Mannheim/Rhein-Neckar, 16. Mai 2014. Die Kampagne der Tageszeitung Mannheimer Morgen (MM) gegen das Polizeipräsidium Mannheim ist beispiellos. Ebenso die des Komplizen CDU. Partei und Zeitung agieren vollständig verantwortungslos indem sie mit Sorgen und Ängsten der Bevölkerung spielen – wieder besseres Wissen. Man kann nur hoffen, dass sich nicht zu viele Menschen von dem bösen Geist dieser heillosen Paktierer verunsichern lassen.
Von Hardy Prothmann
Geht es nach MM und CDU, müssen alle Mannheimer ständig um Leib und Leben fürchten. Anders ist die skandalisierende Berichterstattung nicht zu interpretieren. Angriffe von angeblichen Rechtsradikalen auf einen Schwetzinger türkischer Herkunft werden angeblich verschwiegen. Bulgaren und Rumänen bedrohen alles und jeden. Und selbst Rechtsanwälte werden einfach so in der Neckarstadt überfallen und können keine Anzeige erstatten, weil sich angeblich Beamte weigern, die Anzeige einer Straftat aufzunehmen.
Hochgekochte Fälle
Drei Fälle werden immer und immer wieder hochgekocht, um das Bild eines durch und durch kriminellen Mannheims herbeizuschreiben. Die Lösung können nur Politiker liefern, auf die man sich verlassen kann, die für Sicherheit und Ordnung eintreten. Nicht für Multikulti und schon gar nicht für die grün-rote Polizeireform. Denn Ausländer bedrohen die Deutschen und die Polizei ist handlungsunfähig und -undwillig. Mannheimer sind Kriminellen quasi schutzlos ausgeliefert – so die Botschaft.
Dafür biegt sich der MM die Fakten zurecht, wie er sich gerade braucht. Wenn biegen nicht mehr reicht, lässt die Zeitung einfach Informationen weg oder spekuliert sich was zurecht.
Angefangen bei der Interpretation der Polizeistatistik. Erst werden falsche Zahlen “vorab” präsentiert, dann unverantwortlicherweise berichtet, die Kriminalität nehme zu. In Teilen stimmt das sogar – vor allem bei Einbrüchen, wo die Aufklärungsrate überhaupt nicht zufriedenstellend ist. Ein Problem der Mannheimer Polizei? Nein – ein bundesweites Problem. Egal – als pars pro toto missbraucht man alles, um die Botschaft des Untergangs zu dramatisieren.
CDU und MM schüren Rassismus
In Zusammenhang mit dem Sexualmord an Gabriele Z. kritisiert der Deutsche Presserat den MM wegen eines rassistischen und verunglimpfenden Kommentars des stellvertretenden Lokalchefs Peter W. Ragge, der darauf abzielte, dass man wegen der bulgarischen Herkunft des Tatverdächtigen nun dringend debattieren müssen – über den Zuzug aus Osteuropa. Motto: Da könnten noch mehr Mörder kommen. Je mehr kommen, desto mörderischer wird es in Mannheim. Diesen Kausalzusammenhang gibt es nicht. Deswegen missbilligte der Deutsche Presserat den Kommentar. Die Zeitung hat das ihren Leser/innen bis heute verschwiegen.
Dass der Wanderarbeiter zuvor in Speyer lebte und dort vermutlich bereits eine Frau angegriffen hat und nach dem Mord in Mannheim, der ihm angelastet wird, zwei junge Mädchen in Grünstadt angegriffen haben soll, spielt für die Mannheimer Verhältnisse keine Rolle. Auch die Polizei in Rheinland-Pfalz war zunächst machtlos und hatte keine Spur. Durch eine hochtechnisierte Polizei konnte der Tatverdächtige dann ermittelt werden. Verhaftet wurde er in Grünstadt. Er hätte auch in Berlin oder Duisburg leben können. All das spielt keine Rolle – nur die immer wiederkehrende Frage: Wie sicher ist Mannheim noch? Müssen wir uns fürchten? Kann man nicht jeden verstehen, der Angst hat?
Konsequent wird dabei immer wieder die Polizeireform kritisiert. Tatsächlich hat jedes Revier zwei Beamte mehr auf der Straße – aber der MM und auch die RNZ machen Stimmung. Die grün-rote Polizeireform stürzt die Städte und das Land ins Chaos. Gerne zieht man hier auch vereinzelte Anstiege von Kriminalität aus der Polizeistatistik 2013 als “Beweis” ran. Nur blöd, dass die Polizeireform damit nichts zu tun hat. Die gilt seit dem 01. Januar 2014. Eine erste Betrachtung ist also erst 2015 möglich, seriöserweise kann man eigentlich erst 2017-2018 nach drei bis vier Jahren die Auswirkungen bewerten. Der CDU und dem MM ist das egal.
Wahlkampf mit allen Mitteln
Ein CDU-Gemeinderatskandidat, Claudius Kranz, erzählt auf einer MM-Veranstaltung, dass ein Kollege von ihm in der Neckarstadt ausgeraubt worden sei und die Polizei habe das nicht aufnehmen wollen: “Wo kämen wir dahin?”
Wer berichtet darüber? Der MM. Als wir den Bericht gelesen haben, haben wir umgehend bei der Polizei eine Anfrage gestellt, was es damit auf sich hat. Die Polizei hatte den Artikel auch gelesen und schon vor unserer Anfrage interne Ermittlungen eingeleitet, weil der Vorwurf ungeheuerlich ist. Die klare Ansage von Polizeisprecherin Roswitha Götzmann war:
Wir haben davon aus der Zeitung erfahren und umgehend Ermittlungsverfahren eingeleitet. Intern wegen des Vorwurfs gegenüber der Polizei und natürlich wegen des Raubüberfalls.
Kann man verantwortlicher und transparenter reagieren? Wohl kaum. Interessant sind bei diesen Fragen nicht solche zu angeblichen Versäumnissen der Polizei – die man selbstverständlich stellen muss und nach deren Antworten wir uns quasi täglich erkundigen – sondern zu den Vorwürfen.
Jede Menge “spannende” Fragen
Die angeblich ausgeraubte Person ist Alexander Fleck. Wie sein CDU-Kollege Kranz ein Kandidat für den Gemeinderat und zufällig auch in derselben Rechtsanwaltskanzlei wie Kranz tätig. Und Herr Fleck ist zudem “Pressesprecher” der Mannheimer CDU.
Die nahe liegende Frage, die der MM nie gestellt hat (oder vielleicht gestellt hat, aber die Antworten den Lesern vorenthält) ist: Wie kann es sein, dass ein Rechtsanwalt, der überfallen worden sein soll, sich einfach mir-nicht-dir-nichts damit abfindet, bei der Polizei keine Anzeige erstatten zu können, weil die ihn abweist? Wie glaubwürdig ist das? Und dieser Rechtsanwalt ist auch noch CDU-Mitglied und Kandidat für den Gemeinderat. Und der Überfall auf ihn fand nach dem Mord an Gabriele Z. statt, der eine aufgeregte Sicherheitsdebatte in der Stadt ausgelöst hat. Ist das glaubwürdig, dass ein Rechtsanwalt, ein aktives CDU-Mitglied und ein Gemeinderatskandidat in Person, zusätzlich zuständig für Pressearbeit, diese Angelegenheit nicht sofort in die politische Debatte und die Öffentlichkeit führt?
Umgekehrt wird ein Schuh draus, wenn man die Frage stellt, die man stellen muss: Wie verantwortungslos agiert eigentlich ein Rechtsanwalt, ein CDU-Mitglied, ein Gemeinderatskandidat, ein Pressesprecher, wenn er nicht nur von einem ungeheuerlichen Vorgang hört und diesen nicht verfolgt, sondern selbst betroffen ist, indem er nicht sofort mit aller gebotenen Energie diesen “Skandal” öffentlich macht?
Verantwortungsloses Verhalten von CDU-Kandidaten
Natürlich kann es möglich sein, dass Herr Alexander Fleck durch den Überfall und ein mögliches Fehlverhalten nachhaltig traumarisiert worden ist und ärztliche Hilfe benötigt. Ist das so? Sein Kollege und CDU-Kreisvorsitzender Claudius Kranz hatte offensichtlich von dem Vorgang Kenntnis, hat diesen (mit Einverständnis von Herrn Fleck?) Monate später öffentlich gemacht. Hier schließt sich die nächste Frage an: Wie verantwortlich agiert ein Rechtsanwalt, CDU-Funktionär und aktiver Politiker, wenn er von einer massiven Straftat erfährt und nicht sofort alles Notwendige unternimmt, um die Behörden in Kenntnis zu setzen und eine Strafverfolgung einzuleiten? Was soll das für ein Anwalt sein? Was für ein Politiker?
Die nächste Frage ist: Nach unserem Kenntnisstand hat die Polizei Kontakt zu dem angeblichen Opfer und bislang liegt trotz interner Ermittlungen keine Anzeige gegen unbekannt vor. Warum zeigt Herr Fleck die Straftat, die mittlerweile als “Sicherheitsproblembeweis” öffentlich diskutiert wird, nicht von sich aus an? Was hindert ihn daran, eine Straftat anzuzeigen? Hier spekuliert der MM überhaupt nicht – dabei wären hier viele mögliche Fragen zu einem solchen Verhalten relevant.
Wieso stilisieren Herr Kranz und der MM ein angebliches Fehlverhalten einer Polizistin als “Skandal” und tragen nichts zur Aufklärung bei? Wieso kommt die “Story” von Herrn Kranz kurz vor der Kommunalwahl und wieso stellt die Zeitung keine nahe liegenden Fragen?
Könnte es sein, dass es nur wahlkampftaktische Ziele gibt? Schlechtreden der Polizeireform, der Bevölkerung Angst machen? Sich selbst als kritische Mahner stilisieren?
Spekulationen statt Fakten
Der MM berichtet heute wieder in reißerischer Manier über Spekulationen, geht den Leiter des Reviers Neckarstadt an, so, als lüge der, wenn er einfach nur sagt, was die Wahrheit ist. Die Polizei ermittelt noch – sowohl in der Raubsache als auch intern zu dem Vorwurf.
Dasselbe gilt für den angeblichen Überfall von Rechtsradikalen in Schwetzingen und selbstverständlich auch bei den Vorwürfen gegenüber einem städtischen Erzieher, der ein rechtsradikaler Hooligan sein soll.
Nach unserer Erfahrung reagiert die Polizei vorbildlich. Sie hat sich für die verspätete Information über den Überfall in Schwetzingen entschuldigt und den Fehler auf sich genommen. Sie hat umgehend Ermittlungen eingeleitet als die Vorwürfe zu dem angeblichen Überfall in der Neckarstadt bekannt geworden sind – von sich aus.
Antworten müssen bald kommen
Unsere Redaktion ist bekannt dafür, dass wir kompromisslos und bissig zupacken, wenn Behörden nicht ordentlich arbeiten. Aber wir berichten über Fakten, die sich belegen lassen und wir gehen keine Kampagnen mit parteipolitischen Interessen ein.
Der verantwortungslose Populismus, wie ihn MM und CDU betreiben, ist unsere Sache nicht.
Die Menschen in Mannheim haben einen Anspruch auf ordentliche Polizeiarbeit und auf einen ordentlichen Schutz. Und die Mannheimer haben auch einen Anspruch auf eine zügige Aufklärung zu massiven Vorwürfen gegen die Polizei.
Wir erwarten Anfang bis Mitte der kommenden Woche zumindest in Sachen “angeblicher Raubüberfall” auf den Rechtsanwalt und CDU-Kandidaten Alexander Fleck eine Pressekonferenz der Polizei, in der zumindest Zwischenergebnisse, besser noch ein abschließendes Untersuchungsergebnis präsentiert wird. Und selbstverständlich erwarten wir, dass sich die Polizei vollumfänglich den Fragen der Presse stellt. Offen und transparent.