Mannheim, 09. März 2019. (red/pro) Die Causa Turley entwickelt sich zum Show-down zwischen der Stadt Mannheim und deren Tochterunternehmen MWSP sowie der Lokalzeitung Mannheimer Morgen. Wer lügt, wer sagt die Wahrheit? Doch das betrifft nicht nur diese beiden Spieler. Auf der Bühne stehen auch die Investoren und die Lokalpolitik sowie konkret sechs Aufsichtsräte. Das große Theater ist kein Unterhaltungsstück – hier geht es ums Eingemachte: Redlichkeit. Also nicht nur um Geschäfte, sondern um Ehre und Ansehen. Die Lage ist derart zugespitzt, dass diese ohne persönliche Konsequenzen nicht mehr zu heilen sein wird.
Kommentar: Hardy Prothmann
Die Lokalzeitung Mannheimer Morgen hat vor einer Woche einen Frontalangriff auf die Integrität des Oberbürgermeisters Dr. Peter Kurz (SPD) sowie Achim Judt gestartet. Herr Judt ist seit 2017 operativer Geschäftsführer der MWSP, diese eine Tochtergesellschaft der Wohnungsbaugesellschaft GBG und 100 Prozent in städtischer Hand. Die MWSP wurde gegründet, um das Megaprojekt Konversion früherer Militärflächen in Mannheim zu bewältigen. Im Zuge der Konversion werden Milliarden Euro an Investitionen getätigt. Deutschlandweit handelt es sich um das größte städtebauliche Entwicklungsprojekt. Für eine mittlere Großstadt wie Mannheim ist das Projekt Konversion mindestens eine Jahrhundertherausforderung.

Konversionsfläche Turley – gibt es einen Immobilienspekulationsskandal oder nicht?
Krimineller Eindruck
Der Chefredakteur des Mannheimer Morgen, Dirk Lübke, wirft aktuell der Stadt und MWSP „Mauscheleien“ und „Politik nach Gutsherrenart“ vor. Es müsse Schluss sein mit dem „Schweigen“, gibt sich der Journalist kämpferisch.
In einer doppelseitigen Veröffentlichung präsentierte die Zeitung Ergebnisse einer „wochenlangen Recherche“, in der neue Investoren auf der Entwicklungsfläche Turley im Baufeld IV und V in die Nähe von Geldwäschern und Steuerbetrügern, also Kriminellen gerückt werden. Weiter wird der Eindruck vermittelt, dass Stadt und MWSP nicht so genau wissen wollten, was die Zeitung angeblich aufdeckt – einen vermeintlich unanständigen Spekulationsskandal mit Immobilien zu Lasten und Schaden der Gemeinde, also aller Bürgerinnen und Bürger.
In der Ausgabe vom 07. März 2019 legt Herr Lübke nach. Im Artikel „Turley und die biegsamen Worte“ zitiert er ohne Namensnennung ein oder mehrere Mitglieder des Aufsichtsrats in wörtlicher Rede, der Aufsichtsrat habe sich am 10. Dezember 2018 nicht mit den Baufeldern IV und V und einer Veränderung der Eigentümerstruktur befasst und kontrastiert dies mit Aussagen des städtischen Sprechers Ralf Walther:
Über den aktuell bekannten Stand der Veränderung auf der Eigentümerseite wurde zuletzt im Aufsichtsrat der MWSP am 10. Dezember berichtet.“ So lautet die Antwort eines Stadtsprechers auf eine Anfrage dieser Zeitung vom Montag dieser Woche. Die Aussage entspricht jedoch so gar nicht dem, was aus dem Aufsichtsrat kommt. „Nein, da wurde gar nichts besprochen, und wir wurden auch nicht informiert; auch nicht in Sitzungen vorher“, heißt es aus Kreisen des Gremiums, das über das Tun der städtischen Projektentwicklungsgesellschaft (MWSP) zu wachen hat.
Was Herr Lübke als „Kreise“ bezeichnet, ist konkret eine überschaubare Zahl von sieben Personen. Im Aufsichtsrat sitzen für die SPD Prof. Dr. Heidrun Kämper, Reinhold Götz, für die CDU Claudius Kranz, Konrad Schlichter, für die Grünen Raimund Fojkar und für die Mannheimer Liste/Freie Wähler Roland Weiß sowie natürlich der Vorsitzende Dr. Peter Kurz (SPD). Nach Darstellung der Zeitung muss sich mindestens eine dieser Personen gegenüber der Zeitung wie anonym zitiert geäußert haben. Aufsichtsräte sind aber zur Verschwiegenheit über die in den Sitzungen behandelten Angelegenheiten verpflichtet – außer das Gremium beschließt das Gegenteil oder der Vorsitzende erteilt Öffentlichkeit.
Eine Person scheidet als „Hinweisgeber“ aus, das ist der Oberbürgermeister, denn dessen Redlichkeit wird erheblich und massiv angegriffen. Es bleiben also sechs Aufsichtsräte übrig und diese werden somit zu Tatverdächtigen.
Todsünde des investigativen Journalismus
Herr Lübke hat damit die absolute Todsünde des investigativen Journalismus begangen, indem er seine mutmaßliche Quelle in erhebliche Gefahr bringt – sofern es diese überhaupt gibt und er sich das anonyme Zitat nicht nur als Fake News ausgedacht hat. Nach der aktuellen Lage muss mindestens einer der Aufsichtsräte sich wörtlich gegenüber dem MM geäußert haben. Denn es gibt keine „Kreise“, sondern nur eine überschaubare Zahl von sechs Personen. Oder es ist eben eine reine Erfindung – relotiusiert sozusagen.
Damit setzt Herr Lübke jede dieser Personen der Frage aus: Wer ist der Lügner? Denn nach meinen Recherchen wird bewiesen werden können, dass das anonyme Zitat eine Lüge ist, denn der Aufsichtsrat wurde informiert (sollte dieser Nachweis nicht erbracht werden können, würde sich die Lage erheblich zu Lasten von OB Dr. Kurz und der Geschäftsführung verschärfen).
Ich werde diese sechs Personen selbst dazu anfragen und ich gehe davon aus, dass jede Person bestreiten wird, ein Lügner zu sein. Der Makel wird aber trotz Beteuerung allen anhaften, sollte man Herrn Lübke und dem Mannheimer Morgen Glauben schenken – denn dann muss zwangsläufig eine der Personen sich wie wörtlich zitiert geäußert haben und damit ein Lügner sein. Das heißt: Ab sofort steht jedes der sechs Aufsichtsratsmitglieder im Verdacht, der Lügner zu sein.
Vertrauen zerstört
Was Herr Lübke erzeugt hat, ist das, was man klassischerweise als Diffamierung und Denunziation von „Minderheiten“ beschreibt. Einer kleinen, identifizierbaren „Minderheit“ werden üble Dinge nachgesagt. Auch wenn es nur einen betreffen sollte oder keinen – alle haben den Schaden. Zudem zerstört diese Art der Berichterstattung das Vertrauen in die Redlichkeit staatlichen Handelns ohne jeden Beleg – eine Steilvorlage für alle „Systemkritiker“, kommen sie extrem von links oder rechts.
Es gibt Lösungen für dieses Dilemma. Die entsprechende Person tritt vor, gibt sich zu erkennen und dankt ab. Gesellschaftlich wäre sie damit erledigt und kann den eigenen Ruf immerhin dadurch einigermaßen retten, indem man den Fehler zugibt und sich zurückzieht. Eine andere Lösung ist, es kommt durch andere Umstände heraus, wer die Person ist – sofern es sie überhaupt gibt – dann folgt ein Fanal. Die Ehre wäre unwiederbringlich zerstört. Die dritte Variante ist, dass Herr Lübke seine Quelle offenbart. Doch das wird er nicht tun, denn dann wäre er der Verräter.
Die vierte Variante ist: Herr Lübke, auch das ist denkbar, wird, nachdem er sechs Personen unter Generalverdacht gestellt hat, so tun, als sei er der Hüter des „Quellenschutzes“ und der Verteidiger des „investigativen Journalismus“. Tatsächlich sind Leute wie er die Totengräber derselben.
Wenn die MWSP nachvollziehbar darstellen kann, dass dieses anonyme Zitat eine Lüge ist – davon gehe ich nach meinen Recherchen aus – gibt es entweder einen Lügner in diesem kleinen Kreis und Herr Lübke hat der Lüge den Teppich ausgebreitet oder Herr Lübke hat einen Lügner als Fake News erfunden.
Herr Lübke hat damit die Büchse der Pandora geöffnet. Er hat mit diesem anonymen Zitat – ob es tatsächlich geäußert wurde oder nicht – jegliche vertrauliche Zusammenarbeit im Aufsichtsrat der MWSP unüberwindbar zerstört. Weder der Aufsichtsratsvorsitzende noch die Geschäftsführer Achim Judt und Karl-Heinz Frings können seit dieser Veröffentlichung darauf vertrauen, dass dieses Gremium seinen Aufgaben verantwortlich nachkommt. Jede der sechs Personen muss fortan als tatverdächtig gelten.
Erhebliche Konsequenzen
Ganz egal, ob es den Lügner gibt oder nicht, müsste zur Heilung der Situation der komplette Aufsichtsrat abtreten und damit neuen Mitgliedern und der Geschäftsführung einen Neustart ermöglichen, um vertrauensvoll miteinander umgehen zu können. Doch selbst das würde einen denkbaren Makel bei jeder der sechs Personen nicht endgültig beheben.
Es gibt eine andere Lösung: Die MWSP kann Herrn Lübke auffordern, zu belegen, was er wörtlich zitiert hat. Damit müsste er Ross und Reiter nennen. Das wird er nicht tun. Denn entweder müsste er eine Person ans Messer liefern oder sich selbst, in dem er eingesteht, selbst gelogen zu haben.
Doch aus der Nummer kommt Herr Lübke nicht mehr heraus – wenn er gelogen hat, ist er als Chefredakteur des MM untragbar und wenn er auf einen Lügner hereingefallen sein sollte, ebenfalls. Außer, er leistet Abbitte und teilt mit, dass er diesen maßgeblichen Vorwurf, auf dem all seine Vorwürfe von „Mauscheleien“ und „Gutsherrenart“ beruhen, nicht einwandfrei überprüft habe. Das wäre das Eingeständnis eines massiven Fehlers, der aber zu groß ist, um weiter einer Zeitungsredaktion vorzustehen.
Herr Lübke sollte gehen – auch im Sinne der Kollegen, die ordentlich arbeiten und sich weder auf Gerüchte einlassen und diese ungeprüft kolportieren, noch Zitate erfinden, um Stories „anzuspitzen“.
Es gibt eine Währung, die für Journalismus existenziell ist: Glaubwürdigkeit. Das gilt auch für die Politik.
Herr Lübke hat den Show-down herausgefordert – er muss liefern. Kann er das nicht, ist er erledigt. Bleibt er Chefredakteur, ist es die Zeitung auch.
Hinweis: Am Montag, 11. März 2019, wird der Aufsichtsrat der MWSP sich das nächste Mal beraten. Das wird nach unserer Einschätzung eine harte Sitzung werden, in der auch harte Worte fallen werden. Welche Beschlüsse gefasst werden, ist unklar – klar ist, dass es eindeutige Informationen geben muss, die die aktuelle Gerüchtelage einordnen. Möglicherweise gibt es direkte personelle Konsequenzen. Möglicherweise auch Strafanzeigen. Klar ist auch: Die Lokalzeitung Mannheimer Morgen hat aktiv im Kommunalwahlkampf ein Thema gesetzt, das Brisanz hat – aber möglicherweise eine andere, als die Zeitung geplant hat. Lassen wir uns überraschen.
Hinweis: Sie können davon ausgehen, dass andere Medien in der Region keine kritische Haltung gegenüber dem MM als lokalem Monopolisten einnehmen werden – dafür kennt man sich zu gut und will sich keine Probleme machen. Der MM ist Kunde von dpa und dpa wird den Teufel tun, kritisch zu berichten. Rheinpfalz und RNZ haben sich mit dem MM Gebiete aufgeteilt und werden den Teufel tun, sich gegenseitig Probleme zu machen. Der SWR fällt auch aus, das RNF gehört zur Gruppe des MM, ebenso private Radiosender. Merken Sie was? Die Frage, wer Medien kontrolliert und sich kritisch verhält, bleibt damit nicht offen. Das RNB verhält sich kritisch zu allen Personen, Institutionen oder Unternehmen, über die berichtet wird. Und das immer hintergründig. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal.
Hinweis: Nein – es gibt keine „Beziehungen“ und auch „keine offenen Rechnungen“ zwischen Herrn Lübke, dem MM und Hardy Prothmann. Dieser war von 1991-1994 als freier Mitarbeiter für diese Zeitung tätig und seither gibt es keine Berührungspunkte mehr. Herr Lübke kam 2014 zum Mannheimer Morgen. Herr Lübke und Herr Prothmann haben sich zwei Mal auf Veranstaltungen persönlich getroffen, sonst gab es keinen wesentlichen Austausch. Der MM hatte Hardy Prothmann vor einigen Jahren verklagt und vollumfänglich vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe verloren.
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