Weinheim/Rhein-Neckar, 19. Juni 2015. (red/pro) Weinheim möchte gerne eine bunte Stadt sein. Doch Weinheim hat eine braune Vergangenheit, die bis heute nur vollkommen unzureichend aufgearbeitet worden ist. Weinheim ist die Stadt, in der der Volksverhetzer Günter Deckert lebt. Und Weinheim ist die Stadt, die dieses Jahr zum dritten Mal in Folge Ort für den Bundesparteitag der NPD sein wird. Die lokale Politik zeigt sich vollständig hilflos.
Kommentar: Hardy Prothmann
Der Weinheimer Oberbürgermeister Heiner Bernhard (SPD) wollte die NPD in seiner Stadt verhindern und hat deswegen zumindest nicht die Wahrheit gesagt. Vielleicht hat er sogar gelogen. Fest steht: Die NPD hatte Erfolg und konnte juristisch durchsetzen, dass sie ihren Bundesparteitag in der Stadthalle Weinheim durchführen konnte.
Mit allen Mitteln?

NPD-Funktionär Jan Jaeschke mit OB Heiner Bernhard – der OB meinte zur Entstehung des Fotos, der NPD-Funktionär habe „Bürgernähe schamlos ausgenutzt„. Die Frage, wie es sein kann, dass der OB den aktivsten Rechtsradikalen seiner Stadt nicht erkannt hat, wurde nie beantwortet. Archivbild
Heiner Bernhard meint, er habe „alle juristischen Mittel“ versucht – tatsächlich steht fest, dass er als Oberhaupt der Stadt sogar falsche Angaben gemacht hat und die Verwaltungsgerichte diesen ungeprüft folgten, weil sie offenbar davon ausgegangen sind, dass ein Oberbürgermeister eine zuverlässige Instanz ist. Der Staatsgerichtshof hat das Versagen der Verwaltungsgerichte bestätigt.
Der Staatsgerichtshof hat die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe und des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim kassiert. Der Erste Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner war darüber „wütend“. Stadträte wie die SPD-Politikerin Stella Kirgiane-Efremidis, die auch mal gerne in den Landtag wollte, demonstrierten mit viel Empörung – gegen die NPD und gegen das Landesverfassungsgericht. Vermeintliche „Vorzeigedemokraten“ im Ausnahmezustand gegen den Rechtsstaat.
Aktuell hat die Weinheimer Liste Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Oberbürgermeister Heiner Bernhard (SPD) beim Regierungspräsidium Karlsruhe gestellt. Dagegen verwahren sich SPD, CDU und Freie Wähler und definieren diesen Vorgang als „unmoralisch“. Weder die SPD, noch die CDU, noch die Freien Wähler sind bereit, sich inhaltlich einer Debatte zu stellen – sie ziehen die Moralkeule: Gegen die NPD ist immer gut und fertig.
SPD, CDU und Freie Wähler spielen der NPD in die Hände

Jan Jaeschke – Weinheimer NPD-Kader.
Ihr Vorwurf – die Weinheimer Liste spiele den Nazis in die Hände. Tatsächlich ist es andersherum: Diese drei Fraktionen im Gemeinderat der Stadt Weinheim verweigern sich einer demokratischen Aufarbeitung des Verhaltens des Oberbürgermeisters. Diese drei Fraktionen verurteilen im Vorfeld ohne das Ergebnis abzuwarten, eine andere Fraktion, die demokratisch-legitime Mittel ausschöpft.
Diese drei Fraktionen wissen, dass die NPD im Rechtsstreit gegen die Stadt Weinheim gewonnen hat. Und diese drei Fraktionen wollen nicht anerkennen, dass die Weinheimer Liste Fragen zu Recht und Ordnung, zur Rechtsstaatlichkeit und einem einwandfreien Verhalten des Oberbürgermeisters stellt – stattdessen diskriminieren diese drei Fraktionen lieber die, die diese Fragen geklärt haben wollen.
Diese drei Fraktionen, die CDU, die SPD und die Freien Wähler haben nichts verstanden und nicht die Weinheimer Liste, sondern diese Pseudo-Demokraten spielen der NPD in die Hände. Wie der Oberbürgermeister Heiner Bernhard. Durch moralische Inkompetenz und Ignoranz.
Rechtsstaat ist Rechtsstaat
Die NPD hat ihre Rechte verteidigt und gewonnen. Das mag man ätzend und unerträglich finden, aber wir leben in einem Rechtsstaat, der nur funktionieren kann, wenn man in der Lage ist, seine Rechte zu verteidigen.
Wenn die CDU, die SPD und die Freien Wähler diese Rechtsstaatlichkeit in Zweifel ziehen und wie ein Erster Bürgermeister „wütend“ auf ein Verfassungsgerichtsurteil reagieren und sich gegen eine Klärung einer Beschwerde mit Stellungnahmen und Presseinformationen „wehren“, in denen die, die die Rechtsstaatlichkeit einfordern, „niedergemacht“ werden, dann hat die NPD ihr Ziel erreicht – den Zweifel an der rechtsstaatlichen Verfassung demokratischer Parteien und Institutionen. Weimar lässt grüßen. Erbärmlicher geht es nicht mehr.
CDU erbärmlich – Gelegenheit zur „Abrechnung“

Wer beschädigt wen? Eine Fraktion, die Fragen stellt und das Handeln eines Oberbürgermeisters klären will oder eine CDU, die sagt: „Schwamm drüber“? Sind die, die nachfragen, die Schuldigen? Die CDU Weinheim definiert demokratische Rechte als „unglaubwürdig, unredlich und beschämend“.
Noch erbärmlicher wird es, wenn man die kommunalpolitischen Verhältnisse kennt und insbesondere die CDU Weinheim die Chance nutzt, um zwei ehemalige „Kolleginnen“ abzustrafen, die jetzt in der Weinheimer Liste sind. Noch erbärmlicher ist es, wenn innerhalb der SPD niemand bereit ist, die Herausforderung anzuerkennen, sondern in vorauseilendem Gehorsam sich abduckt und „alles ist gut, weil es gut sein muss“ heuchelt.
Die Stadt Weinheim ist auf dem besten Weg, durch ihren Filz zur NPD-Hochburg zu werden – nicht durch besonders viele aktive Mitglieder, sondern als „Symbol“ für „verrottete Verhältnisse“, die Futter für die sind, die Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit haben. Man darf gespannt sein auf die kommenden Kommunalwahlen.
NPD macht Punkt um Punkt
Die NPD ist eine rechtsradikale, verfassungsfeindliche Partei, die die Weinheimer Politik herausgefordert hat. Besonders bitter ist, dass der NPD-Kreisvorsitzende Jan Jaeschke ein ums andere Mal Erfolg hat. Sein Erfolg ist nicht seine Größe, sondern die Schwäche der anderen.
Das demokratische Delirium in Weinheim macht fassungslos, weil der Kampf gegen die Nazis beginnt, faschistische Züge zu entwickeln. Es wird gelogen und betrogen. Es wird diffamiert und ausgeschlossen. Es werden Geschäftsordnungen „selbstverständlich“ missachtet. Es werden gewaltbereite Gruppen akzeptiert – weil man sich moralisch auf der besseren Seite fühlt, wird sogar das Verfassungsgericht mit seinen Entscheidungen diskreditiert.
Die Weinheimer Liste hat die Beschwerde eingereicht und will Akteneinsicht.
Der Weinheimer Oberbürgermeister Heiner Bernhard (SPD) würde souverän sein, wenn er von sich aus agiert und nicht abwartet, auf was er reagieren muss. Die aktuelle Entwicklung ist geeignet, die Stadt Weinheim massiv zu beschädigen. Das haben weder der Oberbürgermeister noch die unterstützenden Fraktionen verstanden: Wer lügt, dem glaubt man nicht mehr.
Im November wird die NPD in Weinheim zum dritten Mal in Folge ihren Bundesparteitag abhalten. Und alle Bestrebungen, dies zu verhindern oder zu beschweren, werden durch die antidemokratische Haltung von vielen massiv behindert werden. Das ist vielen nur noch nicht bewusst.