Mannheim/Rhein-Neckar, 09. September 2014. (red/pro) Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert die Stimmungsmache gegen den Beamten, der in der H4-Wache (Revier Innenstadt) Dienst tat, als ein 22-jähriger Mann einem 20-Jährigen in den Hals gestochen und diesen tödlich verletzt hatte. Die Vorwürfe gegen die Polizei nach der Messerstecherei seien völlig haltlos, so der Sprecher Thomas Mohr. Im Gespräch mit uns kündigt er auch konsequent juristische Schritte gegen alle an, die den betroffenen Beamten über Gebühr beleidigen oder verleumden, beispielsweise über soziale Netzwerke wie Facebook.
Von Hardy Prothmann
Thomas Mohr ist kein bequemer Typ. Er kritisierte – auch in Erwartung beruflicher Nachteile – als einer der ersten innerhalb der Polizei den „Schwarzen Donnerstag“ und den seiner Meinung nach völlig überzogenen Einsatz gegen Demonstranten in Stuttgart, bei dem ein Mann sein Augenlicht durch Wasserwerfer verloren hatte. Und die GdP hat sich auch kritisch gegenüber der Polizeirefom aufgestellt. Aber die aktuellen Angriffe, Verdächtigungen und Beleidigungen gegen den Beamten, der am vergangenen Donnerstag alleine Dienst im Innenstadt-Revier leistete, gehen ihm entschieden zu weit:
Man kann dem Kollegen vorwerfen, dass er gegen Dienstvorschriften verstoßen hat, weil er alleine in einen Einsatz gegangen ist. Man kann ihm nicht vorwerfen, dass er nicht engagiert, mutig, selbstlos und angesichts der Lage das beste getan hat, was ihm möglich war. Wir alle haben Hochachtung vor seinem mutigen Einsatz. Er hat sich alleine gegen vier Aggressoren gestellt, seinen Schlagstock eingesetzt, um die vier von den zwei anderen abzuhalten. Als er selbst angegriffen wurde, ist er durch das Fenster zurück ins Revier, hat alarmiert, sich mit der Schutzweste gesichert und als er gesehen hat, dass jemand verletzt worden war, hat er sofort den Notfall-Koffer genommen und erste Hilfe geleistet. Es ist unerträglich, wie dieses vorbildliche Verhalten nun durch Denunziationen in den Schmutz gezogen wird.
Der tödliche Messerangriff am späten Donnerstagabend vor einer Mannheimer Polizeiwache werde in den sozialen Netzwerken teilweise abstrus diskutiert, so Mohr in einer Mitteilung. Die Gewerkschaft der Polizei sei äußerst irritiert über die teilweise reißerische Berichterstattung in einigen regionalen Medien, die eigentlich für ihre objektive und professionelle Berichterstattung bekannt sein sollten.
Was aber hier teilweise der Polizei und gerade dem einschreitenden Polizisten vor Ort da unterstellt wird, erreicht eine Qualität, die wir so noch nicht kannten,
schreibt der Mannheimer GdP-Vorsitzende Thomas Mohr in einer Pressemitteilung.
Auszug aus der Mitteilung:
„Schlimm genug, dass ein Mensch zu Tode kam und ein weiterer Mann schwer verletzt wurde, aber was teilweise „Zeugen“ und „Wichtigtuer“ gesehen haben wollen und auch der Polizei unterstellen ist unglaublich. Irritierend für die GdP ist aber auch die Tatsache, dass einige Medienvertreter ungeprüft auch denen eine Plattform geben, die sich nun als „Zeuge“ (viele haben es gar nicht selbst gesehen nur gehört) in den Vordergrund stellen und das sichtlich genießen. Einer will sogar gesehen haben, wie der Polizist bei der ersten Hilfe Maßnahme die Stickwunde des Opfers genäht haben soll. Ein anderer interpretiert das Zurückklettern des Polizisten durch das Fenster in die Wache, der zuvor mit seinem Schlagstock gegen die mutmaßlichen Täter (wohl vier an der Zahl) vorging, dann selbst angegriffen wurde, als Angst und Feigheit. Nach jetzigen Erkenntnissen rief der Polizist Verstärkung und legte zu seinem Eigenschutz seine schusssichere Weste an und ging wieder zurück an den Ort des Geschehens.“
Auf Anfrage sagte Herr Mohr:
Eigentlich hätte der Kollege sich nicht selbst in Gefahr bringen müssen. Wäre er in der Wache geblieben, hätte ihm intern niemand einen Vorwurf gemacht. Aber stellen Sie sich mal die Überschriften vor, wenn er gar nichts gemacht hätte! Er hat die Lage für sich so eingeschätzt, dass er sich den Einsatz zugetraut hat, was auch zunächst gelungen ist und sich dann so verhalten, wie man nach Dienstvorschrift und gesundem Menschenverstand handelt: Rückzug, Meldung der Lage, Einsatzbereitschaft. Dass in diesen Minuten der tödliche Angriff erfolgt ist, konnte er weder absehen, weil er von einer Schlägerei ausgegangen ist, noch verhindern, denn nach meinen Informationen war zum Zeitpunkt seines Eingreifens keine Waffe im Spiel, er hatte also überhaupt keinen Grund, von der eigenen Waffe Gebrauch zu machen.
Thomas Mohr thematisiert damit die vor allem bei Facebook von vielen Kommentatoren vorgebrachte These, der Beamte hätte einen „Warnschuss“ abgeben müssen:
Da schreiben irgendwelche Leute ohne die geringste Ahnung irgendwelches Zeugs. Die Waffe wird gezogen, wenn eine akute Bedrohungslage vorliegt, aber doch nicht bei jeder nächtlichen Auseinandersetzung zwischen streitenden Gruppen. Es standen wohl auch viele Passanten drum herum – der Einsatz einer Schusswaffe in einer solchen Lage könnte noch fatalere Folgen haben. Dass unser Kollege beherzt und unter Einsatz seine eigenen Lebens hier eingeschritten ist verdient unseren Respekt und meine persönlich Hochachtung.
Thomas Mohr betont, dass die Gewerkschaft der Polizei voll und ganz hinter den Kollegen stehe. Dass zum Tatzeitpunkt alle verfügbaren Polizeibeamte anderweitig eingesetzt waren und nach jetzigem Stand gerade dann noch ein Polizeibeamter alleine auf der Wache war, bewertet er als eine Verkettung unglücklicher Umstände. Ob es den Täter jedoch davon abgehalten hätte sein Opfer vor einer Polizeiwache anzugreifen und zu töten sei fraglich und spekulativ.
Mein Mitgefühl möchte ich den Angehörigen des getöteten jungen Mannes zum Ausdruck bringen für die es schwer sein muss, wenn ihr Schmerz über den plötzlichen Verlust auch noch durch Spekulationen und Unterstellungen von Wichtigtuern und dubiosen „Zeugen“ überschattet und vertieft wird.
In wenigen Minuten waren vier Streifenwagen aus den Stadtrevieren vor Ort – obwohl überall viele Einsätze zu leisten gewesen seien. Innerhalb weniger weiterer Minuten seien zusätzlich acht Streifenwagen im Gebiet unterwegs gewesen, um nach dem Täter zu fahnden:
Die Tat war nicht vorhersehbar. Die Polizei hat sofort mit allen verfügbaren Kräften nach dem Täter gefahndet. Am nächsten Tag konnten alle Beteiligten ermittelt und festgesetzt werden. Dass die Tat vor einem Polizeirevier verübt worden ist, hat nichts zu bedeuten. Sie hätte auch „um die Ecke“ begangen worden sein können.
Spekulationen, die Tat sei eine Folge der Polizeireform, verneint Thomas Mohr ebenfalls:
Der Ablauf und die Umstände haben gar nichts mit der Polizeireform zu tun. Ob zum Zeitpunkt nur die Mindeststärke plus eins im Einsatz waren oder die gewünschte Belegung: Alle waren im Einsatz, einer „hielt Wache“, der Streit eskalierte vor dem Revier – egal, wie viele Beamte man hat, wären es doppelt so viele und alle wären im Einsatz gewesen, wäre das dieselbe unglückliche Konstellation gewesen.
Weiter sagte der GdP-Sprecher:
Was die Polizeireform angeht, sollte man keine Legendenbildung betreiben. Verantwortlich für den Personalmangel sind CDU und FDP, die abgebaut und zu spät erkannt haben, dass kritische Lücken entstehen. Die aktuelle grün-rote Regierung hat mit ihrem Einstellungsprogramm diese Lücken nur gefüllt, was absolut notwendig war. Die Polizei ist aktuell leistungsfähig, aber auch sehr belastet – mehr Personal wäre wünschenswert, aber da ist politischer Wille gefragt.
Wie solidarisch die GdP mit dem Beamten der H4-Wache ist, macht Thomas Mohr unmissverständlich deutlich:
Wir bieten unseren Mitgliedern auch Rechtsschutz. Und wir prüfen gerade beleidigende und diffamierende „Meinungsbeiträge“ gegen den Kollegen und werden, sofern gewünscht, jeden zivilrechtlich zur Verantwortung ziehen, der denkt, er könne diesen Kollegen durch Kommentare unbehelligt verleumden. Wir beobachten das sehr genau, dokumentieren die „Meinungsbeiträge“. Nach unserer Erfahrung sind solche Kampagnen schnell zu Ende, wenn es im Geldbeutel weh tut.