Rhein-Neckar/Stuttgart, 05. Juli 2016. (red/pro) Aktualisiert. Um 16 Uhr will der AfD-Fraktionsvorsitzende Prof. Dr. Jörg Meuthen heute seinen Rücktritt erklären und zusammen mit 12 anderen AfD-Abgeordneten die Fraktion verlassen. Der Grund: Offenbar war es nicht gelungen, den Abgeordneten Dr. Wolfgang Gedeon per Zweidrittel-Mehrheit aus der Fraktion auszuschließen. Gedeon hatte in mehreren Büchern antisemitische Äußerungen getätigt.
Von Hardy Prothmann
Vor drei Wochen hatte Herr Meuthen uns gegenüber im persönlichen Gespräch einen Plan B angekündigt, wenn es nicht gelingen sollte, Herr Gedeon aus der Fraktion auszuschließen. Dieser Plan B greift nun – Herr Meuthen und laut FAZ 13 weitere Abgeordnete wollen die AfD-Fraktion verlassen. Der SWR berichtet aktuell von Meuthen und 12 weiteren Abgeordneten.
Insgesamt gibt es 23 Abgeordnete der AfD im Landtag von Baden-Württemberg. Nach der Wahl zum 16. Landtag war die AfD erstmals vertreten und aus dem Stand drittstärkste Fraktion geworden. Nach der Spaltung wird dies die SPD mit 19 Abgeordneten sein.
Dadurch werden sich die Sitzverteilungen in Ausschüssen und anderen Gremien verändern.
Mit 13 Abgeordneten wäre die AfD-Meuthen-Fraktion die vierstärkste vor der FDP mit 12 Abgeordneten. Die AfD-alt-Fraktion wäre mit 10 Abgeordneten die kleinste Fraktion. Ab 6 Mitglieder kann eine Fraktion gebildet werden.
Welche Wellen dieser Schritt von Herrn Meuthen weiter verursachen wird, ist noch unklar. Er ist auch mit Dr. Frauke Petry zusammen Bundesvorsitzender sowie Landesvorsitzender der rechtspopulistischen Partei. Diese will Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl 2017 werden. Nach dem Austritt aus der Fraktion im Südwesten wird damit gerechnet, dass Herr Meuthen auch diese Ämter niederlegt.
Er hatte nach Bekanntwerden von antisemitischen Äußerungen des Herrn Gedeon sein Amt mit dem Ausschluss des Siegener Abgeordneten verknüpft: “Herr Gedeon wird ausgeschlossen oder ich lege mein Amt nieder.”
Da ein Ausschluss zunächst nicht zustande kam und Gutachter prüfen sollten, ob verschiedene Aussagen in Büchern des Herrn Gedeon antisemitisch seien, geriet Herr Meuthen in der Öffentlichkeit massiv in die Kritik.
Laut FAZ sollen sich keine Gutachter gefunden haben, die bereit gewesen wären, für die AfD tätig zu werden. Offenbar hatte Herr Meuthen dann einen letzten Versuch gestartet, Herrn Gedeon aus der Fraktion auszuschließen. Nachdem dies gescheitert ist, wird er nun seine angekündigte Konsequenz ziehen.
Alternativ hätte die AfD Baden-Württemberg dem Abgeordneten Gedeon die Parteizugehörigkeit entziehen können, doch auch dies scheint keine Mehrheit gefunden zu haben.
Die Folgen für die AfD sind noch nicht abzusehen. Möglicherweise droht eine weitere Spaltung der Partei nach einem sensationellen Höhenflug innerhalb des vergangenen Jahres, der im Frühjahr den Einzug in drei Landtage ermöglichte. Insgesamt sitzt die AfD in 8 von 16 Landtagen.
Mit dem Verbleib des Herrn Gedeion positionieren sich die anderen acht Landtagsabgeordnete als klare Unterstützer eines Kollegen, der antisemitische Äußerungen tätigt. Damit müssen Teile der AfD künftig eindeutig als rechtsradikal bezeichnet werden.
Der Extremismusexperte Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl sagte gestern auf einer Veranstaltung der deutsch-israelischen Gesellschaft in Mannheim:
Die Aussagen des Herrn Gedeon sind so zutiefst antisemitisch, da braucht es kein Gutachten. Sonst könnte man auch begutachten wollen, ob die Erde eine Scheibe ist oder Hitlers Mein Kampf möglicherweise nationalsozialitisch geprägt sei.
Aktualisierung: Der AfD-Fraktionsvorsitzende Prof. Dr. Jörg Meuthen sowie 12 weitere Abgeordnete haben die bisherige AfD-Fraktion verlassen. Wir berichten nach.