Rhein-Neckar, 28. Februar 2017. (red/pro) Der SWR-Redakteur Cai Rienäcker meint, die Polizei habe „moralische Standards“ unterlaufen und sich vom rechten Mob in sozialen Medien treiben lassen, weil angeblich bei der Polizei die Nerven „blank lagen“. Der Kommentar zeigt, dass, wo SWR draufsteht, auch null journalistische Qualität drin sein kann.
Kommentar: Hardy Prothmann
„Wehret den Anfängen“, schreibt Cai Rienäcker am Ende seines Kommentars und macht damit ein Fass auf, dass es einem die Sprache verschlägt. Begünstigt die Polizei am Ende Rassismus und braune Hetze?
Der SWR-Redakteur kommentiert die Reaktionen der Polizei auf Gerüchte und Falschinformationen und zeigt dabei, dass er vom Thema genau keine Ahnung an. Tweets von Einzelnutzern nennt er „Fake News“. Ist jeder Tweet von einzelnen Privatpersonen eine „News“? Von einem offensichtlichen Rechtsradikalen, der sich hinter dem Pseudonym „realluduan“ versteckt und gerade mal 99 Follower hat? Echt jetzt? Und Tweets der Polizei nennt er „irrelevante Informationen“.
Der SWR ist ein Medium, das über Gebührengelder finanzierte News veröffentlicht und Herr Rienäcker ist der, der in seinem Kommentar Fake News auf der Seite des SWR verbreitet:
Und bevor wir alle verlässlich erfahren, ob die Lage unter Kontrolle und der Täter gestellt ist, wissen andere schon, welche Nationalität der Täter angeblich hat, wie in diesem Tweet.
Gemeint ist dieser Tweet von „realluduan“:
EIL: Laut Freunden bei der Polizei ist der angeschossene Täter von #Heidelberg ein sogenannter #Flüchtling
— Luduan (@realLuduan) 25. Februar 2017
Veröffentlichungszeitpunkt: 19:24 Uhr.
Um 18:04 Uhr veröffentlichte das Polizeipräsidium Mannheim diesen Tweet:
#Heidelberg #Bismarckplatz
Mann fährt in Personengruppe, 3 Personen verletzt, Tatverdächtiger von Polizei gestellt und angeschossen. pic.twitter.com/AL9cIuZsdy— Polizei Mannheim (@PolizeiMannheim) 25. Februar 2017
Tatsache ist: Die Polizei hatte also rund 1,5 Stunden zuvor über Twitter verlässlich mitgeteilt, was passiert ist und dass der Täter gestellt und angeschossen ist. Um 18:32 Uhr, also eine Stunde vor dem Tweet von „realluduan“ veröffentlichte die Polizei diesen Tweet – man sieht Ermittler der Kriminaltechnik am Tatort:
18:30: #Heidelberg #Bismarckplatz: Die Kollegen ermitteln. pic.twitter.com/pMMnEil7V5
— Polizei Mannheim (@PolizeiMannheim) 25. Februar 2017
Bereits gegen 17:30 Uhr, also rund zwei Stunden vor dem Tweet von „realluduan“, informierte der Polizeisprecher Norbert Schätzle vor Ort in Heidelberg Fernseh- und Hörfunkreporter zur Lage – auch den SWR.
Schlechte Recherche vs. „coole Socke“
Was Herr Rienäcker mit seinem Kommentar beweist, ist also seine schlechte Recherche und daraus abgeleitet eine klare Falschinformation. Weiter behauptet er:
Aber auch bei der Polizei liegen die Nerven irgendwann blank, wenn die Hetz- und Hass-Kommentare die eigenen Web-Auftritte überfluten.
Auch das ist Quatsch. Wir waren ständig bis in den späten Abend mit den Mitarbeitern bei „Ö“ (Öffentlichkeitsarbeit) der Polizei in Kontakt. Die hatten enorm viel zu tun und behielten wie immer die Nerven. Insbesondere die Verwaltungsangestellte Anne Baas, die auch den „WTF“-Tweet abgesetzt hat, ist eher „ne coole Socke“ als ein nervenschwaches Bündel. Wir beobachten die „Social Media“-Aktivitäten des Polizeipräsidiums von Anfang an und können dem Team nur Respekt zollen – die machen bislang wirklich eine sehr gute und vor allem verlässliche Arbeit.
Abgesehen davon „überfluten“ Tweets nicht den eigenen Twitter-Kanal. Auch das hat Herr Rienäcker offenbar noch nicht so drauf – auf dem eigenen Kanal stehen nur die eigenen Tweets. Erst, wenn man einen einzelnen auswählt, erscheinen Antworten dazu.
Bei der Polizei hat man – auch das hätte eine Recherche ergeben können – couragiert und mit klarer Haltung auf Gerüchte und falsche Beschuldigungen umgehend reagiert, damit diese nicht ins Kraut schießen. Das ist der Polizei auch gelungen – nur Herr Rienäcker sieht das anders und meint, die Polizei habe moralische Standards unterboten. Gehts noch?
Für die Polizei gelten Recht und Gesetz und nicht „moralische Standards“
Die Polizei handelt nicht nach „moralischen Standards“, sondern nach Recht und Gesetz. Selbstverständlich gehört zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung heutzutage auch dazu, über „soziale Medien“ auf Gerüchte hinzuweisen und diese als falsch zu kennzeichnen. Offenbar sind die Kenntnisse der rechtsstaatlichen Ordnung bei Herrn Rienäcker nicht sonderlich ausgeprägt. Den „Moral-Gesetze“ gibt es nicht in Deutschland.
Um auch mit diesem Missverständnis aufzuräumen: Die Polizei ist zur Sachlichkeit und Neutralität gegenüber der Öffentlichkeit verpflichtet, nicht aber dem Pressekodex des Deutschen Presserats. Der gilt übrigens auch nicht für Fernseh- und Hörfunksender, sondern nur für Mitglieder des Deutschen Presserats, also Tageszeitungen und eine Reihe ausgewählter Internetmedien, darunter auch das Rheinneckarblog. In Ziffer 12 heißt es:
In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.
Der deutsche Tatverdächtige gehört keiner der beschriebenen Minderheiten an. Da aber Minderheiten falsch verdächtigt wurden, hat die Polizei eindeutig klar gestellt, dass diese Verdächtigungen eben falsch sind.
Es sollte in diesem Fall völlig egal sein, ob es sich um einen Deutschen mit oder ohne Migrationshintergrund oder um einen Menschen mit anderer Nationalität handelt. Das darf in einem freiheitlichen Rechtstaat (Anm. d. Red.: Schreibfehler im Original) für die Polizei zunächst öffentlich keine Rolle spielen. Moralische Standards dürfen nicht unter den Tisch fallen, nur weil der Mob im Netz uns dazu drängt,
schreibt Herr Rienäcker.
Gerade mit Bezug auf den Terroranschlag von Berlin und der „abstrakten Bedrohungslage“ war es geboten, diese Information zu übermitteln, um falschen Gerüchten den Nährboden zu entziehen. Offenbar ist das für Herrn Rienäcker zu hoch.
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Weiter kommentiert Herr Rienäcker:
Genauso, wie die Polizei den Namen des Täters aus gutem Grund erst einmal für sich behält, spielt auch die Herkunft des Mannes vorerst keine Rolle. Ansonsten verstärken wir nur Vorurteile.
Offenbar hat der Mann neben schlecht ausgebildeten Recherchefähigkeiten mal gerade keinerlei Ahnung von Polizeiarbeit und gesetzlichen Bestimmungen. Die Polizei behält nicht „erst einmal“ den Namen des Tatverdächtigen für sich und benennt den dann später. Die Polizei benennt von sich aus gegenüber der Öffentlichkeit niemals Namen, Adresse oder andere persönliche Informationen von Tatverdächtigen oder Opfern.
#Heidelberg #Bismarckplatz:
Und nun noch mal für alle:#Tatverdächtiger: Deutscher OHNE Migrationshintergrund!— Polizei Mannheim (@PolizeiMannheim) 25. Februar 2017
Zu diesem Tweet der Polizei um 22:13 Uhr, also über sechs Stunden nach der Tat, schreibt Herr Rienäcker:
Für mein Empfinden hat die Polizei hier über das Ziel hinausgetwittert. Wie kann es dazu kommen, dass eine Behörde sich genötigt sieht, ohne Not öffentlich eine solche Feststellung zu treffen? Welche Rolle spielt die Herkunft eines Täters, wenn es sich – nach Stand der Ermittlungen – nicht um einen terroristischen Anschlag handelt? Und was soll der Zusatz „ohne Migrationshintergrund“? Sollte das soviel heißen wie: ein richtiger Deutscher?
Die Polizei war nicht in Not – auch hier unterstellt Herr Rienäcker einen Zustand, den es nicht gegeben hat, wieder ein Fake in seinem Kommentar. Natürlich sollte die Information heißen, „ein echter Deutscher“. Und selbstverständlich nannte die Polizei die deutsche Herkunft des Tatverdächtigen und auch, dass kein Migrationshintergrund vorliegt. Denn auch das spielt insbesondere für rechte Hetzer immer eine Rolle, ob jemand einen deutschen Pass hat, also Deutscher ist, aber ursprünglich eine nicht-deutsche Herkunft.
„Wehret den Anfängen?“ Ja. Genau das hat die Polizei sehr professionell, cool und unaufgeregt getan.
Herrn Rienäcker seien zudem diese Artikel auf SWR.de zur Lektüre empfohlen:
Hier schätzt der SWR das Verhalten der Polizei ein: Mannheimer Polizei bleibt cool. Hier fasst der SWR nochmals die Aktivitäten der Polizei zusammen: So reagiert Mannheimer Polizei auf Twitter. Und hier spekuliert der SWR zum Täter – also genau das, was Herr Rienäcker kritisiert: Wer ist der Todesfahrer?
Herrn Rienäcker und dem SWR ist angeraten, die eigenen journalistischen Standards zu überprüfen. Dringend. Denn insbesondere eine öffentlich-rechtliche Sendeanstalt sollte weder Fake News verbreiten, noch der Öffentlichkeit weis machen wollen, dass im Rechtsstaat „moralische Standards“ einzuhalten seien. Denn das ist einfach Blödsinn und wäre das Gegenteil von Rechtsstaat.
Und – nebenbei bemerkt – würde ein Polizeisprecher ähnlich schlampig arbeiten wie Herr Rienäcker, hätte das dienstliche Konsequenzen. Mal schauen, ob der SWR die Größe hat, sich für diesen unseligen Kommentar öffentlich zu entschuldigen.
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