Mannheim, 29. November 2014. (red/pro) Kommende Woche startet die CDU Mannheim mit ihrem Kreisparteitag am 04. Dezember eine Mitgliederbefragung zur BUGA 23. Da reibt man sich ein wenig die Augen – denn der Bürgerentscheid vom September 2013 zur BUGA ist zwar mit 50,7 Prozent Zustimmung sehr knapp ausgegangen, aber er ist für drei Jahre bindend. Angeblich will die CDU Basisdemokratie betreiben und zur „Mitmach-Partei Nr. 1“ in Mannheim werden. Tatsächlich müssen sich CDU-Mitglieder fragen, ob sie nicht vorgeführt werden.
Von Hardy Prothmann
14 Monate nach dem Bürgerentscheid zur BUGA 23 fragt die CDU Mannheim ihre Mitglieder:
Befürworten Sie eine Bundesgartenschau (BUGA) unter Einbindung des Landschaftsschutzgebietes „Au“?
Die Frage des Bürgerentscheids lautete:
Soll Mannheim zur nachhaltigen Entwicklung eines Grünzugs Nordost im Jahr 2023 eine Bundesgartenschau durchführen, die überwiegend auf dem Gelände der ehemaligen Spinelli-Kaserne und unter Einbeziehung einer maximal 16 Hektar großen Teilfläche der Feudenheimer Au unter Beibehaltung ihres Status als Landschaftsschutzgebiet stattfindet?
68.322 Wähler hatten mit Ja gestimmt, 66.369 Wähler mit Nein. Die Wahlbeteiligung lag bei 59,5 Prozent. Insbesondere Innenstadt/Jungbusch, Neckarstadt und Wohlgelegen hatten Zustimmungsraten von über 60 Prozent, während es in bürgerlichen Stadtteilen wie Feudenheim und Oststadt am wenigsten Zustimmung gab.
Mitgliederbefragung ohne rechtliche Bindung
Der neue Kreisvorsitzende Nikolas Löbel sowie der Fraktionsvorsitzende der Gemeinderatsfraktion Carsten Südmersen und die Stadträte Claudius Kranz, Steffen Ratzel, die Vorstandsmitglieder Egon Manz, Prof. Dr. Hans-Jörg Fischer und Oliver Althausen sind verantwortlich für die Mitgliederbefragung. CDU-Chef Löbel sagt: „Wir wollen ein basisdemokratisches Meinungsbild einholen“. Welche Konsequenz das haben soll, sagt er nicht. Auf seiner Internetseite ist nachzulesen: „Die Mitgliederbefragung hat laut CDU-Satzung keine rechtliche Bindung und stellt somit ein Meinungsbild auch für die kommunalen Mandatsträger dar, die laut Gemeindeordnung nur dem Wohle der Stadt und ihrem Gewissen verpflichtet sind.“
Das erweckt den Anschein, als könnten die Mitglieder das Verhalten der Stadträte bestimmen – Herr Löbel weiß sehr wohl, dass es keine imperativen Mandate gibt und alle Stadträte nur ihrem Gewissen verantwortlich sind. Die Befragung erweckt auch den Eindruck, als könnten sich die CDU-Stadträte gegen die BUGA-Entscheidung stellen. Dieser Eindruck ist falsch. Das Ergebnis des Bürgerentscheids ist bindend und CDU-Chef Löbel hat sich klar positioniert:
Die Bundesgartenschau ist eine große Chance zur nachhaltigen Stadtentwicklung. Gerade vor dem Hintergrund der Bewältigung der großen Herausforderung der Entwicklung der Konversionsflächen, kann eine Bundesgartenschau mit den Fördermitteln aus Bund und Land ein geeignetes Instrument zur nachhaltigen Verbesserung von Wohn-, Arbeits– und Verkehrsqualität in der Stadt sein. Daher hat die CDU Gemeinderatsfraktion schon vor Jahren auch mit eigenen Anträgen die Ausrichtung einer Bundesgartenschau beantragt und bisher konstruktiv begleitet.
Auch aus der Fraktion ist zu hören, dass die von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Verlegung der Straße Am Aubuckel als Riedbahnparallele die bevorzugte Variante ist. Auch im Flyer zur Mitgliederbefragung wird deutlich, dass diese Variante die geeignetste ist. Herr Löbel schreibt trotzdem:
Dennoch ist innerhalb der Mannheimer Stadtgesellschaft nach wie vor ein unüberhörbarer Dissens über die Sinnhaftigkeit einer Bundesgartenschau spür– und hörbar. Viele von der Stadtverwaltung vorgelegte Detailplanungen werden bisher eher kritisch gesehen. Aber auch die Höhe der notwendigen Investitionssumme stößt immer wieder auf Kritik. Daher möchte die CDU Mannheim trotz und gerade wegen des im September 2013 durchgeführten Bürgerentscheids und dessen knappen Ergebnis in der jetzigen entscheidenden Situation der Ausgestaltung einer Bundesgartenschau ein Meinungsbild der über 1.000 CDU Mitglieder einholen. Als Volkspartei können wir uns zutrauen, ein Abbild der breiten Bevölkerungsmeinung darzulegen.
Die Mär vom „Abbild der breiten Bevölkerungsmeinung“
Volkspartei? „Abbild der breiten Bevölkerungsmeinung“? Rund 1.000 Mitglieder zählt der CDU-Stadtkreisverand Mannheim. Nur 38,7 Prozent der 232.238 Wahlberechtigten wählten bei der Kommunalwahl. Das waren 89.833, davon haben rund 23.400 Mannheimer die CDU gewählt, die 26,1 Prozent erreichte. Die Zahl der CDU-Wähler entspricht also rund einem Zehntel der wahlberechtigten Bevölkerung. In einem kleinen Weiler mit 232 Bürgern wäre gerade mal ein Bürger CDU-Mitglied und 23 hätten die Partei gewählt. Das Durchschnittsalter liegt über 60 Jahre. Breite Bevölkerungsmeinung? Um das so zu sehen, braucht es viel Chuzpe. Davon haben Herr Löbel und der Kreisvorstand offenbar sehr viel.
Der CDU-Gemeinderatsfraktion ist es wichtig, zu wesentlichen Fragestellungen der BUGA, wie beispielsweise die Verlegung der Straße „Am Aubuckel“, das Meinungsbild der Mitglieder einzuholen, bevor die endgültige Entscheidung im Gemeinderat erfolgt.
Volksverdummung im schwarz-grünen Quadrat
Dieser Satz gehört getrost in die Kategorie Volksverdummung. „Endgültige Entscheidung“? Die ist mit dem Bürgerentscheid gefällt: Ja zur BUGA 23. Die Verlegung der Straße hat nichts mit dem Bürgerentscheid zur BUGA zu tun, sondern vielmehr mit der Frage eines durchgängigen Grünzugs Nordost – will man den oder will man den nicht? Mit der Straße ist das nicht zu haben. Der Einschnitt durch die Trasse, auf der täglich rund 20.000 Fahrzeuge unterwegs sind, macht zudem die Bereiche neben der Straße alles andere als zu einem „Naherholungsgebiet“.
Die CDU weiß auch sehr genau, dass die BUGA auf dem Spinelli-Gelände alleine niemals den Zuschlag bekommen hätte. Gerade der Geländesprung bildet den Reiz aus – und wie ein „Satellit“ Au über diese Straße erreicht werden soll, darauf gibt die CDU keine Antwort, weil es keine gibt. Es war von Anfang an klar, dass diese Straße nicht bleiben kann. Und wenn die CDU die Au aus der BUGA ausklammern will – verstößt sie gegen die Frage des Bürgerentscheids.
Doch die CDU ist mit ihren kuriosen Verhalten nicht alleine. Die Grünen haben sich selbst ein Bein gestellt, indem sie ihre Mitglieder im Juli 2013 vor dem Bürgerentscheid haben entscheiden lassen, dass eine Straßenverlegung nicht in Frage kommt. Mit diesem „cleveren“ Schachzug hatten sich innerhalb der Grünen die BUGA-Gegner durchgesetzt – so wollte man sich „für“ die BUGA zeigen, sie durch die Hintertür dennoch verhindern.“Alternativ“ schlägt man jetzt vor, die Straße ersatzlos zu streichen. Auch das ist Volksverdummung. Man kann 20.000 Fahrzeuge täglich nicht einfach in Luft auflösen:
Folgend dem Mitgliederbeschluss vom Kreisverband Bündnis 90 / DIE GRÜNEN vom 23. Juli vergangenen Jahres kann und wird die Riedbahnparallele von den GRÜNEN in Mannheim nicht mitgetragen werden. Der Kreisvorstand unterstützt dabei ausdrücklich die Forderung der Grünen Gemeinderatsfraktion auf einen ersatzlosen Verzicht auf die Straße am Aubuckel. Sowohl aus finanziellen, wie aus umweltpolitischen Gründen stellt diese Lösung die eindeutig beste Option dar, welche erneut im Rahmen eines großräumigen Verkehrskonzepts ernsthaft geprüft werden sollte.
Die erneute Prüfung gibt es jetzt. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) hat dies im Gemeinderat vorgetragen – der Vorschlag wurde mit großer Mehrheit angenommen. Die Ergebnisse werden in rund einem Jahr vorliegen – und was macht die CDU aktuell? Sie befragt ihre Mitglieder auf dem jetzt zwar aktuellen, aber in einem Jahr nicht mehr aktuellen Planungsstand. Die CDU war übrigens die Partei, die den Bürgerentscheid unbedingt zur Bundestagswahl wollte, während der OB lieber im Februar oder zur Gemeinderatswahl 2014 abstimmen lassen wollte, damit Planungsergebnisse vorliegen. Das wäre der Fall gewesen – sowohl von den Planungsgruppen mit Bürgerbeteiligung als auch das erste Verkehrsgutachen. Ob sich die CDU also als „bürgernahe Volkspartei“ darstellt oder nicht, mag jeder selbst entscheiden. Ebenso, ob die Grünen gut beraten sind, einen Grünzug Nordost inklusive der Straße Am Aubuckel vorantreiben zu wollen oder sich mit der Forderung nach der Streichung nicht als Utopisten darstellen.
Ein Kommentar auf der Facebook-Seite der CDU Mannheim von Stadtrat und Bundestagsabgeordnetem Prof. Dr. Egon Jüttner wurde jedenfalls wieder gelöscht:
Für mich ist diese „Mitgliederbefragung“ blanker Aktionismus.
Hat er sich selbst zensiert oder ein Seiten-Administrator der CDU? Auch dazu kann man sich denken, was man will.
Eine Anfrage vom 27. November zur Sinnhaftigkeit dieser Mitgliederbefragung hat die CDU-Kreisgeschäftsstelle nicht beantwortet.
Dokumentation: Die Erläuterung zur Mitgliederbefragung. Zum Vergrößern klicken.