Mannheim, 28. November 2017. (red/pro) Die CDU-Fraktion im Mannheimer Gemeinderat hat mit ihren 13 Mitgliedern eine Sondersitzung des Gemeinderats beantragt. Laut Geschäftsordnung erfüllt sie damit das notwendige Quorum. Die Stadt Mannheim gibt dem Antrag statt – die öffentliche Sitzung wird am 5. Dezember um 19 Uhr im Nachgang zum Hauptausschuss stattfinden. Einziger Tagesordnungspunkt: Der Finanzbedarf der Universitätsmedizin Mannheim GmbH (UMM).
Die CDU-Gemeinderatsfraktion sorgt sich um die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung im Klinikum und die Auswirkungen auf den städtischen Haushalt. Deshalb hat die Fraktion gemäß der Geschäftsordnung eine Sondersitzung des Gemeinderats gefordert, die kommende Woche Mittwoch, den 05. Dezember ab 19 Uhr stattfinden wird.
Wir sind sehr besorgt um die Zukunft des Klinikums. Seit Jahren haben wir im Aufsichtsrat vor dieser wirtschaftlichen Entwicklung des Klinikums gewarnt. Sowohl die wirtschaftliche als auch die strukturelle Ausrichtung des Hauses haben wir seit Jahren in der Sache kritisiert und Entscheidungen im Aufsichtsrat nicht mitgetragen. Auch personelle Entscheidungen bezogen auf die Geschäftsführung hielten wir für falsch und haben diese nicht mitgetragen. Wir haben das Haus seit Jahren auf einem Irrweg gesehen und dies immer sehr deutlich gesagt. Auch der damalige Rücktritt unserer Aufsichtsräte Wolfgang Pföhler und Dr. Jens Kirsch war unter diesen Gesichtspunkten zu sehen. Wir sahen das Klinikum auf einem falschen Weg und nun sehen wir uns leider bestätigt. Das Klinikum droht zu kentern, wenn wir jetzt nicht strukturelle Veränderungen vornehmen. Wir müssen verhindern, dass sich das Klinikum zur zweiten Sparkasse entwickelt. Wenn das überhaupt noch zu verhindern ist,
wird Claudius Kranz, CDU-Fraktionsvorsitzender im Mannheimer Gemeinderat, zitiert.
Weiterer Zuschussbedarf von sehr vielen Millionen Euro
Man stehe zwar uneingeschränkt zum Klinikum und zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ein Verkauf komme für die CDU nicht in Frage. Man habe auch die Bürgschaft für einen Kredit mitgetragen. Auf Nachrage habe man im September im Hauptausschuss von der Geschäftsführung die Auskunft erhalten, dass das UMM keine Liquiditätsengpässe habe und keine Zuschüsse benötige.
In der nicht-öffentlichen Gemeinderatssitzung vergangene Woche soll Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) dem Gemeinderat mitgeteilt haben, dass es doch Mittelzuschüsse braucht. Genaue Zahlen wurden nach unserer Recherche nicht genannt. Es ist von mindestens 6,5 Millionen Euro die Rede, es könnten aber auch deutlich über 20 Millionen Euro sein.
Statt wie bisher genannt je zehn Millionen Euro zur Stärkung des Eigenkapitals sollen nun 20 Millionen Euro 2018 und 2019 benötigt werden. In Summe ergibt das einen Mehrbedarf von mindestens 26,5 Millionen bis zu mehr als 40 Millionen Euro.
Lauter Irritationen
Wir sind sehr irritiert auf Grund der wirtschaftlichen Entwicklung des UMM und machen uns große Sorgen um die Zukunft des Klinikums. Deshalb fordern wir jetzt vollumfassende Transparenz gegenüber dem Gemeinderat ein. Wir sind nicht bereit, Gelder in den Doppelhaushalt oder die mittelfristige Finanzplanung einzustellen, wenn wir jetzt nicht endlich Ross und Reiter benennen, strukturelle Veränderungen im Klinikum vornehmen und endlich auch jemand Verantwortung für die wirtschaftliche Fehlentwicklung übernimmt. Schließlich geht es hier um Steuergelder in 8-stelliger Höhe und wir können den Bürgern nicht vermitteln, dass alles im Lot sei, wenn gar nichts im Lot ist,
teilte Herr Kranz mit.
Auch die Mannheimer Liste/Freie Wähler hatte sich am Wochenende kritisch zur Finanzsituation des UMM geäußert und forderte transparentere Zahlen.
Auf Anfrage teilte die Stadt Mannheim mit:
Wir sind irritiert über das Vorgehen der CDU. Die Behandlung des Themas war für die Hauptausschussitzung am 5.12.2017 unter TOP 1 Haushalt vorgesehen und dies ist der CDU auch signalisiert worden. Natürlich werden wir den Antrag umsetzen.
Weiter äußert sich die Stadtverwaltung wie folgt:
Grundsätzlich ist aber zusagen: Das Uniklinikum Mannheim steht in einem Umstrukturierungsprozess. Diesen Umstand teilt es mit vielen Kliniken in Deutschland. Diese Umstrukturierung ist der permanenten finanziellen Unterversorgung von Krankenhäusern geschuldet. Mannheim ist hier auf einem guten Weg , nur gehen die Veränderungen nicht in der Schnelligkeit, die wir erwartet haben. Vor allem muss gesagt werden, dass die Qualität der Versorgung durch neue Angebote noch nie so hoch war wie zur Zeit. Oberstes Ziel ist die medizinische Maximalversorgung der Mannheimerinnen und Mannheimer in der bestmöglichen Qualität. Dies muss grundsätzlich besser finanziert werden. Die Stadt Mannheim wird die qualifizierte Maximalversorgung in Mannheim sichern.
Gegensätzliche Aussagen
Gegen eine optimale medizinische Versorgung ist nichts einzuwenden – so sie denn finanzierbar ist. Insbesondere dieser Teil der Stellungnahme der Stadt Mannheim dürfte für Debatte sorgen:
Mit dem Haushalt eine fachlich fundierte Strategie gegen den Aufsichtsrat verändern zu wollen, ist keine Rückendeckung und Sicherung des Klinikums, sondern eine schwere Belastung. Den von der CDU beschriebenen sogenannten Irrweg sehen wir nicht. Das bisherige Vorgehen wurde vom Aufsichtsrat, dem nicht nur Vertreter der Stadt Mannheim, sondern ebenso externe Mitglieder und Arbeitnehmern angehören, sehr breit, wenn auch nicht einstimmig getragen und immer wieder dem Gemeinderat vorgestellt und über eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft dem Grunde nach und in der Umsetzung regelmäßig bewertet.
Unserer Redaktion ist nicht bekannt, dass der Aufsichtsrat des UMM eine geänderte „fachlich fundierte“ Strategie beschlossen hätte. Ebenfalls ist uns nicht bekannt, dass das UMM in diesem Jahr einen weiteren Mittelbedarf angemeldet hätte – schon gar keine Verdopplung der ursprünglich „strategisch“ vereinbarten Zuschüsse. Der Gemeinderat hat sicher nichts in der Sache nach der Kreditbürgschaft über 65 Millionen Euro im April 2016 entschieden und nach unserer Kenntnis sich die exorbitanten Beträge bislang nicht im aktuellen Haushalt enthalten.
Nach einer Anfangsrecherche erscheint uns die bisher offizielle Darstellung, dass die UMM erhebliche Einnahmeneinbußen infolge des „Hygieneskandals“ hinnehmen musste und deshalb in Schieflage geraten sei, als unhaltbar. Lesen Sie dazu mehr in „Ausgabenexplosion beim UMM„.