Rhein-Neckar/Berlin, 09. Juli 2016. (red/pro) Die Sächsische Zeitung hat angekündigt, künftig konsequent gegen Ziffer 12 des Pressekodex zu verstoßen und bei Straftaten immer die Nationalität der Tatverdächtigen zu benennen. Das ist ein ungeheuerliches Vorhaben. Wir fordern deshalb den Deutschen Presserat auf, die Sächsische Zeitung zur Ordnung zu rufen oder diese als aus dem Deutschen Presserat auszuschließen. Wir dokumentieren unser Schreiben.
Sehr geehrter Herr Tillmanns,
mit großer Befremdung haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Sächsische Zeitung angekündigt hat, künftig bei Berichten zu Straftaten immer die Nationalität der Tatverdächtigen zu benennen. Das ist ein ungeheuerliches Vorhaben.
In einzelnen Fällen ist die Nennung der Nationalität zulässig, damit die Leserinnen und Leser Vorgänge richtig einordnen können. Auch gegen uns sind beispielsweise schon Beschwerden beim Deutschen Presserat eingegangen, die uns der Diffamierung von Volksgruppen bezichtigt haben. Sie kennen diese Beschwerden und wissen, dass wir verantwortungsvoll mit solchen Informationen umgehen. Dementsprechend wurden die Beschwerden einstimmig zurückgewiesen und unsere Berichterstattung als vollkommen angemessen und professionell bestätigt.
Ein konsequenter und angekündigter Verstoß gegen Ziffer 12 oder andere Regeln des Pressekodex ist auch unserer Sicht nicht hinnehmbar. Der Deutsche Presserat ist unserer Ansicht nach dringend aufgerufen, den Pressekodex zu verteidigen , damit er nicht der Beliebigkeit anheim fällt.
Wir gehen davon aus, dass Sie die Sächsische Zeitung vor Umsetzung dieser angekündigten Verstöße ermahnen und das Mitglied zur Ordnung rufen.
Sie wissen, dass wir uns beim Rheinneckarblog sehr intensiv mit dem Pressekodex auseinandersetzen und weiterhin auf Anpassungen warten, die insbesondere die publizistischen Besonderheiten bei Internetmedien angemessen berücksichtigen. Trotz unserer Bedenken haben wir Ihre Einladung gerne angenommen und sind Mitglied im Deutschen Presserat geworden, weil wir das Instrument einer freiwilligen Selbstkontrolle für außerordentlich wichtig und auch nötig halten.
Wir stellen uns einer Beurteilung jederzeit und teilen das unserer Leserschaft immer detailliert mit – was auch der Meinungsfindung sehr dienlich ist und für eine transparente Darstellung publizistischer Arbeit sorgt. Sollten wir einmal missbilligt werden, würden wir das selbstverständlich ebenfalls mitteilen – anders als viele Zeitungen das handhaben. Denn alleine eine Missbilligung würden wir als Auftrag verstehen, die redaktionelle Kontrolle unserer Informationen zu überprüfen und so anzupassen, dass sie einwandfrei ist.
Auch andere Kollegen, beispielsweise bei der Berliner Zeitung, haben mit großer Irritation die Ankündigung der Sächsischen Zeitung bewertet.
Wir bitten Sie deshalb, mit großer Sorgfalt und Verantwortung für alle Mitglieder im Deutschen Presserat, keine Unterwanderung der sehr sinnvollen, aus der Praxis abgeleiteten Regeln des Pressekodex hinzunehmen.
Sollte die Sächsische Zeitung ihr Vorhaben umsetzen ohne klare Haltung und Reaktion durch den Deutschen Presserat, müssten wir prüfen, ob wir weiterhin dort Mitglied sein wollen und können, denn dann würde der Pressekodex nichts mehr gelten.
Mit allerbesten Grüßen
Ihr