Mannheim, 26. Februar 2015. (red) Aktualisiert. Drei Menschen wurden gestern Abend durch Messerstiche verletzt, als türkische Gruppen aufeinander losgegangen sind. Dabei wurde auch geschossen. Die Polizei hat mittlerweile sechs Tatverdächtige vorläufig festgenommen – die Opfer schweigen bislang und unklar ist, ob sie nicht auch selbst Täter sind.
Von Hardy Prothmann
Nach unseren Informationen sind die drei Opfer (22, 25 und 29 Jahre alt) der nächtlichen Messerstecherei keine Mannheimer (siehe unseren ersten Bericht). Ob sie türkischer Nationalität sind oder “türkischstämmig” konnten wir noch nicht in Erfahrung bringen.
Ebenfalls unklar ist, ob die Opfer zugleich auch Täter sind – es ist nicht auszuschließen, dass sie selbst zu den Messerstechern gehören.
Die Polizei hält sich bedeckt – die Ermittlungen laufen auf “Hochtouren in alle Richtungen”, wie Sprecherin Roswitha Götzmann auf Nachfrage erklärte. Die Tatverdächtigen sind immer noch flüchtig. Aktualisierung, 17:06 Uhr: Mittlerweile hat die Polizei “sechs männliche Personen vorläufig festgenommen” – diese werden morgen dem Haftrichter vorgeführt. Die Opfer haben noch keine Angaben gemacht. Das schwerverletzte Opfer war am Morgen “stabilisiert”, nachdem Ärzte noch in der Nacht notoperiert haben.
Die Polizei hat an den Tatorten Patronenhülsen gefunden – welcher Art die benutzten Schusswaffen sind, ist noch offen. Vermutlich handelt es sich um Gaspistolen, da keine Schussverletzungen vorliegen und bislang auch keine Schussspuren ermittelt werden konnten. Aktualisiert, 16:11 Uhr: Mittlerweile wurde ein Einschussloch im Quadrat R1 entdeckt. Nach Aussagen der Polizei handelt es sich nach Untersuchung der gefundenen Patronenhülsen um mindestens eine scharfe Waffe.
Aktuell kommt es zu starken Kontrollen, unter anderem am Mannheimer Hauptbahnhof aber auch anderen Bahnhöfen in der weiteren Umgebung bis hinauf nach Frankfurt.

Drei durch Messerstiche verletzte junge Männer sind die Bilanz einer nächtlichen Auseinandersetzung zwei Gruppen. Die Täter sind flüchtig.
Mannheim hat in den vergangenen Monaten mehrere gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen türkischstämmigen Gruppen erlebt. Die Vorfälle im vergangenen Jahr hängen nicht zusammen – ob der aktuelle Fall im Zusammenhang mit den anderen steht, wird geprüft.
Mitte Juni kam es in der Innenstadt und im Jungbusch zu Auseinandersetzungen türkischstämmiger Clans – weit über 100 Personen standen sich feindlich gegenüber, es kam zu Schlägereien und dann zu Schüssen. Die Kugeln trafen aber glücklicherweise niemanden – der Schütze steht aktuell vor Gericht.

Festnahme nach Massenschlägerei in den Quadraten und im Jungbusch Mitte Juni 2014. Foto: privat, EC
Anfang September wird ein junger Türke vor der H4-Wache niedergestochen und stirbt noch im Krankenwagen. Das Tötungsdelikt hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht. Der Grund für den Streit: Ausstehende Zahlungen für Arbeitsleistungen. Paradoxerweise wurde mehr über die Polizei diskutiert als über die Bluttat.

Tötungsdelikt im September 2014. Vor der H4-Wache wird ein junger Mann erstochen.
Mittwoch Nacht fallen unweit der H4-Wache am Marktplatz Schüsse – was zunächst ausschließlich wie eine Schießerei wirkt, ist in Wirklichkeit eine Messerstecherei. (Hier unser erster Bericht von heute Nacht.)Drei junge Männer werden durch Stiche verletzt – einer davon lebensbedrohlich.
Zufall oder Serie?
Reichen drei Fälle in einem dreiviertel Jahr um von einer “Serie” zu sprechen oder ist diese Häufung “Zufall”? Wenn es kein Zufall ist – was hat das zu bedeuten? Gibt es eine Selbstjustiz in gewissen Kreisen, die sich um die staatliche Justiz überhaupt nicht schert? Gibt es Bevölkerungsgruppen, die ihre “eigenen Gesetze” ausleben? Woher kommt diese Brutalität, die einkalkuliert, dass Menschen sterben?
Mannheim ist eine Großstadt und wie alle Großstädte lauern hier mehr Gefahren als in kleinen Gemeinden. Die Polizei arbeitet engagiert und mit großer Professionalität – solche gewalttätigen Konflikte kann sie aber selten bis nie verhindern, sondern nur durch Ermittlungsarbeit aufklären. Doch werden wenigstens die Opfer sprechen? Oft reden auch die nicht – aus Angst oder falsch verstandener “Ehre”. Auch dieses Verhalten zeigt, wie wenig Respekt man dem Rechtsstaat gegenüber hat.
Spirale der Gewalt
Gewaltbereitschaft ist ein gesamtgesellschaftliches Problem – also aller Bevölkerungsgruppen. Wenn gewisse Bevölkerungsgruppen aber Gewalt als “legitimes” Mittel zur “Lösung” von Konflikten betrachten, dann liegen mit einem Mal überall Tote und Verletzte herum. Wenn die Polizei ebenfalls erst schießt und dann fragt, entwickelt sich eine Spirale der Gewalt. Das kann man überall auf der Welt beobachten, ob in Berlin, Paris, London oder Kabul und Damaskus.
Gewalttäter sind Verbrecher
Gewalt muss gesellschaftlich geächtet statt akzeptiert sein. In Deutschland hat der Staat das Gewaltmonopol und dieses wird demokratisch kontrolliert. Die allermeisten Bürger halten sich an das Gesetz und akzeptieren unsern Rechtsstaat. Aber es gibt immer mehr Menschen, die sich nicht mehr an Regeln halten. Diese Ignoranz ist ein erster Schritt in Richtung einer verwahrlosten Gesellschaft.
Leider scheint es immer mehr Menschen in Deutschland zu geben, denen Regeln gerade mal egal sind – und die gibt es in allen Bevölkerungsgruppen. Diese Menschen müssen die gesellschaftliche Verachtung zu spüren bekommen. Gewalttäter sind keine Helden – sondern Verbrecher, die andere Menschen verletzen und zu töten versuchen. Solchen Menschen gebührt keine Achtung, sondern nur Verachtung. Gewalttäter sind ein ehrloses Gesindel.