Mannheim/Rhein-Neckar, 14. Mai 2014. (red/ms) Die menschliche DNA ist wie ein Fingerabdruck, der nicht nur von Fingern hinterlassen wird – jede einzelne Zelle unseres Körpers beinhaltet Informationen durch die man zweifelsfrei identifiziert werden kann. Emil S. ist wegen Mordes an der 20-jährigen Gabriele Z. angeklagt. In seiner Wohnung fanden sich Gegenstände der Getöteten. An ihrem Leichnam fanden sich seine DNA-Spuren. Eine Verwechslung ist „so gut wie unmöglich“.
Von Minh Schredle
Haare, Hautzellen, Speichel, Sperma, Urin – mikroskopische Mengen davon reichen, um einen Menschen anhand seiner DNA identifizieren zu können. Die Kombinationen, in denen sich die Basenpaare der Desoxyribonukleinsäure (DNS, meist DNA genannt, A für das englische Acid) anordnen, sind bei fast jedem Menschen einzigartig – die Möglichkeiten sind nahezu unendlich.
Am Leichnam von Gabriele Z. wurden Spermaspuren gefunden. Bei genaueren Untersuchungen konnten an ihrer Kleidung und ihrem Körper aber auch noch die Hautzellen anderer Personen festgestellt werden. Vor Gericht sagten drei Diplom-Biologen aus, die das DNA-fähige Material untersucht haben.
Reinspuren sichere Identifikationsmöglichkeit
Es gab Mischspuren und Reinspuren: Mischspuren nennt man diejenigen Spuren, in denen sowohl die DNA des Opfers, als auch die von mindestens einem Fremden enthalten sind. Als Reinspuren werden diejenigen bezeichnet, die ausschließlich zu einer Person gehören.
Mischspuren sind etwas unverlässlicher, weil sie mehrere Kombinationsmöglichkeiten ergeben. Trotzdem können mit gutem Quellmaterial sehr sichere Aussagen getroffen werden. Mit Reinspuren ist eine Verwechslung aller Wahrscheinlichkeit nach auszuschließen.
An Kleidungsstücken von Gabriele konnten mit Hilfe von Abstrichen Hautzellen entnommen werden, die eindeutig einer einzelnen Person zuzuordnen waren. In den Datenbanken ergab das so genannte DNA-Identifizierungsmuster jedoch keinerlei Treffer – es handelte sich also um einen bislang Unbekannten.
Eine DNA – zwei Opfer
Es gab jedoch einen Spur-Spur-Treffer: Als im August eine Frau in Speyer überfallen und zusammengeschlagen worden war, setzte sie sie sich mit allen Mitteln zur Wehr. Unter ihren Fingernägeln lies sich DNA-fähiges Material sicherstellen. Die Proben waren identisch – es handelt sich also in beiden Fällen um denselben Täter.
Als Emil S. am 19. Oktober 2013 festgenommen wurde, entnahm ihm die Polizei noch am gleichen Tag eine Speichelprobe. Angeblich hat er diese freiwillig gegeben, doch daran bestehen Zweifel. Diese wurde vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg in Stuttgart untersucht.
Die Probe stimme mit den Spuren überein. Eine Verwechslung sei so gut wie unmöglich, erklärt ein Diplom-Biologe:
Wenn Sie den Test mit einer zufälligen Person durchführen würden, läge die Chance, dass die beiden DNA-Muster komplett übereinstimmen, statistisch gesehen bei etwa 1 zu 273.000.000.000.000.000.000.000.
Rein theoretisch sei es denkbar, fährt der Gutachter fort, dass irgendein anderer Mensch das gleiche DNA-Muster haben könnte. Schließlich handle es sich eben nur um einen statistischen Wert.
Aber selbst wenn es so jemanden geben sollte, was enorm unwahrscheinlich ist, kann man eigentlich ausschließen, dass der Täter jemand anderes als der Angeklagte ist – schließlich wurden Gabrieles persönliche Gegenstände in seiner Wohnung gefunden.
Verwechslung ausgeschlossen
Bei dem Übergriff in Speyer sieht der Sachverhalt ähnlich eindeutig aus. Für die Untersuchung war ein Biologe des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz in Mainz zuständig. Er gibt die Wahrscheinlichkeit mit der die DNA vom Angeklagten stammt, mit etwa 99,9999999999 Prozent an. Oder anders gesagt:
Es ist ungefähr 8 Trillionen Mal wahrscheinlicher, dass die Spuren von Emil S. stammen als von einem beliebigen anderen.
Da die Frau aus Speyer angab, den Angeklagten nicht zu kennen, kann man sich nur schwer vorstellen, wie seine DNA unter ihre Fingernägel gelangt sein könnte, außer dass es sich bei ihm um den Angreifer handelt.
Keine absolute Sicherheit in Grünstadt
Weniger aufschlussreich war das Gutachten zu den Angriffen auf die minderjährigen Mädchen aus Grünstadt: Zwar befand sich an der Schere, die Vanessa K. zur Verteidigung eingesetzt hatte Blut – allerdings war es nur ihr eigenes. An ihrer Jacke ließen sich jedoch fremde DNA-Spuren feststellen – die allerdings nur als Minimalspuren verwendet werden konnten.
Die Menge an Material war zu gering, um eine wirklich sichere Aussage zu treffen. Nicht alle Merkmale des DNA-Identifikationsmusters des Täters ließen sich finden. Aber immerhin einige. Laut dem Sachverständigen sei es „ein guter Hinweis“, dass die Spuren von dem Angeklagten stammen. Aber mit Sicherheit könne man hier keine Aussage treffen.
Doch wurde die Tasche des eines Mädchens in einer Mülltonne gefunden, die zur Wohnung des Angeklagten gehört, gefunden. Klar, es ist nicht auszuschließen, dass ein anderer im Besitz der Tasche war und sie weggeworfen hat. Sicher beweisen kann man also nicht, dass Emil S. sie in den Müll gestopft hat. Die Mädchen konnten den Angeklagten auch nicht mit absoluter Sicherheit identifizieren bei ihrer vorangegangenen Vernehmung identifizieren, aber doch mit einer hohen.
Viele Indizien weisen auf den angeklagten Emil S. als Täter hin, ein zweifelsfreier Nachweis aber ist nur über die DNA-Spur seines Spermas in der Schamgegen des Mordopfers erbracht. Und sicher wird niemand behaupten wollen, jemand habe sich seines Spermas bemächtigt und eine falsche Spur gelegt.