Mannheim/Rhein-Neckar, 14. Mai 2014. (red/ms) Als Gabrieles Leichnam am 04. Oktober aufgefunden wurde, fand noch in der selben Nacht eine Untersuchung des toten Körpers statt. Die zuständige Gerichtsmedizinerin wurde am Dienstag im Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder als Zeugin vernommen. Ihre Aussagen helfen leider wenig, den Tathergang zu rekonstruieren. Wenig ist sicher, über vieles wird spekuliert.
Von Minh Schredle
Eine Gerichtsmedizinerin über ihre Arbeit reden zu hören, war für mich ein wenig verstörend. Für sie ist es ganz normal über eine schrecklich entwürdigte Leiche zu reden. Als sie zu den Richtern vorgeht und ihnen die Bilder vom Leichnam zeigt, verziehen sie allesamt die Mienen. Sie selbst bleibt aber ganz ruhig und redet über die Wunden und Verletzungen von Gabriele Z. wie andere Leute über das Wetter.
Ein genauer Tathergang könne durch die Verletzungen nicht rekonstruiert werden. Da am Leichnam weder Würgemale noch Fingernagelabdrücke am Hals festgestellt worden sind, sei es sehr wahrscheinlich, dass der Täter Gabriele nicht mit den Händen, sondern ausschließlich mit ihrem Schal stranguliert habe.
Leistete Gabriele Widerstand?
Gabrieles Körper liefere keinerlei Anzeichen dafür, dass sie sich gewaltsam zur Wehr gesetzt habe. Auszuschließen sei es aber nicht. Kollegen des Angeklagten hatten geschildert, Emil S. habe in den Tagen nach der Tat eine Verletzung an seinem Finger gehabt, die ihn deutlich am Arbeiten gehindert hat.
Sollte diese Verletzung von Gabriele stammen, wäre es wahrscheinlich, dass sie sie dem Angreifer zugefügt hat, bevor er sie würgte. Bei einer kraftvollen Strangulation trete die Bewusstlosigkeit binnen Sekunden ein, sagte die Gerichtsmedizinerin.
Demnach ist denkbar, dass der Täter zunächst ein anderes Ziel hatte als sie zu ermorden – etwa ihre Handtasche. Möglicherweise hat Gabriele geschrien und sich zur Wehr gesetzt, bis er sie gewaltsam zum Schweigen brachte. Das ist aber alles nur spekulativ:
Mit Sicherheit lässt sich hier nichts sagen.
Es sei ebenfalls unklar, wie lange der Angreifer Gabriele gewürgt hat. Bis der Hirntod eintritt, dauere es etwa zehn Minuten, die die Sauerstoff Zufuhr unterbrochen sein muss. Ihr Schal war mehrmals um ihren Hals geschlungen und sehr fest zugezogen. Die Gerichtsmedizinerin sagte:
Ich halte es für unwahrscheinlich, dass der Druck auf den Hals ausreichen würde, um jemanden umzubringen, wenn man nicht die ganze Zeit an beiden Schalenden zieht. Auszuschließen ist es aber nicht.
Im Schambereich der Leiche fanden sich Spermaspuren. Darüber, ob eine Penetration stattgefunden hat, kann laut Aussage der Gerichtsmedizinerin nur spekuliert werden. Verletzungen im Genitalbereich gab es keine. Der Großteil des Ejakulats befand sich auf den Schamhaaren und Schamlippen – geringe Mengen waren aber auch im Innenbereich zu finden:
Beides ist möglich. Es sah aber eher nicht nach einem gewaltsamen Eindringen aus.
Der genaue Tatzeitpunkt wurde nie festgestellt. Zwar sei dies immer noch möglich, ihn anhand der Temperaturen von Leiche und Tatort, die damals dokumentiert wurden, zu ermitteln. Allerdings habe man das noch nicht gemacht. Als Beobachter frage ich mich: Warum wurde das nicht längst gemacht?
Die Gerichtsmedizinerin untersuchte den Angeklagten noch am gleichen Tag, als er am 19. Oktober festgenommen wurden. Daraus ergaben sich keinerlei Anzeichen, dass Emil S. Alkohol, Medikamente oder sonstige Drogen zu sich nahm. Er sei ein gesunder Mann, sagte sie. An einem Arm habe er allerdings eine auffällige Verletzung gehabt, die daher kommen könnte, dass „jemand mit einer Schere versucht hat, durch seine Jacke zu stechen„.
Speichelprobe wirklich freiwillig?
Sie war es ebenfalls, die dem Angeklagten eine Speichelprobe entnahm. Ob dies korrekt ablief, ist zweifelhaft. Angeblich habe er es freiwillig getan, nachdem man ihn über seine Rechte belehrt habe. Allerdings spricht die Gerichtsmedizinerin weder türkisch noch bulgarisch. Daher habe ein türkischer Kollege per Telefon ihre Belehrung übersetzt.
Da die Verteidiger diese Schilderung nicht für glaubwürdig hielten, beantragten sie die Ergebisse der medizinischen Untersuchung, so wie die DNA-Gutachten, die auf der Speichelprobe basieren, nicht in die Beweisaufnahme mit aufzunehmen. Der Antrag wurde abgelehnt. Laut Richter Meinerzhagen gebe es „keinen Grund zu zweifeln“.