Mannheim/Rhein-Neckar, 13. Mai 2014. (red/ms) Weil er „das Mörderschwein aus Bulgarien“ wegen „der Kohle verteidigt“, ist er „genau so ein dreckiges Schwein“: Maximilian Endler ist ein Anwalt von Emil S., der unter anderem wegen des Mordes an Gabriele Z. angeklagt ist. Jetzt hat er eine Morddrohung erhalten: „Irgendwann wirst du abgeschlachtet“. Auch die zweite Verteidigerin, Frau Inga Berg, wird unverholen bedroht: „Die Inga, die blöde Kuh, hast du da auch noch mit reingezogen“.
Von Minh Schredle
Im Prozess gegen den wegen Mordes angeklagten Emil S. wurden die Sicherheitsvorkehrungen erhöht: Die Kontrollen finden nun schon im Eingangsbereich des Landgerichts statt und nicht, wie bei den vorangegangenen Verhandlungstagen, erst vor dem Saal, in dem der Prozess stattfindet. Beim Abtasten gehen die Beamten jetzt noch sorgfältiger und penibler vor.
Der Grund für diese Maßnahme ist eine Morddrohung gegen die Verteidiger des Angeklagten, Maximilian Endler und Inga Berg:

Anonyme Morddrohung gegen die Verteidiger von Emil S.
Die zahlreichen Rechtschreibe-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler lassen ein geringes Bildungsniveau des Drohenden vermuten. Und offenbar ist er schlecht informiert: Sowohl bei Herrn Endler als auch bei Frau Berg handelt es sich um Pflichtverteidiger, die vom Gericht zugewiesen worden sind – sie machen das nicht freiwillig.
Ein Angeklagter kann bis zu drei Verteidiger haben. In der Regel ist es allerdings nur einer. Emil S. bekam zwei Verteidiger zugeordnet, weil es bei dem Prozess, der über 23 Verhandlungstage geführt werden soll, zu Terminkollissionen kommen kann. Die Verteidigung muss immer durch wenigstens einen Anwalt gewährleistet sein.
Es ist leider traurige Realität, dass auch in Deutschland unschuldige Sündenböcke für die Vergehen anderer verurteilt wurden – insbesondere dann, wenn der Erfolgsdruck, einen Täter festzustellen, besonders hoch ist.
Fakt ist auch, dass die Mannheimer Polizei bei ihren Ermittlungen zweifelhafte Methoden angewendet oder zumindest grob fahrlässige Fehler gemacht hat. Dem Angeklagten droht eine lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung.
Einen Unschuldigen einzusperren, wäre ein Skandal. Eine Verteidigung, die alles, was ihr möglich ist, tut, ist also essentiell, um Willkürjustiz zu vermeiden und die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten.
Strafverteidiger Maximilian Endler glaubt dem Vernehmen nach selbst nicht an die Unschuld seines Mandanten. Als ich ihn etwas zu rechtswidrigen Vernehmungsmethoden der Mannheimer Polizei fragte, sagte er:
Die Protokolle der Befragungen dürfen jetzt nicht mehr als Beweismaterial verwendet werden. Muss erst ein schuldiger Täter wegen mangelhafter Beweise freigesprochen werden, damit die Polizei aus ihren Fehlern lernt und ihre Arbeit ordentlich macht?
Er tue als Pflichtverteidiger alles, was ihm im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit möglich ist, um dem Angeklagten eine faire Verhandlung zu ermöglichen. Die Art wie er das tut, ist manchmal aufbrausend. Wenn er Zeugen befragt, die Widersprüchliches aussagen, begegnet er ihnen auch schon mal zynisch. Oft hat man den Eindruck, er glaubt ihnen kein Wort. Er macht seine Arbeit im Sinne der Rechtsstaatslichkeit – Aussagen und Beweise müssen glaubwürdig sein, sonst sind sie in Zweifel zu ziehen oder dürfen keine urteilsbegründende Rolle spielen.
Mindestens eine Person empfindet das wohl als „Verlachen des Gerichts“. Ich finde es manchmal ebenfalls etwas anstengend – aber immer auch engagiert.
Frau Berg sagte mir, es sei nichts allzu Seltenes, dass Verteidigern gedroht wird – vor allem dann, wenn es um so emotionale Fälle geht und der Täter schon festzustehen scheint. Dass die Drohendenden ihre Taten tatsächlich umsetzen werden, hält sie für unwahrscheinlich. Man wolle sie wohl eher einschüchtern:
Wenn uns wirklich jemand töten wollte, dann würde er das nicht ankündigen. Wieso in Kauf nehmen, dass die Sicherheitsvorkehrungen erhöht werden?
Dennoch zeigte sich Maximilian Endler etwas besorgt:
So etwas ist mir noch nicht passiert. Da draußen laufen genug Verrückte rum. Also besser vorsichtig sein.