Mannheim, 27. November 2014. (red/pro) Das Streitpotenzial ist raus aus den Themen „BUGA 23“ und „Straßenverlegung Am Aubuckel“. Die Mehrheit des Gemeinderats ist am Dienstag in seiner Sitzung dem Vorschlag des Oberbürgermeisters gefolgt, neue Gutachten erstellen zu lassen. Dieser Prozess wird sich bis Ende 2015 hinziehen. Damit spielen diese strittigen Themen keine Rolle mehr für die Oberbürgermeisterwahl im Juni 2015. Und Dr. Peter Kurz punktet: Er zeigt sich souverän und stellt das Gemeinwohl über eine einfache Mehrheit.
Von Hardy Prothmann
Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) erläuterte vor der Gemeinderatssitzung im Gespräch mit Journalisten die Situation. Die Gutachten zur Straßenverlegung und der ökologischen Aufwertung würden angezweifelt und damit entfalle die Chance auf Akzeptanz einer Entscheidung:
Wir hatten vor zwei Jahren eine 75 Prozent-Mehrheit, die ist nun weg. Bei einem so wesentlichen Projekt für die Stadt will ich keine 1-Stimme-Mehrheit. Deswegen werde ich vorschlagen, dass wir uns gemeinsam auf erneutes Verfahren einigen, sowie neue Gutachter. Ich bin offen für neue Erkenntnisse – ich erwarte aber auch Offenheit, falls sich die aktuellen Ergebnisse bestätigen.
Souveräner und gemeinwohlorientierter geht nicht. Der OB hätte eine Gemeinderatsmehrheit aus SPD und CDU-Stimmen für eine Verlegung der Straße Am Aubuckel an die Riedbahn gehabt. Aber er wählt nicht die Entscheidung, sondern sucht den breiten Konsens. Damit nimmt er den politischen Gegnern jeden Wind aus den Segeln. Die Vertreter der unterschiedlichen Positionen sind nun in der Pflicht.
Ausweg aus dem „Glaubenskrieg“
Er geht noch weiter, indem er Forderungen mit einschließt:
Nach meiner Auffassung sind die Ergebnisse eindeutig. Aber wir werden die verkehrlichen Aspekte weiträumiger betrachten lassen. Es ist egal, ob die Argumente gegen die Gutachten nur vorgeschoben oder ernst gemeint sind: Ich nehme sie ernst, sonst kommen wir aus diesem Glaubenskrieg nicht heraus.
Zeitlich erbringt die Verschiebung nach Auffassung des OB keinen Nachteil:
Eine Verlegung an die Riedbahn hat technisch keine Komplexität. Das ist einfach zu bewerkstelligen. Die Variante Dudenstraße könnte sehr schnell einen Zeitdruck erzeugen, denn dann müssten wir mit der Bahn verhandeln. Eine probeweise Sperrung der Straße ist ohne Begleitung nicht verantwortbar – dafür müssen die Grünen sich eine Mehrheit suchen, ich werde das nicht befürworten.

Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz nimmt den Dampf aus dem Kessel: Neue Gutachten durch neue Gutachter sollen zum Konsens führen.
Entscheidend sei die übergeordnete Frage: „Welchen Grünzug Nordost wollen wir?“
In der Sitzung beantragte die CDU eine Veränderung des Planungswettbewerbs, Christopher Probst (Mannheimer Liste) wollte ihn gar aussetzen, wenn keine Entscheidung zur Straßenverlegung erfolge. OB und Bürgermeister Lothar Quast wiesen darauf hin, dass man neben rechtlichen Problemen in diesem „hochformalisierten Verfahren“ auch in ein schiefes Licht gegenüber der Fachöffentlichkeit bringen würde. Der Wettbewerb geht davon aus, dass die Straße Am Aubuckel entfällt.
Für den 29. November ist ein Bürgerdialog mit den Planungsbüros terminiert. Für die neun Büros, die in der ersten Runde des Ideenwettbewerbs erfolgreich waren, beginnt dann die zweite vertiefende Phase des Wettbewerbs. Sie haben Zeit bis März 2015, dann müssen sie ihre überarbeiteten Vorschläge abliefern. Das Preisgericht wird diese im April nächsten Jahres begutachten. Der daraus hervorgehende Siegerentwurf wird dann Grundlage für die endgültige Planung des „Grünzugs Nordost/Bundesgartenschau 2023“ werden.
Das Preisgericht setzt sich aus zehn bundesweiten Experten aus den Bereichen Landschaftsplanung/Landschaftsarchitektur und Stadtplanung/Städtebau zusammen. Ergänzt wird es um Sachpreisrichter, unter anderem aus Politik und Verwaltungsspitze.
Ende des politischen Streits in Sicht
Für die bisherigen Gutachten und Planungen zur Verkehrssituation und der ökologischen Folgen, die nach Darstellung des OB bereits soweit entwickelt seien, dass sie fast „Planungsreife“ hätten, wurden bislang rund 600.000 Euro ausgegeben. Die neuen Gutachten würden wesentlich weniger kosten, da die Gutachter viele Elemente wie Vermessungen und Verkehrszahlen übernehmen könnten.
Carsten Südmersen (CDU) bezweifelte in der Sitzung, ob neue Gutachten ein anderes Bild ergeben könnten. Da die verkehrlichen Aspekte nun nach den Forderungen der Grünen großräumiger betrachtet werden sollen, ergibt sich allerdings eine andere Qualität. Und durch die konsensuale Festlegung auf Fragestellung und Gutachter wird sehr wohl ein anderes Ergebnis am Ende stehen: Werden die Gutachten bestätigt, sind Verwaltung und Fraktionen in der Pflicht, dies anzuerkennen – ebenso, wenn andere Ergebnisse herauskommen. Eine wesentliches Ergebnis wird auf alle Fälle eintreten: Das Ende des politischen Streits. Wer die neuerlichen Gutachten weiterhin bezweifelt, macht sich unglaubwürdig.
Wie sich die neue Situation auf die von der CDU geplante Mitgliederbefragung auswirken wird, ist ebenfalls offen. Auf unsere Anfrage an den Kreisvorstand haben wir keine Antwort erhalten.