Rhein-Neckar, 24. Februar 2015. (red/ld) Hauptsache es geht gegen Rechts, dann ist alles andere egal – auch die Rechte anderer. In der Bevölkerung hat ein Linksruck stattgefunden. Das ist nicht unproblematisch und Sorgen sind berechtigt. Denn häufig stürzen sich die Verfechter blindlinks in den „Kampf gegen Rechts“. Und übersehen dabei die Werte des Rechtstaats, die es eigentlich zu verteidigen gilt.
Kommentar: Lydia Dartsch

Redakteurin Lydia Dartsch: „Kampf gegen Rechts legitimiert keine Gewalt.“
Am 16. Januar dieses Jahres demonstrierten 12.000 Menschen aus Mannheim und der Region für die Aufnahme von Flüchtlingen. Die Demonstration verlief friedlich. Die nächste Demonstration folgte am 08. Februar mit einem Marsch von der Aktion „Mannheim sagt Ja“ und dem Bündnis „Mannheim gegen Rechts“ nach Ludwigshafen, um dort auf dem Theaterplatz mit einem friedlichen Bürgerfest gegen eine gleichzeitig stattfindende Kundgebung von Hooligangs am Ludwigshafener Hauptbahnhof zu demonstrieren. Daran nahmen nur rund 700 Personen aus Mannheim teil. Flagge zeigen gegen Extremismus: Eine gute Sache.
Die Unterschiede zwischen den beiden Demonstrationen: Am 16. Januar blieb es friedlich. Am 08. Februar nicht: 160 Personen aus dem linksradikalen Spektrum wurden nach Randalen schnell in Gewahrsam genommen. Es gab rund 100 Platzverweise. Rund 30 gefährliche Gegenstände wie Messer, Pfefferspray, Pyrotechnik und Schlaggeräte wurden sicher gestellt. Über 100 der 170 Strafanzeigen gehen gegen “linksmotiverte Straftaten”. Vier Einsatzfahrzeuge wurden beschädigt, eines mit Pyrotechnik angegriffen. Widerstand gegen die Staatsgewalt, Landfriedensbruch, Beleidigungen.
Linkspolitisch motivierte Angriffe auf vermeindlich Rechte
Auch auf dem Theaterplatz blieb es nicht ganz friedlich: Die vier anwesenden Ludwigshafener AfD-Stadträte werden von der Antifa bedrängt und angegriffen. Sie erleiden Verletzungen und Hämatome. Das sind Körperverletzungen und damit Straftaten. Vorgänge, die seitens der politischen Mitte, die eine friedliche Demonstration angekündigt hatten, verurteilt werden müssten.
Doch das Gegenteil ist passiert. Denn wenn es gegen Rechtsextremismus geht, ist alles andere egal. Das Hirn schaltet auf der linken Seite aus. Auch die Tatsache, dass Polizisten angegriffen werden, wird auf Twitter unter anderem von „Deine SPD“ lakonisch festgestellt – als sei das „normal“. Dabei ist es die Aufgabe der Polizei, die Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu gewährleisten – egal welchem politischen Spektrum die Versammelten angehören – ob rechts oder links.
Doch darüber wird nicht nachgedacht. Hauptsache, es geht gegen Rechts. Da meldet „Deine SPD“ auf Twitter eine Straftat, ohne sie entsprechend einzuordnen:
#82lu (hk) Ludwigshafen der erste Polizeistreifenwagen brennt.
— Deine SPD ••• (@deinespdfb) 8. Februar 2015
Mannheimer SPD-Stadträte verteidigen den Angriff auf die AfD-Stadträte: „Selbst Schuld“, heißt es von ihnen, anstatt sich von solchen undemokratischen Störungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu distanzieren, und diese zu verurteilen. Undenkbar, wenn man den Werten eines Rechtstaats anhängt.
Linksruck in der Gesellschaft „unproblematisch“ vs. „besorgniserregend“
Linkextreme Einstellungen sind weit verbreitet, hat die Freie Universität Berlin aktuell in einer Studie festgestellt. Diese wurde am Montag vorgestellt. Eigentlich kein Problem sagt Klaus Schroeder, der daran mitgearbeitet hat heute der Zeit („Die Gesellschaft ist nach links gerückt“). Linksradikalismus ist salonfähig geworden, wie heute in der Welt (Die rührende Liebe der Deutschen zum Kommunismus) zu lesen ist. Im Artikel ist von einer „Sozialreligion“ zu lesen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (Ein Volk von Antifaschisten) warnt vor „gefährlichen Selbsttäuschungen“ und der moralischen Überhöhung, die damit einher geht blind gegen Rechts zu sein und damit zwanghaft zu versuchen, immer neues zu finden, was irgendwie rechts ist – ohne jegliche Unterscheidung.
Bei allem Eifer gegen Rechtsextremismus darf eines nicht vergessen werden: Die große Lehre aus der deutschen Geschichte zwischen 1933 und 1945 ist die Einrichtung des Rechtstaats, der allen Bürgern die gleichen Grundrechte gewährleistet – ungeachtet ihrer politischen Einstellung. Der demokratische Kampf gegen Extreme ist legitim – mit Argumenten, mit zivilem Widerstand, aber niemals mit Gewalt gegen Sachen oder Personen.
Vermeindliche Legitimation eines gewaltvollen Kampfes gegen Rechtsradikale
In Mannheim arbeiten die Interventionistische Linke, verschiedene autonome Gruppierungen, Mannheim gegen Rechts und das JUZ zusammen. Am 16. Februar wurde ins JUZ geladen, um allen, die „von der Repression betroffen waren, Hilfestellungen im Umgang mit staatlichen Behörden“ zu geben. Angeblich waren die Randalierer am 08. Februar von „außen“ zugereist. Sich als Angezeigter an Mitglieder von Organisationen zu wenden, um sich Rat zu holen, ist kein Problem. Wer aber mutmaßlich gewaltbereiten Personen als Organisation Tipps und juristische Ratschläge gibt, bestärkt die vermeindliche Legitimation eines gewaltvollen Kampfes gegen Rechtsradikale.
Die Debatte, die wir schon vor Wochen angestoßen haben, wird ganz aktuell in großen Leitmedien geführt. Das ist gut und notwendig angesichts einer bürgerlichen Gesellschaft, die sich mehr und mehr weigert den Rechtsstaat als verbindlich für alle zu begreifen.