Rhein-Neckar/Berlin, 29. August 2020. (red/pro) Wenn am Samstag, den 29. August 2020, sich in Berlin angemeldet rund 20.000 Menschen versammeln, kann das friedlich passieren, doch das wollen weder gewisse Politiker noch zahlreiche Medien. Also schreibt man – entgegen aller bisherigen Informationen – eine Gewalteskalation herbei und motiviert damit Extremisten von links bis rechts, es ordentlich knallen zu lassen.
Kommentar: Hardy Prothmann
Als sich am 16. Mai 2020 rund 400 Menschen auf dem Marktplatz in Mannheim zu einer Demonstration „für die Grundrechte“ versammelten, befanden sich unter diesen Personen auch klar als Rechtsextreme zu erkennende Personen. (Siehe unseren Text: „Nur schwer zu ertragen„).
Als sich am 18. Juli 2020 rund 1.300 Menschen auf dem Ehrenhof des Mannheimer Schlosses bei einer „Querdenken“-Demo versammelten, konnte man wieder ein paar offenkundig Rechtsextreme ausmachen – sehr vereinzelt. (Siehe unseren Text: „Framing gegen Querdenken„).
In beiden Fällen gingen keine Aggressionen und schon gar keine Gewalttätigkeiten von den Demonstranten aus – im ersten Fall allerdings versuchten Linksextreme der Antifa, die Veranstaltung zu stören oder sogar Menschen anzugreifen. Die Polizei verhinderte das.
Es wird absurd, aber gefährlich
Als sich am 01. August in Berlin wieder Menschen bei einer Querdenken-Demo versammelten, wurde es absurd. Man stritt um Zahlen. Während manche behaupteten, es hätten sich mehrere hunderttausend Menschen versammelt, gar über eine Million, spielten andere die Zahl herunter. Laut „offizieller Mitteilung“ der Polizei waren es „nur“ 17.000 Teilnehmer – vollständig friedlich. Es gab keine Gewalt, keine Ausschreitungen.
Der Kampf um die Zahlen ging tagelang und wurde politisch und vor allem medial breit inszeniert, um die Querdenken-Bewegung massiv zu diskreditieren.
Für die Demo am 29. August 2020 meldete der Veranstalter Michael Ballweg 22.000 Menschen an. Die Versammlungsbehörde verbot diese Demo und siehe da – plötzlich bezifferte die Polizei die Zahl der Teilnehmer auf 30.000 Menschen, also fast das Doppelte der früheren „offiziellen“ Angabe. Das ist dann echt absurd und lässt an „offiziellen Angaben“ mehr als zweifeln. So vertun kann man sich nicht, außer, offizielle Angaben taugen nichts mehr und sind noch Propaganda.
Skandalöses Framing
Als die Demo verboten wurde, feierten viele Medien das geradezu, im beigefügten Framing ging es nie um die friedlichen Teilnehmer aus der Mitte der Gesellschaft, sondern es gab immer wieder Hinweise auf „Rechtsradikale“, die zweifellos in kleinster Zahl teilgenommen hatten und gezielt ausgesucht wurden, um alle (!) Teilnehmer zu skandalisieren und in die rechte Ecke zu packen.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat das Verbot aufgehoben. Äußerst interessant war die Äußerung des SPD-Innensenators Andreas Geisel:„Ich bin nicht bereit, ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird.“
Das ist ein politischer Skandal, weil der Mann friedliche Bürger, von denen in den vergangenen Monaten bei sehr vielen Demos im ganzen Land überhaupt keine Gefahr ausging, zu rechtsextremistischen Gewalttätern umdefinieren, „framen“, will und sehr viele Medien, ob öffentlich-rechtlicher Rundfunk oder Tageszeitungen, diesen Blödsinn mitmachen.
Richtig ist: Einige Medienvertreter haben irgendwann erkannt, dass das Verbot und dieses Framing möglicherweise falsch ist und sich richtig positioniert und dem Verbot in Kommentaren eine Absage erteilt. Erwartungsgemäß hat auch das Verwaltungsgericht Berlin entschieden und das Verbot aufgehoben.
Die Demo wird stattfinden
Die Versammlungsbehörde hat Einspruch eingelegt und nun muss das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entscheiden – ich gehe davon aus, dass der Einspruch keinen Erfolg hat. Wenn doch, würde das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klären müssen, ob das sehr wesentliche Grundrecht der Versammlungsfreiheit theoretischen Befürchtungen des Infektionsschutzgesetzes weichen muss. Auch hier erwarte ich, dass es kein Verbot geben wird.
Im Zuge der politisch-medialen Aufmerksamkeit sind natürlich auch rechtsextreme Kleinstparteien wie die NPD oder „Der III. Weg“ mit aufgesprungen und haben „mobilisiert“. So heißt es in sehr vielen Medien. Der Frage, wen und wie viele „Anhänger“ diese Rechtsextremen „mobilisieren“ können wird nicht gestellt. Es gibt überhaupt keine Einordnung dazu, dass es sich hier um ein verschwindend geringe Minderheit handelt. Klar, die ist gewaltbereit, aber politisch ohne jede Bedeutung. Ganz im Gegenteil zu der realen Gegebenheiten müssen viele Medienkonsumenten aber den Eindruck haben, als würde ein viertes Reich in greifbarer Nähe liegen.
Mobilisierte Medien
Über Mobilisierungen aus dem linksextremen Lager gibt es hingegen so gut wie keine Berichte. Und auch keine politischen Äußerungen. Denn die Gewaltbereitschaft der sogenannten „Antifa“ wird mittlerweile sogar innerhalb der CDU und FDP nicht mehr gerne thematisiert, denn wer gegen Antifa ist, ist automatisch ein Nazi und das will natürlich niemand sein.
Warten wir mal ab, von wem eine mögliche Gewalt ausgeht – in Berlin werden neben den Demonstranten tausende von Journalisten unterwegs sein, um irgendwelche Bilder einzufangen, die Gewalt von wem auch immer einfangen – um dann völlig undifferenziert die Lage so oder so darzustellen.
Andreas Geisel ist ein Populist
Andreas Geisel, der aufrechte Demokrat gegen Extremismus äußerte sich 2018 folgendermaßen: „Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sieht kein Problem darin, an Straßendemonstrationen teilzunehmen, bei denen auch Extremisten mitlaufen. Das sagte er im Rahmen der Fragestunde der Plenardebatte im Abgeordnetenhaus mit Blick auf die „Unteilbar“-Demo vom vergangenen Sonnabend. „Wenn ich als Demokrat gefordert bin, gehe ich auf die Straße“, sagte Geisel. „Und ich lasse mich nicht davon hindern, dass auch Extremisten die Möglichkeit nutzen, dort ihre Meinung zu sagen.“ Das berichtet die Berliner Morgenpost.
Aktuell berichtet dieselbe Zeitung: „Ich bin nicht bereit, ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird.“
Da stellt sich die Frage, welches Demokratie- und Bürgerverständnis Herr Geisel und die SPD haben? Wenn Herr Geisel demonstriert, akzeptiert er Linksextremisten, wenn „Querdenker“ demonstrieren, verbietet er diese „Bühne“, weil Rechtsextremisten mitlaufen könnten? Populistischer und agitatorischer geht es kaum.
Geiselhaft? Nö
Um eins klar zu stellen: Ich bin noch nie Mitglied einer Partei gewesen und ich bin noch nie Teilnehmer einer Demo gewesen. Ich akzeptiere, dass sich Menschen versammeln, um ein gemeinsames Anliegen zu „demonstrieren“. Da die Dinge aber meist sehr vereinfacht werden und in Wirklichkeit komplexer sind, kann ich mich keiner „Demo“ anschließen. Als Journalist sowieso nicht.
Und ich sympathisiere nie mit welchen Demonstranten auch immer, sondern ich berichte als Journalist, wer sich versammelt, was gefordert wird und was sich wann wo wie durch wen mit welchen Folgen ereignet.
Es wird immer wieder versucht, mich in Geiselhaft zu nehmen – mal bin ich ein Linker, mal ein Nazi, wie es den jeweiligen Lagern halt gefällt.
Michael Ballweg hat mobilisiert – Oberbürgermeister wird er nicht
Feststellen kann ich auf Basis meiner Recherchen, dass der Querdenken-Initiator Michael Ballweg (46), ein IT-Unternehmer, nicht den Sturm auf Berlin plant, sondern Oberbürgermeister in Stuttgart werden will.
Es ist ihm gelungen, in erheblicher Weise Menschen zu mobilisieren – wegen der Corona-Krise. Ob ihm das lokalpolitisch ein Fundament gibt, in einer „grünen“ Stadt wie Stuttgart eine Oberbürgermeisterwahl zu gewinnen, bezweifle ich massiv.
Die „Querdenker“-Bewegung hat er geschickt organisiert. Das kann man erstmal als „Leistung“ anerkennen. Extremistische Motive sind bislang nicht erkennbar. Er distanziert sich, teils auch genötigt, von Extremisten – andererseits hat er auch erreicht, dass eben nicht die „üblichen Verdächtigen“ den Ton angeben, sondern Menschen sich versammeln, die noch nie auf einer Demo waren und die eines eint – eine hohe Unzufriedenheit mit den politischen Maßnahmen zur Corona-Krise, was absolut legitim ist.
Mit dieser Einschätzung mache ich mich nicht zum Teil dieser Bewegung – sondern teile mit, was ich beobachte, feststellen und einordnen kann.
Wenn Politik und Medien Gewalt wollen, werden sie Gewalt ernten
Meine Analyse ist: Wenn das Framing so weitergeht und interessierte Kreise aus extremen Lagern von links bis rechts versuchen, diese Protestbewegung zu vereinnahmen, könnte es streng werden. Denn dann könnten aus bislang „empörten und besorgten Bürgern“ Menschen werden, die nicht nur staatliche Maßnahmen ablehnen, sondern sich so oder so rum radikalisieren, weil sie jedes Vertrauen in staatliches Handeln verlieren.
Das rot-rot-grüne Berlin ist zwar Hauptstadt, aber kein Vorbild für dieses Land. Berlin ist arm, aber reich an Skandalen, Versagen und eben ein miserables Vorbild für das ganze Land. In keiner anderen Stadt gibt es mehr Hass und Hetze, während man die Mär von einer bunten Gesellschaft erzählt.
Meine Sorge ist, dass die verantwortlichen politischen Kräfte und auch die exekutiven der Polizei, überhaupt nicht an einer friedlichen Demonstration interessiert sind, sondern das inszenieren wollen, was spaltet, statt ein: Gewalt.
Exemplarisch dazu eine Überschrift aus der FAZ. Da habe ich den Eindruck, dass man sich geradezu einen „abrubbelt“, damit es soweit kommt. Das Framing ist gesetzt. „Ausarten“. Was für ein Wort. Was folgt dann? „Abartig“?
Offenbar wollen politische und mediale Kräfte Gewalt geradezu herbeischreiben – dann sind die Schlagzeilen entsprechend bluttriefend. Die FAZ befindet sich übrigens in guter Gesellschaft, auch die taz oder öffentlich-rechtliche Sender haben dieselben Gewaltphantasien.
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