absage außerordentlich zu bedauern“, denn darin wird die Botschaft des eigentlichen Unwillens transportiert, hätte sich der Migrationsbeirat auch für die rechtliche Einschätzung des Oberbürgermeisters, der verantwortlich gehandelt hat, bedanken können und, dafür braucht es aber Charakter und Wissen, die eigene Unfähigkeit erkennen und eingestehen können, verbunden mit einer Entschuldigung für diesen massiven Fehler. Stattdessen entschließt man sich regelrecht aufmüpfig „mit Nachdruck die Verantwortung des Mannheimer Migrationsbeirats für die Gesellschaft unserer Stadt zu betonen“.
Populistischer Migrationsbeirat
Das ist massiver Populismus durch den Migrationsbeirat, der Fakten ins Gegenteil verkehrt – flankiert durch eine Lokalzeitung, die ihre Leserschaft nicht hintergründig und korrekt durch eigene Recherchen und Einordnungen ordentlich aufklärt. Übersetzt: Herr Dr. Kurz hat als Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, als er kurzfristig von der tatsächlichen Inhalten der Veranstaltung erfuhr, verantwortungsvoll gehandelt und mögliche Schäden für die Gemeinde und deren Stadtgesellschaft abgewendet. Da muss man nichts „bedauern“, sondern kann froh sein, dass „ganz oben“ jemand sitzt, der bei (rechtlichem) Verstand ist.
Der Migrationsbeirat muss sich gefallen lassen, seine Handlungen und Äußerungen als willkürlich, rechtlich nicht ausgewogen, überheblich und letztlich schädlich einzuordnen. Auch das übersetzt: Das aktuelle Verhalten ist verantwortungslos und sicher nicht geeignet, den Respekt vor diesem freiwilligem Gremium zu befördern. Der Migrationsbeirat konterkariert mithin durch dieses Verhalten seine eigentliche Zielsetzung – Integration, auch und vor allem in den Rechtsstaat. Mindestens acht der 13 Länder, aus denen die Mitglieder stammen, haben keine oder eine sehr problematische „rechtsstaatliche“ Ordnung.
Man stelle sich vor, diese Veranstaltung hätte stattgefunden und einer der Wahlbeteiligten hätte erfolgreich (und mit guten Chancen) geklagt – die negativen Folgen wären erheblich gewesen. Sowohl für die Kommunalwahl als auch für die Europawahl.
Moral steht nicht über dem Recht
Wie sehr auch mutmaßlich unberechtigte Klagen die Verwaltungsarbeit massiv behindern können, zeigt nicht zuletzt der Fall der Fridi Miller, der auch dem Migrationsbeirat bekannt sein sollte. Es gibt übrigens in der Außensicht einen gemeinsamen Nenner zwischen Frau Miller, dem Migrationsbeirat der Stadt Mannheim und gewissen Medien: Der moralische Impetus ist jeweils enorm hoch – auch, wenn er rechtlich absolut nicht haltbar ist. Moral wird über Recht gesetzt – wenn das „Alltag“ werden sollte, muss man sich Sorgen um Deutschland machen.
Als die erste Information über eine geplante Veranstaltung des Migrationsbeirates an die Verwaltung kam, war noch nicht bekannt, wer genau zur Veranstaltung eingeladen wurde. Erst Ende Januar wurde – mit Versand des Einladungsflyers – bekannt, wen der Migrationsbeirat als Podiumsdiskussionsteilnehmer eingeladen hat. Der Migrationsbeirat wurde umgehend darüber informiert, dass die Absage der Veranstaltung in dieser Form zwingend erforderlich ist, auch wenn die Intention für diese Veranstaltung und das Engagement des Migrationsbeirates für die anstehende Kommunal- und Europawahl und damit für die demokratische Kultur sehr wohl gesehen und hoch geschätzt wird,
teilt Stadtsprecherin Enzenbach weiter mit. Daraus kann man konstruieren, dass die Veranstaltung „kurzfristig“ abgesagt worden sei. Man kann aber auch berücksichtigen, dass die Einladung am 30. Januar um 13:58 Uhr versandt wurde – also bis Freitagnachmittag noch knapp zwei Tage „normale Bürozeit“ zur Prüfung blieben und ins Wochenende hinein gearbeitet wurde, bis die Absage am 03. Februar angeordnet worden ist. Man kann deshalb anerkennen, dass die Veranstaltung kurzfristig angekündigt wurde und es eine äußerst schnelle und ordentlich-inhaltliche Prüfung trotz des Wochenendes gab – man hätte auch Pause machen können und die Entscheidung am Dienstag oder Mittwoch mitteilen können. Das wäre dann absolut kurzfristig gewesen und trotzdem notwendig.
Über die rechtlichen Aspekte hinaus wird der moralische Impetus trotzdem anerkannt – den teile ich definitiv nicht. Womit ich nicht die Einrichtung Migrationsbeirat in Abrede stelle – ich halte das Gremium für wichtig. Tatsächlich ist aber festzustellen, dass aus diesem Gremium immer wieder äußerst unqualifizierte Äußerungen und Forderungen kommen, die rechtsstaatlichen Prinzipien widersprechen und eine Sonderrolle betonen – das konterkariert das eigentliche Ziel einer gleichberechtigten Integration. Gleiche Rechte heißt auch immer gleiche Pflichten. Wenn der Migrationsbeirat nicht aus der Rolle herauskommt, ständig „Sonderrechte“ einzufordern, macht er sich in Sachen Integration obsolet – das ist ein sehr fürsorglich, aber todernst gemeinter Hinweis.
Volksverdummung – auch medial
Das gilt übrigens auch für Medien, die Sorgfaltspflichten zu beachten haben. Eine Lokalzeitung berichtet:
Unterstützung erfährt der Migrationsbeirat von der Christlich-Demokratischen Arbeiterschaft (CDA) der CDU: Es sei nicht nachvollziehbar, warum dem Bemühen des Migrationsbeirates, durch solche Veranstaltungen auch die Wahlbeteiligung und das Interesse bei den Migranten zu erhöhen, vom Büro des Oberbürgermeisters solche Steine in den Weg gelegt werden. Auch die Kurzfristigkeit sei nicht akzeptabel.
Im Original lautet die Äußerung, versandt über die Kreisgeschäftsstelle der CDU so:
Die vom Migrationsrat berechtigterweise aufgeworfenen Fragen nach dem eigentlichen Grund für die Absage sind mehr als berechtigt.“ betont der CDA-Kreisvorsitzende Christian Hötting.
Aus Sicht der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) Mannheim ist es nicht nachvollziehbar, warum dem Bemühen des Migrationsbeirates, durch solche Veranstaltungen auch die Wahlbeteiligung und das Interesse bei den Migrantinnen und Migranten zu erhöhen, vom Büro des Oberbürgermeisters Dr. Kurz solche Steine in den Weg gelegt werden. Auch die Kurzfristigkeit ist nicht akzeptabel. Hötting weiter: „Hier sind noch viele Fragen offen, welche Herr Dr. Kurz oder sein persönlicher Referent Petar Drakul dringend beantworten sollten. Einen Verstoß gegen die Neutralität kann jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt und unter den bisher bekannten Fakten niemand erkennen. Davon hätte man besser die Finger lassen sollen.
Damit zeigt also nicht nur der Migrationsbeirat erhebliche rechtliche Lücken in der Einschätzung, sondern die CDU Mannheim springt dieser Nonsens-Haltung bei. (Herr Hötting bewirbt sich übrigens auch um ein Gemeinderatsmandat.) Das darf die CDU als Partei, es ist Wahlkampf. Sie darf wie andere auch populistisch agieren. Aber für diesen volksverdummenden Populismus ist die CDU dann auch verantwortlich.
Die CDU ist damit nicht alleine, die Grünen prusten ebenfalls, übermittelt über eine Lokalzeitung:
Alexander Müller, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, möchte vom persönlichen Referenten des Oberbürgermeisters, Petar Drakul, wissen, welche Auswirkungen die Einschätzung der Stadt beispielsweise „auf gemeinsame Wahlwerbung und -veranstaltungen für Jugendliche durch den Stadtjugendring“ hat.
Interessant ist, dass die CDU wenigstens noch ansatzweise zwischen Partei (die darf das) und Fraktion (ob die das darf, ist wegen des Neutralitätsgebots rechtlich fragwürdig) trennt, während den Grünen das egal ist.
Mit Petar Drakul, ebenfalls Jurist, wird ein persönliches Angriffsziel ins Visier genommen. Herr Drakul ist aber kein Sprecher der Stadt. Das sind Herr Walther oder Frau Enzenbach und die Sprecher der Dezernate. Über den Sprechern stehen die Behördenleiter, also die Dezernenten und darüber als Chef der Oberbürgermeister – der ist im Zweifel die oberste Instanz für Auskunftsersuchen, die er nach dem Landespressegesetz persönlich oder delegiert beantworten kann oder muss.
Andersrum wird ein Schuh draus: Sollte Herr Drakul die rechtliche Prüfung der Veranstaltung des Migrationsbeirats vorgenommen haben und seinem Chef eine fundierte Einschätzung vorgelegt haben, die dieser dann als Entscheidung umgesetzt hat, dann hat Herr Drakul nichts weiter als verantwortlich seinen Job gemacht und dazu beigetragen, erheblichen Schaden von der Gemeinde abzuwenden. Dafür gebührt ihm Anerkennung und keine populistische Stigmatisierung.
Die Frage der Grünen-Fraktion über deren Geschäftsführer ist für die Stadt einfach zu beantworten. Der „Stadtjugendring“ nennt sich so, hat aber mit der Stadt Mannheim nichts zu tun, da privater Verein. Er ist kein Gremium der Stadt, die Mitarbeiter sind keine Bediensteten der Stadt. Der Stadtjugendring ist als „unabhängige Instanz“ frei, „entsprechende Veranstaltungen“ zu organisieren.
Fazit:
Die Sache könnte man als „Posse“ abtun. Tatsächlich tun sich Abgründe auf. Insbesondere der Migrationsbeirat wie auch Grüne und CDU ergehen sich vollständig verantwortungslos in Populismus, flankiert von einer Lokalzeitung. Das hat im Kern nichts mit Aufklärung zu tun, sondern mit fahrlässiger oder vorsätzlicher Volksverdummung.
Wir leben hier in einem Staat mit rechtsstaatlichen Prinzipien. Über diese kann man immer streiten – dafür gibt es auch häufig gute Gründe und nicht immer sind alle Entscheidungen eindeutig. Es kommt auf den Einzelfall an, wer pauschalisiert, liegt häufig nicht richtig bis falsch. Wer aber skandalisiert und streitet, obwohl erhebliche Zweifel grundlegend erkennbar sind, der bedient keine ordentliche Auseinandersetzung in der konkreten Sache, sondern nur Populismus und wie aktuell auch deutlich wird, ist die Grenze zu Fake News sehr nah oder bereits überschritten.
Ich hoffe, dass ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser des RNB, aufzeigen konnte, warum „Absage nicht nachvollziehbar“ eine irreführende Überschrift einer Lokalzeitung ist. Und „Viele Fragen offen“, einigermaßen verständlich beantwortet habe – hätte ich alle rechtlichen Aspekte meiner Recherche hinzugefügt, hätten Sie für Tage juristischen Lesestoff.
An Herrn Herce und den Vorstand des Migrationsbeitrat der Stadt Mannheim habe ich eine Bitte. Stimmt nicht, ich habe eine Forderung. Herr Herce, Danyel Atalay, Ömür Tosun und Cem Yalcinkaya sind, das ist meine bescheidene Meinung, aufgefordert, sich beim Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz öffentlich zu bedanken und zu entschuldigen und zu signalisieren, dass sie dessen Entscheidung nicht nur irgendwie, sondern absolut respektieren, weil dadurch ein möglicher, erheblicher Schaden für die Gemeinde abgewendet worden ist. Ich lasse mich überraschen, ob der Migrationsbeirat soviel Souveränität besitzt, zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Und auch, ob man weiterhin Vorstand sein möchte, wenn man bislang offensichtlich durch erhebliches Nichtwissen und massive Unkenntnis verfassungsrechtlicher Grundlagen „glänzt“. Migrant zu sein, ist keine verfassungsgrundsätzliche Qualifikation per se und der Lack ist schnell ab, wenn dummes Zeugs transportiert wird.
Die Kritik geht auch in Richtung Stadt und den OB: Die Stadt Mannheim hat indes intern Aufgaben zu bewältigen, da die Einladung für die Veranstaltung durch den Fachbereich Internationales, Europa und Protokoll, Geschäftsstelle des Migrationsbeirates, versandt worden ist. Verantwortlich ist hier Fachbereichsleiter David Linse. Und hier sind in der Vergangenheit erhebliche und vor allem vermeidbare Fehler passiert.
Integration ist eine herausragende Aufgabe – dazu gehören definitiv „Absagen“ an Vorstellungen, die mit dem Rechtsstaat nicht vereinbar sind. Das hat RNB in den vergangenen Jahren immer wieder und vorausschauend thematisiert.
Es hilft nicht, es gut zu meinen, man muss es auch gut und vor allem richtig machen.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit, die Sie gerne fortsetzen können.
Persönlicher Hinweis:
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder „Kritik“ an meiner Arbeit und insgesamt am RNB. Ich wurde als FDPler, als Grüner, als Linker, als Soze eingeordnet, ebenso als AfDler, aktuell werde ich gerne der CDU zugeschlagen und nachdem ich unwahre Angaben der Stadtverwaltung Weinheim aufgedeckt hatte, was zu einem Eilbeschluss des Staatsgerichtshofs Baden-Württemberg zum Vorteil der NPD führte, die Stadthalle Weinheim für einen Bundesparteitag zur Verfügung zu stellen, meinten manche, ich sei ein „Steigbügelhalter der Rechtsextremen“.
Meine Berichterstattung wird gerne als subjektiv abgetan – ich hingegen betone die Vorteile der erkennbar-subjektiven Einordnung auf Basis objektiver Fakten als einzig ehrliche Möglichkeit, Journalismus zu betreiben. Damit stand ich über viele Jahre gegen den „Mainstream“ der Medien – mittlerweile gibt es hier Bewegung. Man zitiert mich ungerne, klaut dafür umso begieriger und stellt das als eigene Einsicht dar und nennt das „Haltung“. Geschenkt.
Verantwortlicher Journalismus hat viele Spielformen, die nicht DIN-genormt sind. Wesentlich ist immer eine solide Recherche, die Überprüfung von Fakten sowie die ordentliche Präsentation, was „objektiv“ und was „subjektiv“ ist. Hinzu kommt die Haltung. Es ist erlaubt, linke, mittige oder rechte Haltungen zu haben. Meine Haltung ist das nicht. Ich berichte farbenblind und erwarte das auch von meinen Mitarbeitern auf Basis der Gesetze. Wesentlich ist, dass man sich auf Fakten verlassen können muss – ob aktuelle Einordnungen zutreffen, zeigt sich in der Zukunft und die Trefferquote beim RNB ist enorm hoch. Weil eben hart auf der Faktenebene gearbeitet wird und nicht an ideologischen Fronten.
Diese Arbeit macht mich nicht zu „Jedermanns-Liebling“ – ganz im Gegenteil. Das erfordert sehr viel Kraft und Durchhaltevermögen. Das RNB hat in den vergangenen Jahren erheblich beigetragen, gesellschaftliche Problemstellungen anders als gewohnt zu debattieren – in der Gesellschaft und in der Mediendarstellung. Sehr viele große Medien schauen sehr viel genauer auf Mannheim und die Metropolregion als früher – weil es das RNB gibt, das gerne in Berlin und Hamburg und München und Köln und in anderen Medienstädten gelesen wird.
Gleichzeitig habe ich mediale Berichterstattung immer wieder problematisiert – damit macht man sich keine Freunde und das wurde mir mehr als deutlich gemacht. Im Kontakt mit vielen Akteuren aus Wirtschaft und Politik und auch Medien erhalte ich unter der Hand dafür sehr respektvolle Rückmeldungen. Tatsächlich unterliegen die meisten dem „Diktat des Mainstreams“ – RNB ist halt nicht SWR oder Süddeutsche.
Es wird für diese Arbeit wesentlich darauf ankommen, dass diese auch bezahlt werden kann, meine Leistung wie die meiner Mitarbeiter (die ich ordentlich bezahle). Damit liegt die Verantwortung bei Ihnen. Würden alle, die uns lesen, nur fünf Euro im Monat zahlen, würde bei RNB niemand reich, aber ein anständiges Auskommen wäre gesichert. Seit Jahren ist das nicht der Fall, durch unsere Paywall erhalten wir immerhin kontinuierlich eine Steigerung der Einnahmen, die aber aktuell aus diesem Bereich nur einen mittleren dreistelligen Betrag ergeben. Einen erheblichen Anteil an den Einnahmen machen unsere Werbekunden aus – die in der Vergangenheit immer wieder bedroht worden sind und deshalb teils abgesprungen. Ein Hoch auf die, die sich nicht beeindrucken lassen.
Gleichzeitig drohen uns enorme Kosten, wie aktuell durch eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft Mannheim, die zu einem nicht-rechtskräftigen Urteil durch das Amtsgericht Mannheim geführt hat. Trotz unserer Arbeit seit 2011, unzähligen „korrekten“ Berichten zur Sicherheitslage, bin ich verurteilt worden, 12.000 Euro Strafe zu zahlen, weil ich angeblich den öffentlichen Frieden gestört haben soll. Dazu kommen die Verfahrens- und Anwaltskosten.
Haben Sie mal eben 15.-20.000 Euro auf der Seite, um für einen Text mal so richtig „zur Verantwortung“ gezogen zu werden? Ich nicht. Aber ich muss damit – belegt – rechnen. Warum sollte ich mir den Stress weiterhin geben? Insbesondere, wenn es zwar sehr viele Leser/innen gibt, aber nur ein Bruchteil bislang bereit ist, für unsere Arbeit zu zahlen? Das ist ein Dilemma – sollen wir bis zur Armut weitermachen oder sollen wir uns entscheiden, die inhaltliche Armut der Gesellschaft zu befördern, indem wir die Arbeit einstellen? Das entscheiden wir und auch Sie als Leserin und Leser individuell.
Keine Sorge – ich gewinne den politischen Prozess der Staatsanwaltschaft Mannheim gegen mich. Die wollen mich klein machen, damit wird die Behörde keinen Erfolg haben. Am Ende nicht wegen strafrechtlicher, sondern wegen verfassungsrechtlicher Gründe. Ich bin in der Sache sehr gelassen – aber es kostet enorm viel Kraft und Zeit, die ich lieber in Journalismus stecken würde.
Aufmerksame Beobachter haben erkannt, dass die Frequenz unserer Berichte in den vergangenen Wochen runtergegangen ist. Auch das ist Fakt, weil es eben sehr viel Zeit gekostet hat, sich der rechtlichen Sache zu widmen. Das ist im Interesse gewisser Zirkel – auch so kann man versuchen, jemanden platt zu machen.
Ich persönlich prüfe gerade Abmahnungen für verschiedene Medien und muss das Risiko kalkulieren – das kann existenziell werden. Verschiedene Korrekturen habe ich außergerichtlich, aber mit enormen Aufwand bereits durchgesetzt. Aktuell stehe ich vor der Sturheitsmauer und muss überlegen, ob ein Anrollen sinnvoll ist oder vergebliche Liebesmüh. Um das klar zu machen: Der Streit ist nicht einfach einer zwischen zwei Parteien – ich streite mit einem Medienimperium im süddeutschen Raum mit erheblicher Macht und erheblichen Ressourcen. Aber ich bin gelassen, weil ich sorgfältig bin.
Wenn Sie den obigen Text gelesen haben, stellen Sie fest: Es gibt Kritik am Migrationsbeirat und zwar als volle Breitseite, obwohl ich die Einrichtung im Kern gut rinde. Dazu Kritik an der CDU und an den Grünen und durch Wechselwirkungen auch an den meisten anderen Parteien. Es gibt ein Lob an den OB, aber auch eine klare Kritik, die behördenintern für Hektik sorgen wird – denn beim Fachbereich Internationales läuft einiges grundsätzlich schief.
Jetzt kommen Sie – welche Interessengruppe habe ich jetzt bedient? In wessen Diensten stehe ich? SPD, Grüne und CDU scheiden aus. FDP und Freie Wähler eher auch, Die Linke sowieso. Aha, also doch AfD oder sogar NPD? Oder doch die Stadt oder wer?
Merken Sie, wie absurd das eigentlich ist – im Alltag ist es das nicht. Wenn freie Journalisten wie ich es nachweislich bin, immer wieder „zugeordnet“ werden, dann geschieht das ausschließlich, um die Person und deren Arbeit zu beschädigen, indem man sie „zuschlägt“.
Und auch hier bin ich farbenblind: Fast alle politischen Parteien haben sich daran beteiligt. Am wenigsten die FDP – was mich nun nicht sofort wieder zu einem Liberalen macht. Ich stelle fest, was ich erfahren habe. Vollständig inakzeptabel sind die Grünen und Die Linke. Erhebliche Probleme habe ich mit Teilen der CDU und auch mit Teilen der SPD. Weitgehend problemlos sind die Erfahrungen mit der Mannheimer Liste, vollständig willenlos mit Teilen der AfD.
Ach, fast vergessen – laut Staatsschutz liegt eine abstrakte Bedrohungslage gegen meine Person vor. Ich muss also damit rechnen – theoretisch und praktisch – dass ich Opfer politisch motivierter Gewalt werde. Beispielsweise durch Linksradikale. Nur doof, dass ich den Kampf gegen Faschismus eigentlich grundsätzlich gut finde. Nur blöd, dass ich die Hysterie nicht mittrage und schon gar keine Gewaltbereitschaft, deren Opfer ich werden könnte.
Es bleibt spannend.
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