Rhein-Neckar, 29. Dezember 2015. (red) Aktualisiert. Unser Text “So nicht”, erschienen am 26. Dezember um 09:18 Uhr, ist aktuell gut 20.000 Mal gelesen worden. Der Inhalt hat für eine heftige Debatte auf Facebook gesorgt, es gibt jede Menge Kommentare und nun hat auch “die tageszeitung” (Berlin), kurz “taz” genannt, sich mit einer Kolumne dieser Veröffentlichung gewidmet: “Seid endlich dankbar“. Leider läuft der Autorin Doris Akrap so ziemlich alles aus dem Ruder. Wir gehen Absatz für Absatz auf den Text ein. Bedauerlicherweise wird kein gutes Haar an der taz übrig bleiben. Frei nach dem Motto: “So nicht”.
Von Hardy Prothmann
Vorbemerkung: Liebe Doris, wir haben uns bislang nur ein einziges Mal getroffen, das war im April 2011. Damals war ich als Teilnehmer zum “taz lab” nach Berlin eingeladen worden. (Hier kann man meine Meinung zu “Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt” nachlesen.) Dann hab ich Dir mal über Facebook zum Geburtstag gratuliert. Sonst haben wir keine Verbindung. Und das ist auch ganz gut so, weil Du für einen “Dschurnalismus” stehst, der nicht meiner ist. Ganz im Sinne von “So nicht”. Meine Textrezension wird Dir und anderen nachfolgend aufzeigen, warum das so ist. Manches mag sich “angesäuert” lesen. Das ist zutreffend. Ich bin nämlich sauer. Sehr sogar. Nicht wegen Deiner “Kritik”, sondern weil Du das Handwerk auch nicht ansatzweise beherrschst. Du bringst Schande über den Journalismus.
Alle nachfolgenden kursiven Textteile sind der Kolumne “Seid endlich dankbar” entnommen. Die Verfasserin, Doris Akrap, hat zu keiner Zeit einen Versuch unternommen, mit dem Rheinneckarblog oder Hardy Prothmann Kontakt aufzunehmen. Eine erkennbare Recherche hat nicht stattgefunden. Weder zum Thema noch zu den betroffenen Personen. Wir haben keine Ahnung, ob diese Kolumne in der Redaktion der taz, in einem Szene-Treff irgendwo in Prenzlauer Berg, auf Cuba, in einem Wartezimmer oder auf einer Toilette verfasst worden ist. Wir können aber mit Sicherheit behaupten, dass der Text recherchebefreit ist. Unsere Antwort ist nicht “gefeilt”, sondern länglich geraderaus und direkt.
Stellungnahme zur Kolumne der taz: “Seid endlich dankbar”
Zur Unterüberschrift: Der „Rheinneckarblog“ hat einem syrischen Praktikanten alles gegeben – und was macht der böse Junge? Nichts als Ärger.
Ich stelle fest: Es wurde niemals von uns behauptet “wir haben alles gegeben”. Und wir haben einen 33-jährigen Mann niemals als “Jungen” bezeichnet. Und niemals als “böse”. Und wir haben niemals behauptet, dass dieser “nichts als Ärger” gemacht habe.
Ich, ich, ich, schrie es überall nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo, ich bin Charlie!
Der Anschlag auf die Mitglieder der Redaktion von Charlie Hebdo und andere Menschen am 07. Januar 2015 ging mir, wie jedem normalen Menschen und vor allem jedem Künstler und Journalisten durch Mark und Bein. Ich habe selbst noch nie ein Heft von Charlie Hebdo persönlich in der Hand gehabt. Ich kannte den Namen, mehr nicht.
Nach dem Anschlag habe ich mich kundig gemacht, sprich, recherchiert. Ich persönlich mag den “Style” von Charlie Hebdo nicht und hätte mir noch nicht mal aus “Solidarität” ein Heft gekauft, weil mich diese Art von Satire überhaupt nicht anspricht und ich sie intellektuell ablehne. CH ist mir einfach zu blöd direkt. Charlie Hebdo hätte in Deutschland keine Chance, die würden hier in Grund und Boden verklagt werden. Aus meiner Sicht zu recht.
Trotzdem habe ich zusammen mit Kontext:Wochenzeitung auf Anfrage der Kollegen aus Stuttgart damals eine “Soli”-Anzeige (ohne Einnahmen) geschaltet. Weil man nach meiner Überzeugung einfach niemanden tot schießen darf, egal wie bescheuert seine “Meinung” ist. Und weil die Anzeige eben nicht “Ich, Ich, Ich” geschrien hat.
Kontext:Wochenzeitung kennst Du, liebe Doris, vermutlich. Deren Arbeit liegt jedes Wochenende der taz bei. Und wir stehen mit den Kollegen in einem sehr guten Austausch. Mein Volontär Minh Schredle hatte dort vor kurzem “Außenstation”. Und ich bin sehr stolz auf ihn, weil er sofort ganze Seiten bekommen hat. Der junge Kollege ist sehr fix im Kopf, extrem fleißig und offenbar bin ich ein guter journalistischer Ausbilder. Eine Außenstation bei der taz ist geplant – doch dazu später.
Harte journalistische Arbeit und “hilfsbesoffene” Agitationen
Ich, ich, ich, schrie es den Flüchtlingen entgegen, ich habe geholfen!
Auf dem Rheinneckarblog sind seit September 2015 mehrere hundert Texte zum Thema “Flüchtlinge” erschienen. Und unsere Texte hatten Wirkung. Ob eine eilig einberufene Pressekonferenz nach dem Text “Schwetzingens Camp der Beschämung“, ob Verkehrsmaßnahmen nach “Hier stirbt bald einer“, ob Kündigung eines Sicherheitsdienstes mit rechtsradikalen Mitarbeitern oder die Einberufung eines Krisenstabs als wir investigativ untragbare Zustände im Camp Spinelli aufgedeckt haben.
Das waren direkte Hilfen für die Flüchtlinge. Es freut mich, dass wir deren Lebensumstände mit verbessern konnten. Wir haben niemals “Ich, ich, ich” geschrien. Die Hilfe war aus unserer Sicht nur ein “Nebeneffekt”. Ziel unserer Arbeit ist die wahrheitsgemäße Unterrichtung der Öffentlichkeit. Nicht mehr, nicht weniger.
Wir haben auch zum Thema “Hilfsbesoffenheit” berichtet. Das Wort habe ich erfunden und was es bedeutet, kannst Du in unseren Artikeln nachlesen. Wenn es Dich interessiert. “Hilfsbesoffen” ist ein provokantes Wort – so ist es auch gemeint. Als Anstoß zu einer kontroversen Debatte. Früher stand die taz mal für “kontroverse Debatten”. Frage am Rande: Ist das noch so oder weiß man hier schon “Bescheid”, wie man was zu sehen hat? Hast Du, Doris, habt Ihr, liebe tazler, am Ende zu viel Bild gelesen?
Journalismus auf Basis von “Latte”-Konsum
Ich, ich, ich, schreit es jetzt den deutschen Helfern entgegen, ich hab es schon immer gewusst. Undankbar sind die Flüchtlinge, gewalttätig und unbelehrbar. Ihr anderen wart so naiv zu glauben, die Flüchtlinge seien harmlose Opfer.
Liebe Doris, Ich weiß nur, was ich recherchiere. Und was ich analysiere. Und was ich belegen kann. Und das und nichts anderes schreibe ich auf.
Und ich habe, als Journalist und Redaktionsleiter, lange vor anderen Medien auf vielfältige Probleme aufmerksam gemacht, die diesem Land bevorstehen. Und, liebe Doris, alle diese “Prophezeiungen” sind mindestens für mein Berichtsgebiet eingetroffen. Der nächste Einschlag wird kommen, wenn die in Heidelberg “schnell” registrierten Flüchtlinge in den Gemeinden aufschlagen. In der taz habe ich dazu auch nicht ansatzweise bis heute einen klugen und vor allem recherchierten Artikel lesen können. Und ich weiß, wer was schreibt – ich recherchiere nämlich. Täglich.
Mir ist dabei nicht aufgefallen, dass die taz mal vergleichsweise ähnliche “Erfolge” hatte wie das Rheinneckarblog – nämlich, dass Behörden zum Handeln gezwungen worden sind. Gleichzeitig habe ich Informationen über die Zustände in Berlin – dagegen ist das hier alles Zuckerwatte. Wo ist die taz? Gibt es bei Euch eigentlich noch Reporter oder seid Ihr alle Latte geschäumt?
Liebe Doris, ich habe noch niemals geschrieben, dass “die Flüchtlinge” “undankbar, gewalttätig und unbelehrbar” seien. Das, liebe Doris, hast Du Dir im Wartezimmer oder zwischen einem Kaffee oder einem Chai Latte einfach nur ausgedacht. Das stellst Du Dir so vor. Wie diese Leute da draußen in der Provinz so denken. Außerhalb von Berlin. Überall dort, wo die Dorfbewohner halt sind, wie sie sind.
Ich habe ebenfalls noch niemals irgendwo jemandem “Naivität” unterstellt, noch niemals behauptet, die Flüchtlinge seien “harmlose Opfer”. Woher nimmst Du den ganzen Blödsinn, denn Du da schreibst?
Dabei sind sie nicht nur kriegstraumatisiert, sondern ziehen dem Problemgespräch immer den Messerkampf vor. Am schlimmsten aber ist, dass sie undankbar sind.
Liebe Doris, woher weißt Du, dass alle “mitspielenden Personen” “kriegstraumatisiert” sind? Für unseren Praktikanten gilt das jedenfalls nicht. Wir wissen das. Wo hast Du gelesen, dass wir behaupten, dass “sie” immer den “Messerkampf vorziehen”? Oder dass ich finde, dass es “am schlimmsten” sei, dass sie “undankbar sind”? Wo steht das? Wo hast Du das recherchiert? Womit kannst Du Deinen Stuss belegen?
Zeugs behaupten, um danach zum “Punkt” zu kommen
Du fantasierst Dir irgendein kenntnis- und recherchefreies Zeugs in Deinem Kopf und stellst dann fest:
„So nicht!“, sagt nun eine deutsche Onlineregionalzeitung, der Rheinneckarblog, die einen syrischen Flüchtling als Praktikanten beschäftigte und nun gekündigt hat. „Wir haben unserem Praktikanten über Wochen eine offene, demokratische und gewaltfreie Kultur geboten und sehr viele stundenlange Gespräche dazu geführt. Gestern mussten wir diese Person mit einem Messer in Kampfhandlungen in einem Video sehen.“
Das ist falsch, liebe Doris. Der Praktikant wurde nicht “gekündigt”. Das Praktikum war vorbei. Das Zitat ist korrekt. Trotzdem bleibt die Frage: Sollen wir Dich und die taz eigentlich für den Müll, denn Du bis hier verzapft hast, verklagen? Oder reicht das schon, um zu zeigen, dass Du bei uns als Praktikantin angesichts dieser massiven Fehlleistung bereits nach einer Woche gekündigt werden würdest? Wegen systematischer Inkompetenz?
Falsch ist falsch und bleibt falsch
Da haben wir ihm einen Job, fast eine Wohnung und voll fett öffentliche Reputation besorgt, und was macht böser Junge? Er dreht ein Video, in dem ein paar Jungs mit Messern kämpfende Syrer in einem deutschen Flüchtlingsheim parodieren. Satire kann die Lokalzeitung nicht entdecken. Besser: will sie nicht entdecken.
Ach, liebe Doris, schon wieder ist so viel falsch. Wir haben ihm keinen Job besorgt. Er hat hier ein Praktikum gemacht. Ein Praktikum ist bei uns kein Job – vielleicht ist das bei der taz anders, weil dort “Jobber” wie Praktikanten bezahlt werden?
Wir haben über kirchliche Träger tatsächlich die Wohnungssuche vorangebracht – ohne dass wir mit der Kirche was am Hut haben. Und richtig – wir haben den Praktikanten öffentlich gepusht. Was waren unsere Motive? Das weißt Du nicht – Du hast nicht nachgefragt. Und jetzt wirst Du das auch nicht mehr erfahren, weil wir mit Dir ganz bestimmt nicht mehr reden.
Ob “der böse Junge”, der übrigens 33 Jahre alt ist, das Video gedreht hat, wissen wir nicht. Woher weißt Du das? “Ein paar Jungs” (hältst Du eigentlich rund 30 erwachsene Männer aus anderen Kulturkreisen immer nur für pubertäre “Jungs”? Findest Du das nicht irgendwie feministisch-chauvinistisch oder mindestens maternalistisch-rassistisch?)
Richtig, Doris. Ich kann in diesem Satz keine Satire erkennen: “Er dreht ein Video, in dem ein paar Jungs mit Messern kämpfende Syrer in einem deutschen Flüchtlingsheim parodieren.” Denk mal drüber nach. Lies den Satz einfach wörtlich. “Jungs parodieren mit Messern kämpfende Syrer in Flüchtlingsheim”. Uh. Die Jungs sind keine Syrer? Kann sein oder auch nicht. Sie parodieren “mit Messern kämpfende Syrer”? Uh. Klingt fast so, als hättest Du den Tukur-Tatort geguckt, wo Rollen Personen und umgekehrt spielen. Syrer spielen Jungs, die Jungs spielen, die Syrer spielen – mit Verlaub, wo trinkst Du nochmal Deinen Latte? Muss ein geiles Zeugs sein.
Woher, liebe Doris, weißt Du, dass das eine “Parodie” ist? Sprichst Du arabisch? Kennst Du das Original der nachgestellten Szene? Bist Du Syrien-Expertin? Kennst Du die Serie und die gesellschaftlichen Hintergründe? Hast Du Dich mit dem arabischen Mediensystem intensiv befasst? Hast Du das alles “ausrecherchiert”? Kannst Du alle diese Fragen mit “Ja, selbstverständlich” beantworten? Oder bleibt Dir nur ein: “Das sieht man doch”?
Übrigens. Sorry. Ich stelle so viele Fragen – vermutlich ist Dir schon ganz schwindelig im Kopf. So viele Fragen! Die kann doch kein Mensch beantworten…
Das einzig “Absurde” ist ein Journalismus, der so tut als ob
Wer aber in diesem Video das Absurde nicht erkennt, der erkennt auch nicht, wie absurd es ist, einem Praktikanten öffentlich zu kündigen, weil er weniger als einen dummen Jungsstreich begangen hat. „Wir lassen uns nicht auf den Arm nehmen“, begründet der Blog sein Vorgehen.
Ach Doris, Doris, Doris. Zunächst. “Der Blog” kann nicht “vorgehen”. Der Blog ist ein Produkt. Und nochmal. Niemand wurde “öffentlich gekündigt”. Was bitte ist weniger als ein “dummer Jungenstreich”? Wäre ein “Why we Syrians adore Hitler – he was a famous man”, mehr als ein “dummer Jungenstreich” gewesen? Haste mal mit Syrern über Hitler, Israel und die Juden gesprochen oder gibt es da eine Wissenslücke bei Dir, liebe Doris?
Und ach ja. Das Absurde. Selbstverständlich habe ich “erkannt”, dass es vollständig absurd ist, wenn Dutzende Männer (keine “Jungs”) mit Messern (wenn auch fiktiv) aufeinander losgehen. Ob “in echt” oder “nachgestellt”. Das ist ja, was mich aufgeregt hat. Und das wirfst Du mir vor? Das wirft mir die taz vor? Dass ich konsequent auf Absurdes reagiere? Wie absurd, liebe Doris, bist Du eigentlich? Hat das schon jemand erkannt, dass Du eine absolut absurde Persönlichkeit bist? Wen willst Du dafür verantwortlichen machen, dass das noch niemand erkannt hat?
Ist das wiederholte Behaupten von falschen Tatsachen irgendwann auch Satire?
Sosehr das Video der Syrer im Flüchtlingsheim Parodie ist, so wenig ist es diese öffentliche Kündigungsbegründung. Wäre es eine Satire auf die Volksseele der neuen Willkommensdeutschen, sie wäre gelungen. Die zuhauf Beifall klatschenden rechten Kommentatoren unter dem Text wären hübsch blamiert. So nicht.
Liebe Doris – woher weißt Du, dass alle im Video “Syrer” sind? Hast Du das recherchiert? Nochmal: Woher weißt Du, dass der Clip eine “Parodie” ist? Du nennst keinen einzigen Beleg, sondern behauptest das nur.
Und was wird angeblich “parodiert”? Die Original-Filmszene? Das Leben in der Flüchtlingsunterkunft? Die Zustände in Syrien? Syrische Männermode? Messerstecher? Bartträger? Oder hast Du mit messerscharfem Verstand den Clip gesehen und sofort gewusst: “Das kann niemand ernst nehmen – das muss eine Parodie sein. Auf was auch immer”?
Und nochmal: Der Artikel ist keine “öffentliche Kündigungsbegründung”. Niemand wurde gekündigt. Wir haben nur “verkündet”, dass wir mit einer Person, die durch uns “bekannt” geworden ist, nicht mehr zusammenarbeiten.
Erdogan = Prothmann – geht es irrer?
So nicht! Das sagt auch der türkische Präsident. Auch er ist einer von denen, die man lieber als Satiriker am Werk sehen würde. Er erstattet persönlich Strafanzeige gegen Journalisten, von denen er sich beleidigt fühlt. Quasi täglich werden unter seiner Regierung Journalisten verhaftet oder aus ihrem Job entlassen, weil sie nicht dankbar sind für das, was die Regierung für dieses Land getan hat.
Liebe Doris, bis hierhin war ich sehr geduldig. Hast Du eigentlich nur noch Latte am Zaun? War Euer CvD (Chef vom Dienst) gerade einen rauchen oder was hat den geritten, Deinen Text in die Öffentlichkeit zu lassen? Du vergleichst mich ernsthaft über “So nicht” mit einem diktatorischen Schleifer namens Erdogan, den Du “türkischer Präsident” nennst?
Ich sehe bei den Zuständen in der Türkei niemals eine “Satire”. Wie abgeschmackt bist Du eigentlich? Was schreibst Du da für einen Blödsinn? Denkst Du, denkt Ihr bei der taz noch nach, bevor Ihr irgendwas hinschreibt, was sich vielleicht “schick” ließt, aber Bullshit ist? Kein einziger Journalist in der Türkei ist deswegen verhaftet oder entlassen worden, weil “sie nicht dankbar” sind.
Ach so. Ironische Brechung. Kurze Frage: Ist die taz ein Theaterbetrieb oder eine Tageszeitung? Ist der Auftrag Unterhaltung oder Information? Hat man bei der taz noch eine definierte Haltung oder geht es nur noch um “ich taz dem mal was”?
Rheinneckarblog veröffentlicht Text – in der Türkei gibt es zeitgleich Demonstrationen – und weiter?
An dem Tag, als die deutsche Lokalzeitung ihre öffentliche Kündigungsbegründung im deutschen Internet verbreitete, demonstrierten in Istanbul Journalisten gegen die Verhaftung und Kriminalisierung zweier prominenter Journalisten.
“Die deutsche Lokalzeitung?” “An dem Tag?”
Vorhin waren wir noch “eine deutsche Onlineregionalzeitung”. Wir haben unseren Text nicht im “deutschen Internet” verbreitet, sondern im Internet, das ist international und geht über Berlin hinaus, ob Du das glaubst oder nicht, liebe Doris.
Was bitte, hat unser Artikel und die darin enthaltende Information mit Demonstrationen von Journalisten in Istanbul zu tun? Gabs nach dem Kaffee Latte noch ne große, dicke, fette Kräuterzigarette oder kann man sich bei der taz auch Schnupfwaren leisten?
Meinst Du ernsthaft andeuten zu müssen, “an dem Tag”, unser Text habe irgendwie einen koordinierten Zusammenhang mit Vorgängen in der Türkei? Trink weniger Latte, das bekommt Dir nicht.
Praktikant als “Symbol diktatorischer Herrschaftskultur”? Echt jetzt?
In der ersten Reihe liefen andere prominente Journalisten, einige von ihnen seit mehreren Monaten arbeitslos. Gekündigt, weil die Regierung sagte: So nicht! Mit diesem „So nicht!“ werden die Journalisten zu Symbolen diktatorischer Herrschaftskultur.
Was bitte hat die türkische Regierung mit dem Rheinneckarblog zu tun? Meinst Du das ernst: “Mit diesem „So nicht!“ werden die Journalisten zu Symbolen diktatorischer Herrschaftskultur.” Welche “die Journalisten” jetzt? Die in der Türkei, die, die dort gekündigt wurden oder auch die, die fürs System arbeiten. Bist Du auch betroffen?
Paterna – was bitte?
Auch eine deutsche Lokalzeitung ist ein Tendenzbetrieb und hat das Recht, jeden rauszuwerfen, der ihr nicht passt. Mit der öffentlichen Begründung des Rausschmisses aber hat ihr „So nicht!“ ein Symbol paternalistischer Willkommenskultur geschaffen.
Richtig, liebe Doris, mal abgesehen von dem Grammatikfehler, “der ihm nicht passt”, müsste es heißen. Die “Lokalzeitung” ist das Produkt, also Objekt. Handelnd ist “der Tendenzbetrieb”, deswegen “ihm” und nicht “ihr”. Geschenkt.
Wir sind auch keine Zeitung. Auch geschenkt.
Ich bin der Chef hier und ich stelle ein. Nicht wer mir passt, sondern wer hier ins Team und zu unserem Journalismus passt. Und ich trenne mich von allen, die nicht passen. Mein größtes Problem ist, Leute zu finden, die passen. Meine Tendenz ist ein Betrieb mit freien, unabhängigen, aber verlässlichen “Geistern” – die findet man nicht an jeder Ecke.
Wieder hast Du nichts recherchiert – dabei wäre das so einfach. Ich habe vier sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter. Das ist also überschaubar. Dazu ein paar Freie – insgesamt sind wir rund ein Dutzend Leute.
Hast Du auch nur einen gefragt, inwieweit der absolutistische Totalherrscher Hardy Prothmann seine Diktatur als “Tendenzbetrieb” auslebt? Nein? Warum nicht? Sorge gehabt, dass es Dir die nicht vorhandene Recherche verhauen könnte, wenn alle sagen: “Wir arbeiten frei.” Sorge gehabt, dass Dir alle sagen würden: “Der Chef bespricht mit uns die Themen, stellt Fragen in den Raum, sagt, könnte so und so und so oder anders sein, ihr findet das raus und schreibt dann auf, was ihr recherchiert habt. Der meint das so und lässt uns machen.” Und dass das dann auch so passiert? Noch nie erlebt bei der taz? Diese Offenheit? Diese “Tendenzfreiheit”? Überhaupt – die Freiheit?
Richtig, liebe Doris. Das Rheinneckarblog ist ein Tendenzbetrieb des freien, unabhängigen Journalismus.
Alle Mitarbeiter hier verpflichten sich zur Anerkennung und Unterstützung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zur Ablehnung von Gewalt. Wir helfen uns hier gegenseitig mit Tipps und allem möglichen aus. Es gibt keinen “Paternalismus” – früher hätte man das eher “Kommune” genannt. Schlags mal nach, falls Du das Wort nicht kennst. Und weil wir (noch) ne kleine Klitsche sind, arbeiten wir flexibel. Den Chefredakteur findest Du meistens am Küchentisch, während die Mitarbeiter an ordentlichen Schreibtischen sitzen.
Und der Chef “kocht” auch selbst. Fast täglich. Und niemand wird zur Mahlzeit gezwungen. Wenn ich “mangiare” rufe, vertrösten die Gesprächspartner auf später wegen einer “wichtigen Konferenz”.
Kritik ist ok – Lügenpresse nicht
Ich bin bekannt dafür, dass ich gerne mal emotional werde. Ich habe, liebe Doris, seit langem nicht so viel Zeugs auf einem Haufen lesen müssen, wie aktuell über uns in der taz in Verbindung mit Hilfsbesoffenen, Terror-Attentaten und einem Diktator namens Erdogan. Da fehlten nur noch Naidoo und Verschwörungstheoretiker.
Was mich überhaupt nicht aufregt, ist, dass Kritik kommt. Kritik macht uns besser. Deswegen freue ich mich über Kritik.
Was mich aber richtig aufregt, ist, dass Deine Geschwurbel derart unprofessionell ist, derart durchgeknallt und ein Paradebeispiel dafür, warum am Ende viele “Rechte” leider zu Recht das Wort “Lügenpresse” führen.
Wieder mal gelungen: Der Reflexschaum
Ja, mir ist bewusst, dass sehr viele Rechte sich aktuell geäußert haben. Hast Du mich gefragt, ob mir das gefällt? Gefällt mir nicht. Das nehme ich zur Kenntnis.
Das hast Du übrigens “verbockt”, liebe Doris. “PI-News” hatten einen großen Aufmacher über uns und den Text. Das hättest Du so richtig ausschlachten können: “Seht her, der Beweis – das ist die Folge der Berichterstattung vom Rheinneckarblog. Das sind die Wegbereiter für Rechte. Jawollllllll”. Du hättest das Jawolllll bin so richtig breitem “rrrrr” ausbreiten können. Kapierste jetzt nicht? Musste auch nicht.
Du hast diese “Chance” aber nicht genutzt, weil Du selbst dafür zu schlecht und zu doof in Recherche bist. Und wenn Du mich gefragt hättest, hätte ich Dir geantwortet, dass ich meinen letzten Cent ausgeben würde, um diese Rassisten bei PI zu verklagen – aber die kriegt man juristisch leider nicht.
Der Artikel bei Politically incorrect ist nur übel. Weißt Du, was noch übler ist? Er ist trotz aller Fehler und trotz aller Falschheit besser recherchiert als Deiner.
Nur ein Teil der rechten Kommentare ist bei uns “durchgekommen” – ja, wir lassen auch rechtskonservative Meinungen zu, weil sie zum Meinungsbild gehören. Kann man gut oder schlecht finden – darüber kann man debattieren. Dazu kann man Fragen stellen. Du stellst keine Fragen.
Und all die guten, vernünftigen Kommentare hast Du (bewusst?) überlesen. Ich schicke Dir und der taz gerne über 50 Kommentare, die mich und das Rheinneckarblog als “dumme Gutmenschen”, “linkes Pack” usw. bezeichnen. Irgendwie komisch oder? Du willst mich in die rechte Ecke stellen und für die rechte Ecke bin in eine linke Bazille. Vielleicht sollte ich auch flüchten, denn weder links noch rechts können mich leiden und verfolgen mich. Hätte ich Geld, würde ich es sofort in der Schweiz versuchen und privatisieren.
Was uns wieder einmal gelungen ist, liebe Doris – und das war nicht die Absicht – ist den Reflexschaum links wie rechts vors Maul zu treiben. Dabei sind wir nur so eine aus Sicht von “Hauptstadtjournalisten” dummbräsige Onlinelokalstulle in der Provinz – aber eine, aus der sich sogar Hauptstadtjournalisten virtuellen Honig saugen, weil ihnen selbst nichts einfällt. Interessant ist, dass wir gut zehn Prozent Leser in Berlin haben. Nein, die sind nicht alle von der taz.
Wo ist der taz-Syrer? Habt Ihr Euch mit Behörden auseinandergesetzt? Habt Ihr überlegt, wie man jemanden voranbringen kann?
Du und Deine taz werfen uns echt vor, dass wir uns bemüht haben? Geht’s noch?
Gab es weitere Gründe, warum wir nicht mehr mit dem Mann zusammenarbeiten? Hast Du uns, liebe Doris, diese Frage gestellt? Nein?
Diese Gründe gab es und diese führen wir nicht öffentlich aus, weil das “Interna” sind. Weil wir hier Gesetze einhalten und persönliche Rechte ebenso. Ich weiß, dass Dich das überfordert, die Unterscheidung zwischen öffentlich und persönlich.
Weißt Du, was ich mir von Dir, von der taz gewünscht hätte? “Hallo, hier ist die Doris, ich hab das gelesen. Was ist den passiert? Ich würde das gerne verstehen wollen.” Dann hätte ich Dir Auskunft gegeben – auch über Dinge, die ich nicht öffentlich gemacht habe. Meine Auskünfte hättest Du gegenrecherchieren und dann einen vernünftigen und kritischen Artikel schreiben können. Und damit hätte ich mich gerne auseinander gesetzt. Jetzt muss ich mich Deinem Zeugs befassen.
By the way – erinnerst Du Dich noch an den Rausschmiss Deines Kollegen? Wie hieß der? S.E. oder so. Meines Erachtens ist der große Unterschied zwischen der taz und dem RNB, dass wir von uns aus tätig wurden und die taz-Krisenkommunikation, naja, “bescheiden” war? Und hat man dazu noch mal was gehört? Wie viele Kontakte hat der Mann eigentlich ausspioniert? Soll ich da mal bei der taz nachfragen? So ganz unverbindlich?
So nicht, Frau Akrap – als Chef der taz würde ich Sie sofort und öffentlich feuern – wegen nachgewiesener Inkompetenz
Wir haben auf eine öffentliche Handlung eines früheren Praktikanten reagiert. Eindeutig in der Haltung und nachvollziehbar in der Begründung. Wir haben niemals verlangt: “Seid endlich dankbar”, sondern uns Respekt gewünscht, aber auf alle Fälle ein verantwortliches Handeln in der Öffentlichkeit.
Und wir stellen fest, dass die taz ein “Tendenzbetrieb” ist. Und zwar tendenziell betrieblich recherchefrei, dafür aber meinungsstark. Zumindest was Dich und diesen Text betrifft.
Damit, liebe Doris, bin ich auch durch mit Deinem Text und bin in Zukunft lieber per Sie, weil ich Sie nicht als Kollegin betrachte. Sie betreiben übelste Propaganda und zwar journalismusfrei.
So nicht, Frau Akrap. Ich weiß, wovon ich rede. Ich mache nämlich “Graswurzeljournalismus” und treibe mich nicht zum Latte trinken in Cafes rum, sondern vor Ort bei den Leuten in der Provinz. Sie und andere treiben mit Ihren Fehlleistungen die Massen zu Pegida oder in andere rechte Ecken.
Warum ist das so? Weil man Ihnen und Ihrem verkorksten Journalismus nicht vertrauen kann. Sie halten keinerlei journalistische Standards ein, sondern berichten beleglos und tendenziös. Sie bereiten dem Berufsstand vor allem eins: Eine große Schande.
Und Sie wären die erste, die ich öffentlich und begründet rauswerfen würde, wäre ich Chefredakteur der taz.
Appendix: Die taz-Chefredaktion ist herzlich eingeladen, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Denn wir sind mal richtig sauer über diesen “brutalstmöglich” miesen, falschen und schlechten Journalismus. Wir sind gespannt, wie die Reaktion ausfällt. Wir kündigen an, dass die taz sich von sich aus bewegen sollte, weil sonst wir uns bewegen, was unerfreulicher sein könnte.
Anm. d. Red.: Transparenz. Nach Vorgesprächen und Absprachen ist vorgesehen, dass sich unser Volontär Minh Schredle im Rahmen seiner Ausbildung bei der taz um eine Außenstation bewirbt. Sollte unsere Veröffentlichung dazu führen, dass Herr Schredle dort keinen Hospitanzplatz findet, dann ist das eben so und spräche am Ende für ein “So nicht”. 😉
Anm. d. Red.: Herr Schredle hat im Sommer 2016 eine Außenstation bei der taz absolviert.