Rhein-Neckar, 03. Juli 2020. (red) Was früher Reality-TV war, sind heute Real-Life-Clips von Polizeieinsätzen auf YouTube, Instagram, Facebook & Co. Gefilmt wird, weil Menschen sensationslustig sind oder weil sie den Einsatz der Polizei als unverhältnismäßig oder brutal empfinden. Nicht selten versucht die Polizei, solche Aufnahmen zu unterbinden, die Löschung des Clips vor Ort durchzusetzen oder sogar die verwendeten Handys zu beschlagnahmen. Darf man überhaupt Polizeibeamte im Einsatz fotografieren oder filmen? Und wenn man das macht, was dürfen die Beamte dann wiederum tun?
Von Maximilian Endler
In diesem Bereich gibt es viel Rechtsunsicherheit – auch bei Polizeibeamten.
Filmen und Fotografieren erlaubt, Veröffentlichung unter Umständen auch
Es gibt kein generelles Verbot, Polizeibeamte im Einsatz zu filmen oder zu fotografieren.
Davon zu trennen ist die Frage, ob solche Aufnahmen veröffentlicht werden dürfen. Hier gelten die §§ 22, 23 KUrhG (Kunsturhebergesetz).
Ohne Einwilligung der Polizeibeamten ist die Veröffentlichung dann erlaubt, wenn es sich um zeitgeschichtliche Bildnisse handelt, § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUrhG. Das kann im Einzelfall schwer zu beurteilen sein. Von vornherein ausgeschlossen ist es jedenfalls nicht, einen Polizeieinsatz als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte anzusehen. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um Polizeieinsätze bei Demonstrationen und ähnlichen Veranstaltungen handelt.
§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUrhG erlaubt die Veröffentlichung von Bildern einer Versammlungen, Aufzügen oder ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben. Dies gilt auch dann, wenn die Personen lediglich „Beiwerk“ sind. Für Polizeibeamte, die etwa auf einer Demonstrationen eingesetzt sind, ist das zu bejahen, sie sind dann als bloße Randerscheinung anzusehen.
Obacht! Es gibt Einschränkungen
Auch wenn es grundsätzlich erlaubt ist, Polizisten zu filmen und zu fotografieren, gelten einige Einschränkungen:
Die Anfertigung von Videoaufnahmen mit Ton kann den Straftatbestand des § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) erfüllen, wenn es sich um ein nichtöffentlich gesprochenes Wort handelt. Bei öffentlichen Äußerungen besteht keine Strafbarkeit.
Wird eine polizeiliche Maßnahme aus nächster Nähe fotografiert oder gefilmt, dann darf dies nicht zu einer Störung der Maßnahme führen.
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Verboten und nach § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar sind Aufnahme und Veröffentlichung von Bildern, welche die Hilflosigkeit einer anderen Person (etwa bei einem Verkehrsunfall oder bei Gewalttaten) zur Schau stellen („Gaffer“). Aufnahmen werden selbstverständlich auch nicht dadurch zulässig, dass sich hier die Polizei im Einsatz befindet.
Stress: „Sofort aufhören zu filmen!“, „Geben Sie das Handy her!“ und ähnliches
In Konfliktfällen kommt es immer wieder zu diesen Situationen: Die Polizei verlangt, das Filmen polizeilichen Maßnahme einzustellen, will die Personalien des Filmenden aufnehmen, verlangt die Löschung der Aufnahmen oder verlangt die Herausgabe des Handys, um dieses beschlagnahmen zu können. Hier gilt folgendes:
- Wie bereits dargestellt, gibt es für das grundsätzliche Verlangen, polizeiliche Maßnahmen nicht zu filmen, keine Grundlage.
- Da nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass die Aufnahmen veröffentlicht werden und damit die Begehung einer Straftat nach § 33 Abs. 1 KunstUrhG (Verbreiten eines Bildnisses entgegen §§ 22, 23 KunstUrhG) im Raum steht, darf die Polizei auch nicht unter Berufung auf ihre allgemeine Pflicht zur Verhinderung von Straftaten zu Maßnahmen greifen, um die Personalien festzustellen, das Filmen zu verhindern oder bereits erstellte Aufnahmen löschen zu lassen bzw. des Handys habhaft zu werden.
- Vorab muss geprüft werden, ob die Anfertigung der Aufnahmen zB nicht lediglich der Beweissicherung dienen (hierzu BVerfG, Beschl. v. 24.07.2015, Az. 1 BvR 2501/13). Das Einschreiten der Polizei muss demgemäß durch weitere hinzutretende Umstände gerechtfertigt sein. Eine Äußerung wie „Ich hab alles auf dem Handy!“ spricht für eine zulässige Aufnahme zu Beweissicherungszwecken, der Satz „Das stelle ich ins Internet!“ dagegen.
- Auch für die Annahme einer Störung polizeilicher Maßnahmen muss es konkrete Anhaltspunkte geben. Wer meterweit entfernt steht und den Zoom verwendet, um zu filmen, wird schwerlich eine polizeiliche Maßnahme behindern oder stören. Anders verhält es sich, wenn der Filmende einem Polizeibeamten das Handy minutenlang einen halben Meter vor das Gesicht hält.
Hinweis: Der Text ist zuerst hier erschienen.
Transparenzhinweis: Der Herausgeber wird von Herrn Endler in eigener Sache vertreten.
Zur Person:
Maximilian Endler ist einer der renommiertesten Strafverteider in der Region und darüber hinaus und Spezilist für “ganz harte Fälle”. Zusammen mit seiner Kollegin Miriam Weis schreibt er auf seinem Blog zu Strafrechtsthemen.