Ladenburg, 22. Januar 2017. (red/pro) Die Bürgermeisterwahl 2017 ist entschieden – Stefan Schmutz hat mit 52,11 Prozent die notwendige absolute Mehrheit gewonnen. Aber: Es wird eine harte Amtszeit werden. Wie wir schon beschrieben haben, muss Ladenburg sparen und das wird nicht populär sein. Hinzu kommt die politische Konstellation und der Ausblick auf die Kommunalwahl 2019. Unsere Analyse.
Kommentar: Hardy Prothmann
Dem kommenden Bürgermeister von Ladenburg, Stefan Schmutz (39), gratulieren wir als RNB recht herzlich zur gewonnen Wahl. Und wir drücken ihm gleichzeitig ein wenig unser Beileid aus, denn auf den Mann warten harte Aufgaben.
Die Zeiten, als man sich noch vor wenigen Jahren über 15,4 Millionen Euro (2012) Gewerbesteuereinnahmen freute, sind vorbei. Die Stadt wird in Zukunft mit weniger Geld auskommen müssen und das bedeutet Sparmaßnahmen, respektive weniger Ausgaben. Die Stadtgesellschaft wird das spüren.
Was bislang aber niemand in den Blick genommen hat, ist die politische Lage in Ladenburg. Stefan Schmutz wurde von den Stadträten von SPD, Grünen und FDP unterstützt – 11 an der Zahl. Die anderen 11 unterstützen die beiden anderen Kandidaten: Die vier Freien Wähler Herrn Mario Unholz und die sieben CDU-Stadträte als größte Fraktion die Kandidaten Corinna Schierz. Unterm Strich hat der neue Bürgermeister also genau die Hälfte des Gemeinderats hinter sich. Das ist die Ausgangslage.
Rechnerisch hat er damit, wenn die „Lager“ abstimmen, genau eine Stimme Mehrheit, nämlich seine eigene. Das ist nach der Gemeindeordnung ausreichend, denn Mehrheitsbeschluss ist Mehrheitsbeschluss im alltäglichen Geschäft. Aber: Bei politisch umstrittenen Entscheidungen – und derer wird es viele geben – viel zu wenig, ohne Gefahr zu laufen, die Stadtgesellschaft zu spalten.
Insbesondere in Zeiten, in denen die Lagerbildung deutlich zunimmt, klare Mehrheiten aber kaum noch zu finden sind. Im Land regiert Grün-schwarz – die Grünen und die CDU in Ladenburg sind eher nicht auf Konsens aus, was man aber dringend in der Kommunalpolitik braucht. Die SPD ist mit der FDP im Land in der Fundamentalopposition und es gibt einen über alle Fraktionen hinweg neuen Gegner, die AfD, die wiederum im Land drittstärkste Kraft ist.
Was bedeutet das für Ladenburg? Der neue Bürgermeister Stefan Schmutz muss erheblichen Aufwand betreiben, um sich Lagerbegehrlichkeiten zu entziehen. Er wird auf die CDU und die Freien Wähler zugehen müssen und klar machen, dass er auch ihr Bürgermeister ist, ihre Anliegen nicht nur hört, sondern auch berücksichtigt. Und er muss seinen Unterstützern von SPD, Grünen und FDP klar machen, dass diese keinen Alleinanspruch auf den Bürgermeister haben. Keine leichte Aufgabe für einen „Anfänger“ – Stefan Schmutz ist zwar verwaltungserfahren und kennt das kommunale Geschäft. Das Amt des Bürgermeisters mit seinen erheblichen Anforderungen und Erwartungshaltungen ist jedoch eine andere Liga als eine Abteilungsleitung bei der Stadt Mannheim.
Herr Schmutz hat dafür etwa zwei Jahre Zeit, ein neues Bewusstsein zu formen. Dann beginnen die Kommunalwahlen und in zweieinhalb Jahren wird ein neuer Gemeinderat gewählt. Mit großer Sicherheit werden die Karten neu gemischt – insbesondere, wenn die AfD oder Alfa antreten, was mit großer Sicherheit der Fall sein wird. Ebenso sicher ist, dass diese neue Parteien Plätze gewinnen werden. Spätestens dann ist es mit den sich aktuell gefundenen Lagern vorbei. Dann steht es nicht mehr 11:11+1, sondern irgendwie anders.
Es werden vermutlich auch einige der alten Stadträte ausscheiden (müssen), wenn der Gemeinderat nicht zusehends vergreisen soll – doch alle werden mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen haben. Spätestens mit der Kommunalwahl 2019 wird ein neuer Ton in den Gemeinderat einziehen und die „Kultur“ wird sich mit Sicherheit verändern – es wird schärfer zugehen.
Die Bürgermeister der Nachbargemeinden Ilvesheim, Andreas Metz (parteilos), Edingen-Neckarhausen, Simon Michler (CDU) und Dossenheim, Hans Lorenz (CDU) waren am Wahlabend in Ladenburg – Hansjörg Höfer (Schriesheim) und Michael Kessler (Heddesheim) haben wir nicht ausmachen können, auch nicht die anderen vier Bürgermeister aus dem Sprengel (Laudenbach, Hemsbach, Weinheim, Hirschberg). Die Landtagsabgeordneten Georg Wacker (CDU) und Gerhard Kleinböck (SPD) waren vor Ort – Hans-Ulrich Sckerl (Grüne) haben wir nicht gesehen. Auch Dr. Karl A. Lamers (CDU, MdB), traditionell eng mit Ladenburg verbunden, war vor Ort. Der gezollte Respekt gegenüber dem neu gewählten Bürgermeister ist gute demokratische Tradition.
Stefan Schmutz passt als Bildungsexperte in die Schulstadt Ladenburg – hier bringt er wichtige Qualifikationen mit, die ihm helfen werden. Aber: Ladenburg ist auch eine Event-Stadt, als zweitälteste Stadt Deutschlands eine historische Stadt und eine mit viel Tourismus. Dazu ist sie auch Industriestandort und gleichzeitig hat sie einen hohen Lebens- und Freizeitwert als Stadt am Neckar. Insbesondere der hohe Lebensstandard die die Gefahrzone – jeder Abstrich wird als Verlust empfunden werden. Die Zukunft von Ladenburg wird nicht von dessen Klüngel abhängen, sondern von der Öffnung für neue Einwohner, die sich in der Gemeinde einbringen können. Wichtig wird sein, die Jugend und das Mittelalter stärker zu erreichen und einzubeziehen, um der Identität der Stadtgesellschaft eine Zukunft zu geben.
Die Sanierung des Carl-Benz-Gymnasiums ist fast durch. Eine neue Feuerwehr ist gebaut, neue Baugebiete auf dem Weg – damit fehlen wichtige Profilierungsprojekte, mit denen der neue Bürgermeister wird punkten können. Ganz im Gegenteil warten viele „Rotstift“-Aufgaben auf Herr Schmutz. Hinzu kommt die Herausforderung der Flüchtlingsunterbringung – alles Themen, die in der Bevölkerung nicht viel Freude aufkommen lassen werden und sicher der AfD in die Hände spielen. Und ob es noch „Vermächtnisse“ seines Vorgängers zu bewältigen gibt, bleibt abzuwarten. Rainer Ziegler hat den Wohlstand verwaltet – nicht die Krise.
Gerade deshalb wird es wichtig sein, dass Herr Schmutz den nicht einfachen Gemeinderat hinter sich bringt und einen größtmöglichen Konsens erreicht. Gut ist, dass der Mann mit 39 Jahren jung ist und Ausdauersportler. Ausdauer wird er brauchen und die Aufgaben werden sehr kräftezehrend sein.
Heute darf er sich über seinen Wahlsieg freuen. Die Ernüchterung kommt dann im Amt.