Mannheim, 28. November 2017. (red/pro) Die Bilanzzahlen der Universitätsmedizin Mannheim lassen eine sehr ungute Entwicklung erahnen – bis 2015. Sollte sich das Missverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben 2016-2017 weiter vergrößert haben, dann ist es für einen Alarm möglicherweise schon zu spät. Dann muss man schmerzhafte Konsequenzen ziehen.
Kommentar: Hardy Prothmann
Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser. Bei der Durchsicht der Bilanzergebnisse der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) hat mich fast der Schlag getroffen.
Ein äußerlich gesundes Unternehmen der Daseinsfürsorge hat sich gut entwickelt und über die Jahre ein schönes Gewinnpolster ansparen können. Jedenfalls bis 2014. Ende 2014 kam der Hygieneskandal, der bundesweit Schlagzeilen machte. Wir konnten durch Recherche belegen, dass viele der Horrornachrichten großer Medien schlicht und einfach Fakenews waren. Trotzdem war der Ruf des UMM angeknackst und Patienten blieben aus.
Seither heißt es, deswegen habe es schwere Umsatzeinbußen gegeben. Doch das ist ebenfalls eine Fakenews. Bis 2014 wuchs der Umsatz, 2015 war er weitgehend stabil. Ob es 2016 und 2017 Umsatzeinbrüche gab, weiß ich nicht, weil mir die Zahlen nicht vorliegen. Eigentlich hätte der „Hygieneskandal“ wieder repariert sein müssen – die Jubelmeldungen über modernste Standards sollten das Vertrauen wiederhergestellt haben.
Dem Aufsichtsrat müssen diese Zahlen aus 2016 und 2017 aber vorliegen. Und der Aufsichtsrat muss Fragen gestellt haben, sonst ist er seiner Aufgabe nicht gerecht geworden (die Bezüge des Aufsichtsrats stiegen übrigens von knapp 46.000 Euro auf gut 59.000 Euro zwischen 2013-2015). Wie kann es sein, dass bei einem Personalzuwachs von nur 29 Personen bei rund 3.600 Mitarbeitern innerhalb von drei Jahren die Personalkosten um sage und schreibe 50 Millionen Euro steigen? Wegen tariflicher Anpassungen sicher nicht. Woher kommen all die anderen enormen Kostensteigerungen? Und mal angenommen, der Umsatz ist eingebrochen, wieso wurde dann nicht voll auf die Kostenbremse getreten? Niemand mit Verstand schafft sich eine Hightech-Garage an, wenn die Leute nur einen Ölwechsel wollen.
Was nützt der Stadt Mannheim ein hochmodernes Klinikum, wenn dies am Rande der Pleite agiert? Faktisch ist der Betrieb pleite. Schon Ende 2015 war die finanzielle Luft weg, wenn man den Bilanzbericht liest. 2016 und 2017 konnte man sich nur mit gut 65 Millionen Euro neuen Krediten über Wasser halten – wie die Zahlen dieser Jahre aussehen, ist, wie gesagt noch nicht öffentlich überprüfbar.
Die Stadt Mannheim wollte ab dem kommenden Jahr jährlich 10 Millionen Euro Zuschüsse zur Eigenkapitalbildung zahlen. Jetzt soll es doppelt so viel sein – ein Hinweis, dass es nicht um Eigenkapitalbildung geht, sondern das riesige Löcher gestopft werden müssen, insbesondere, weil man bei der UMM erst für 2021 von einer ausgeglichenen Bilanz ausgeht. Also nochmals 30-60 Millionen Euro, bis 2020, um Löcher zu stopfen?
Eigentlich soll die Klinikumsmitte bis 2015 ausgebaut werden. Dafür sind Kosten von 350 Millionen Euro im Gespräch, die Hälfte soll vom Land kommen. Jetzt mal ehrlich? Die UMM hat in den vergangen zwei Jahren mindestens 70 Millionen Euro Verlust gemacht, nach über 70 Millionen Euro Verlust 2014-2015. Durch Versilberung von Finanzanlagen und Aufbrauch der Gewinnvorträge waren das Ende 2015 immer noch 42 Millionen Euro Miese. Macht zusammen mindestens 112 Millionen Euro Verlust in vier Jahren. Plus nochmals 30-60 Millionen Euro, die eigentlich Eigenkapital bilden sollen, aber in den Schuldendienst fließen? Wie wollen die Stadt und die UMM rund 175 Millionen Euro für Neubauten aufbringen, wenn erst ab 2021 wieder eine schwarze Null geschrieben werden soll?
Es gibt bereits Vergleiche, dass die UMM das neue Sparkassendesaster für die Stadt Mannheim wird. Man soll den Teufel nicht an die Wand malen – aber unberechtigt ist diese Sorge nicht.
Richtig hingegen ist die Sorge bei der CDU und der Mannheimer Liste, dass man trotz positiv entwickelter Haushaltslage keine Gestaltungsspielräume an anderer Stelle mehr hat, wenn der Komapatient Klinikum alle finanzielle Fürsorge benötigt.
Mit großer Sicherheit ist die Übernahme des südhessischen Klinkikverbunds eine unternehmerische Fehlentscheidung gewesen, die erheblich zur Schieflage beigetragen hat. Auch hierzu muss es Fragen geben, die aufklären, wieso man dieses desaströse Invest getätigt hat? Gab es hier Vorteilnahmen?
Es muss auch gefragt werden, ob das Klinikum vielleicht gar nicht so gut dastand, wie man meinte und aktuell dringend benötigte Investitionen nachholt. Die Geschäftsführung ist hier in der Pflicht gegenüber der Öffentlichkeit, denn die Stadt Mannheim ist als Eigner ein öffentliches Unternehmen. Es muss begründet werden, warum für was Steuergelder ausgegeben werden.
Interessant ist auch die Frage, wofür die Berater eigentlich Millionen Euro erhalten haben? Um den Betrieb an die Wand zu investieren? Wartet schon irgendwo freudig ein Investor, wenn man letztlich doch Insolvenz anmelden muss? Denn soviel scheint klar: Die Rücklagen sind aufgebraucht, eine positive Geschäftsentwicklung ist nicht zu erkennen und damit gibt es auch keine Perspektive auf Investitionen – außer der Gemeinderat schüttet Millionen Euro in erheblicher Höhe hinterher.
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