Mannheim/Heidelberg, 17. November 2012. (red/ld) Alejandro ist ein harter Hund – zumindest war er das unter dem Regime Pinochet. „Carne de Perro – Dog Flesh“ von Fernando Guzzoni aus Chile zeigt eine Woche im Leben von Alejandro. Als Folterer im Regime Pinochet hat er sich als harter Hund erwiesen. Jetzt, als Zivilist, versucht er, mit seinem Leben klar zu kommen. Die Geister der Vergangenheit lassen ihn dabei nicht los und den Zuschauer lässt er nicht an sich heran.
Von Lydia Dartsch
Was ist los mit diesem Mann? In einem Moment bedankt er sich in ruhigem Ton für einen Anruf. Im nächsten, mit dem Klicken der Auflegetaste, rastet er aus, drischt gegen die Wand seines Hauses bis seine Hände anschwellen. Wie ein Rastloser läuft er durch Santiago de Chile, wie ein Verfolgter. Er atmet schwer, versucht von seiner Vergangenheit wegzuschwimmen, von den Bildern, die ihn auch nachts nicht schlafen lassen.
Der harte Hund ist weich geworden
Seine Familie hat er verloren. Seine Frau will ihn nicht mehr sehen. Die Veteranentreffen helfen ihm nicht und auch der Arzt kann nichts gegen seine Herzschmerzen tun. Seine Panikattacken seien psychisch erklärt er und will Alejandro zu einem Psychologen schicken. Aber Alejandro will niemanden an sich heran lassen. „Der harte Hund ist weich geworden“, kündigt Festivalleiter Kötz den Film an und lobt die Arbeit des Regisseurs Fernando Guzzoni, dessen Debutwerk der Film ist.
Guzzoni zeigt einen Mann, der den Zuschauern bis zum Ende fremd bleibt. Sie haben auch keine andere Chance: Sie beobachten, wie Alejandro um eine Krankenversicherung kämpft, wie er versucht, seine Familie zurück zu bekommen. Guzzoni zeigt einen Verzweifelten, der an seinem Leben, an seinen Taten zweifelt und versucht wegzulaufen vor den Bildern in seinem Kopf. Unter der Dusche versucht er sie wegzuwaschen: Das Wasser rinnt ihm dabei wie ein Tränenstrahl von den Lidern.
Was hast Du getan?
Die Bilder zeigt der Film aber nicht. Alejandro will niemanden an sich heran lassen, nicht mal der Zuschauer hat Einblick in seine Seele. Die ersten Minuten wird er nur von hinten gezeigt. Später sieht man auch sein Gesicht, wie jemand, der ihn begleitet und ständig fragt: „Was hast Du getan?“ Einstellungen aus Sicht des Protagonisten gibt es nicht: Entweder sieht ihn die Kamera an, folgt ihm selbst unter die Dusche oder verharrt noch kurz auf Fernsehbildern über Nazireden aus der Zeit der Pinochetdiktatur. Nur zögerlich applaudieren die Zuschauer am Ende des Films. Sind nun sie verfolgt von den Bildern, die der Film nicht gezeigt hat?
Spielzeiten Mannheim
So 18. November 19.30 Uhr Kino im Stadthaus II
Spielzeiten Heidelberg
Sa 17. November 18.30 Uhr Kino im Schlossgarten II