Heidelberg, 21. September 2017. (red/pro) Für Dr. Franziska Brantner (Grüne) wird es knapp, sie muss um den erneuten Einzug in den Bundestag fürchten. Bei der Wahl 2013 kam sie über einen Listenplatz in den Bundestag, die Aussicht auf das Direktmandat darf als aussichtslos gelten. Heidelberg ist ein spannender Wahlkreis, holte doch Ministerin Theresia Bauer (Grüne) bei der Landtagswahl zwei Mal in Folge das Direktmandat. Daran ist ersichtlich, dass Landtags- und Bundestagswahlen nur wenig miteinander zu tun haben.
Von Hardy Prothmann
Geht es nach den vergangenen Wahlergebnissen, dürfte auch dieses Mal Prof. h. c. Dr. Karl A. Lamers den Wahlkreis Heidelberg direkt gewinnen. Nach 36,1 Prozent 2009 holte er 40,9 Prozent 2013 und gewann klar das Direktmandat vor Lothas Binding (SPD, 29,7 Prozent, 30,6 Prozent). Beide kommen, egal wer das Direktmandat holt, sicher in den Bundestag, weil Herr Dr. Lamers auf Listenplatz 8 steht und Herr Binding auf Listenplatz 4.
Eng wird es hingegen für Dr. Franziska Brantner. Sie erreichte nur 12,3 Prozent in der Universitätsstadt. Heute hat die Forschungsgruppe Wahlen die Ergebnisse deren letzter Umfrage vor der Wahl bekannt gegeben und danach kommen die Grünen nur auf 8 Prozent – 0,4 Prozenpunkte weniger als 2013. Das könnte Frau Dr. Brantner das Mandat kosten, denn acht grüne Abgeordnete aus Baden-Württemberg gibt es im Bundestag und sie steht auf Listenplatz 9.
Kuriose Verhältnisse
Das sind kuriose politische Verhältnisse. Bei der Bundestagswahlen der Vergangenheit dominierte die CDU vor der SPD, bei den letzten beiden Landtagswahlen dominierten die Grünen mit Frau Bauer und im Gemeinderat sind CDU und Grüne mit je zehn Sitzen gleichauf, wenn auch die GAL noch drei Sitze hat, also „grün gesamt“ dominanter als die CDU ist.
Dass der eigentliche Platzhirsch Lamers auf die Liste gegangen ist, hat seine Gründe – denn sicher ist die erfolgreiche Verteidigung des Mandats nicht. Zum einen war da der erdrutschartige Verlust der CDU bei den vergangenen Landtagswahlen, zum anderen der Erfolg der AfD.
Linkes Heidelberg, konservatives Umland
Schaut man sich den Wahlkreis an, besteht dieser aus den Gemeinden Heidelberg, Eppelheim sowie den zehn Gemeinden aus dem Landtagswahlkreis Weinheim. In der Stadt Heidelberg holte Herr Dr. Lamers nur 35,65 Prozent, in den anderen Gemeinden aber 45,15.
In Summe sind die Wahlberechtigten in Heidelberg und den anderen Gemeinden etwa gleich groß. In Heidelberg kandidiert für die AfD Dr. Malte Kaufmann, früher CDU. In Heidelberg konnte die AfD bei der vergangenen Wahl nur 3,96 Prozent holen, weit unter dem Bundesergebnis von 4,7 Prozent, aber in den anderen Gemeinden deutlich zwischen 6 und fast 8 Prozent, was in Summe für 4,9 Prozent, also mehr als im Bundesdurchschnitt reichte.
Die Wahl im Wahlreis 274 Heidelberg wird im Umland entschieden
Die Wahl im Wahlkreis Heidelberg wird also vor allem in den Gemeinden um Heidelberg entschieden – und hier muss man mit einem möglicherweise glänzenden Ergebnis für die AfD rechnen. Das könnte Herr Dr. Lamers den Wahlkreisgewinn kosten, sollten AfD und FDP zulegen können. An der SPD wird es nicht scheitern, denn deren Prognose ist schlecht, wie auch die der Grünen.
Klar ist auch, dass Herr Dr. Kaufmann nicht in den Bundestag kommen wird. Das Direktmandat wird er nicht gewinnen und über die Liste ist er nicht abgesichert. Auch für Dennis Nusser von der FDP dürfte es nicht reichen, er steht auf Platz 21 der FDP-Landesliste und damit weit entfernt von einem aussichtsreichen Listenplatz.
Droht herber Verlust für die Grünen?
Auch für Sahra Mirow (Die Linke) dürfte es nicht reichen. Sie gilt zwar als gutes Zugpferd, steht aber auf Platz 9 der Landesliste. Die Linke scheint sich zwar gegenüber 8,6 Prozent bei der Bundestagswahl 2013 auf gute 10 Prozent steigern zu können, das wird aber nicht für 9 Mandate aus Baden-Württemberg reichen, sondern vermutlich für 6.
Für die Grünen wäre der Mandatsverlust von Dr. Brantner ein herber Verlust, sie gilt als sehr fleißige Abgeordnete.
Rund 216.000 Wähler/innen sind stimmberechtigt. Bei der vergangenen Bundestagswahl gingen 77,9 Prozent wählen, was wiederum ein Indikator ist, dass die größeren Parteien profitieren. Ausgezählt wird am Sonntag.