Mannheim/Rhein-Neckar, 07. November 2017. (red/pro) Die CDU Mannheim fordert, auf der Entwicklungsfläche Käfertal Süd die grundsätzlich beschlossenen 30 Prozent für „günstigen“ Wohnraum nicht umzusetzen. Die SPD hat Schaum vorm Maul. Eine Lokalzeitung spitzt das Thema zu. Und die Stadtgesellschaft hat ein Thema. Man kann es auch anders sehen – als reichlich ermüdend.
Kommentar: Hardy Prothmann
Wieder einmal soll alles seinen sozialistischen Gang nehmen. Die CDU fordert etwas, die SPD geht in Opposition und eine bräsige Lokalzeitung macht, was sie immer macht, sie entdeckt den Skandal.
Hurra.
Endlich wieder Action. Der Auflage der Zeitung wird es nichts nutzen. Die glaubt seit Jahrzehnten dran, dass scharfe Schlagzeilen die Auflage steigern würden, hat aber offenbar noch nie verstanden, dass es als Monopolzeitung keinen Wettbewerb am Kiosk gibt und man eher Abo-Zeitung ist, der kontinuierlich in hohem Maße die Abonnenten flöten gehen (aktuell laut IVW minus fünf Prozent, damit ist man in der Spitzengruppe dabei).
Der politischen Kultur wird es auch nichts nutzen. Der Gesellschaft schon gar nicht.
Käfertal-Süd, respektive Spinelli, ist ein Top-Wohnbaugebiet, bei dem es nicht darum geht, möglichst viele Hartz-IV-Empfänger anzusiedeln, sondern möglichst viele solvente Personen, die sich was leisten können. Denn auch in Zeiten von „Paradise Papers“ – wer nichts leistet, gibt nichts ab, sondern empfängt nur. Wer Abgeber begeistern will, schafft das nicht, indem man hochwertiges Eigentum neben Sozialblocks stellt.
Die SPD Mannheim verfolgt einen richtigen Gedanken. Es kann nicht angehen, nur fürs „gehobene Segment“ neuen Wohnraum zu entwickeln. Ganz im Gegenteil, der soziale Wohnraum ist in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt worden. Die CDU Mannheim hat aber auch einen richtigen Gedanken, denn man kann nicht gehobenem Wohnraum durchweg zumuten, im Umfeld von möglichen sozialen Brennpunkten zu investieren. Und den Beweis, dass die Villa neben dem Sozialbau das Leben leichter und Mieten stabilisiert hätte, kann niemand nachvollziehbar führen.
Was geht hier vor? Bemerkenswert ist, dass abnehmende Bedeutungsträger offenbar mit aller Macht und ohne Sinn und Verstand einen heillosen Jahrmarkt eröffnet haben. Es geht nicht um die Frau mit Bart oder den Mann mit zwei Köpfen, die man als Attraktion zeigen will, sondern um Geschichten mit Bart und Stories mit vielen Köpfen.
Käfertal-Süd ist ein Projekt, dass der Stadt viel Geld bringen kann. Wenn man im Vorfeld rigoros Investoren abschrecken will, dann verhält man sich, wie die SPD sich verhält. Wenn man im Vorfeld Streit produzieren will, dann verhält man sich, wie die CDU sich verhält.
Die entscheidende Frage ist: Wem nützt das Theater? Niemandem? Ok, einverstanden.
Das ist ein zunehmende Dilemma der politischen Debatte. Es geht nicht um das Ringen um beste Lösungen, sondern um Ideologien und Absolutismen. Das und nichts anderes! Nicht mit uns! Ende der Gespräche!
Mal ehrlich: Irgendwie wollen alle „soziale Durchmischung“, betreiben aber aktiv nur asoziales Gegeneinander und erkennen nicht mal ansatzweise, was sie für ein schlechtes Vorbild abgeben. Wie soll da der Herr Dr. mit dem Hartz-IV-Empfänger vor der Haustür klarkommen? Mal drüber nachgedacht, Statthalter von CDU, SPD, Grünen und anderen?
Das ist ätzend und das treibt viele Menschen erst in die innere Emigration und dann womöglich ins Extreme – egal ob bedürftig oder einkommensstark.
Sowohl CDU und SPD haben noch längst nicht verstanden, dass sie die AfD erst möglich gemacht haben, die nur zugucken und „schaut Euch das Chaos an“ sagen muss.
Der wie ein immer wiederkehrendes Volksfest inszenierte Charakter des aktuellen Streits ist die langweiligste Form von Politik. Über Jahrzehnte eingeübt und als Ritual vollzogen.
Da hat niemand mehr Bock drauf.
Es ist der Einstieg in die Kommunalwahl 2019. Klingt weit weg? Sind nur noch eineinhalb Jahre.
Ich prophezeie den Karnevalisten von CDU und SPD massive Verluste, wenn sie nicht endlich zu Verstand kommen. Die AfD gewinnt locker vier bis sechs Sitze und muss sich dafür nicht mal anstrengen – sie müssen nur CDU und SPD machen lassen. Wenn die Grünen ordentlich aufdrehen, gibt es noch einen Bonus.
Wer die Berichterstattung des RNB in den vergangenen Jahren verfolgt hat, weiß, dass wir nahezu 100 Prozent Trefferquote bei unseren „Voraussagen“ haben. Warum? Weil wir recherchieren, prüfen, nachdenken und einordnen.
CDU und SPD sind gerade dabei, ein Schauspiel zu inszenieren, das mangels Zuschauern vorzeitig abgesetzt werden wird. Wer das nicht glauben will, wartet die Kommunalwahl 2019 ab. Dann kommt der Moment der Wahrheit.