Mannheim/Stuttgart/Rhein-Neckar, 07. Juli 2015. (red) Anfang vergangener Woche machte die Integrationsministerin Bilkay Öney mal wieder Schlagzeilen – angeblich hatte sie sich eine “Rüge” des Landesrechnungshofs gefangen. Tatsächlich darf man das bezweifeln. Fest steht – es gibt Stress. Unsere Überblick zeigt einen (nicht vollständigen) Ablauf der Zoff-Themen, seit es das Ministerium gibt. Am 22. Juli wird es wieder krachen – garantiert.
Von Sandra Ludwig
Eine Ministerin, die immer wieder mit umstrittenen Aussagen provoziert und eine Opposition, die ihr Ressort für Integration grundsätzlich ablehnt, stehen sich erneut gegenüber. Ist die auf eine vermeintliche „Rüge“ des Landesrechnungshofs folgende Kritik der Opposition am Integrationsministerium Symptom eines länger schwelenden Konflikts?
Integrationsministerium als Dauerkonflikt
Tatsächlich zieht sich die Auseinandersetzungen zwischen Bilkay Öney und ihrem Ressort einerseits und der Opposition andererseits durch die vierjährige Geschichte des Ministeriums.
Schon die Gründung des Ressorts und die Ernennung der Integrationsministerin trifft auf Ablehnung durch die CDU. Peter Hauk – damals noch Fraktionsvorsitzender der CDU – argumentiert, die Integration sei in Baden-Württemberg gut voran geschritten. „Wir haben hier keine Kreuzberger Verhältnisse“, sagte er. Die Beschäftigungssituation des ausländischen Bevölkerungsanteils sei mit nur 9,5 % Arbeitslosen sehr gut. Eine “Berliner Ministerin” wäre deshalb nicht die Idealbesetzung.
Bilkay Öney teilt in alle Richtungen aus
Über diese Einschätzung lässt sich streiten. Fest steht, dass das neue Ministerium mit Bilkay Öney (SPD) eine Leiterin hat, die die Provokation nicht scheut. Sie teil gerne aus – in alle Richtungen. Sie geht mit Migranten mitunter hart ins Gericht und fordert, Integrationskritikern nicht sofort den Stempel ‘Rassist’ aufzudrücken, sondern mit Diskussionen zu begegnen.
In ihrer ersten umstrittenen Äußerung im August 2011 ist die Rede davon, dass Türken fünf Mal mehr Fernsehen schauten als Deutsche. Dr. Bernhard Lasotta, integrationspolitischer Sprecher der CDU in Baden-Württemberg stellt daraufhin eine Landtagsabfrage mit dem Ergebnis, dass das Integrationsministerium die Zahl nicht belegen kann. Er kritisiert Frau Öneys Äußerung als Pauschalurteil, das „aus dem Mund einer Ministerien hier nur schädlich“ sei.
Oppositon: “Keine klare Linie”
Im Februar 2012 folgen neue Vorwürfe der Opposition. Union und FDP mahnen die hohen Kosten des Ministeriums für Integration an und vermissen eine ‘klare Linie’. Das Ministerium kontert, man setze durchaus Schwerpunkte. Für 2012 sei die Bekämpfung der Zwangsheirat im Fokus des Ministeriums.
Der Ministerin wird auch vorgeworfen, SPD-Mitglieder mit hohen Posten zu versorgen. Ein anonymer Mitarbeiter hatte sich zuvor in E-Mails an die Opposition kritisch gegenüber der Personalpolitik des Hauses geäußert.
Kaum haben sich die Wogen geglättet, macht Bilkay Öney gegenüber türkischen Medien eine umstrittene Aussagen über die vermeintliche Verquickung deutscher Behörden mit der Neonazi Szene. Die FDP verlangt daraufhin ihren Rücktritt und fordert die Abschaffung des Integrationsministeriums zugunsten einer Stabsstelle. Der Forderung wird nicht stattgegeben, aber Bilkay Öney handelt sich mit ihrer Aussage die Kritik von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/ Die Grünen) und entschuldigt sich öffentlich.
Danach kehrt zunächst einmal Ruhe ein.
Entlassungsantrag der CDU
Aber die Opposition hat sich offensichtlich an der streitbaren Ministerin festgebissen. Ab Mai 2013 hagelt es Vorwürfe gegenüber Frau Öney. Offizielle Besuche führten sie nur in die Türkei, andere Ziele würden vernachlässigt. In einer privaten Äußerung habe Bilkay Öney die CDU als rassistisch bezeichnet (Juli 2013). In ihrem Haus herrsche Vetternwirtschaft, da sie einen Beraterauftrag an ihren früheren Förderer, den ehemaligen Berliner Innensenator Ehrhardt Körting (SPD), vergibt, so lautet die Kritik.
Den absoluten Tiefpunkt erreicht das Verhältnis, als die Union als Reaktion auf Frau Öneys Rassismusvorwürfe einen Entlassungsantrag im Landtag einbringt. Dieser erhält jedoch nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit. Ministerpräsident Winfried Kretschmann kritisiert zwar den Inhalt der Äußerung seiner Ministerin, hebt aber hervor, dass es sich um eine private Äußerung gehandelt habe.
Frau Öney hatte im Verlauf dieser Affäre bereits ihre umstrittene Äußerung zurückgenommen. Gleichzeitig verwies sie darauf, dass die Opposition viele Anfragen stelle, die ihre Herkunft und Person und nicht ihre Arbeit in den Vordergrund stellten.
Flüchtlingsaufnahmegesetz als Erfolg
Ende 2013 tritt das Flüchtlingsaufnahmegesetz der grün-roten Landesregierung in Kraft und wird als Erfolg gefeiert. Es beinhaltet eine Erhöhung des Wohnraums für Flüchtlinge ab 2016 von 4,5 auf 7 Quadratmeter. Statt Essenspakete soll Bargeld ausgegeben werden. Eine dezentrale Unterbringung wird geplant, Asylbewerber haben nicht länger Arbeitsverbot. Die Zahl der Flüchtlinge steigt unaufhörlich.
Ab Juni 2014 gibt es wieder Kritik an Frau Öney von seiten der Opposition. Der Landesrechnungshof prüft und Mitarbeiter haben laut einer email von Frau Öney mitunter den Eindruck, es gäbe eine parteipolitische Ausrichtung des Landesrechnungshofs. CDU fordert die Offenlegung der email, was Frau Öney ablehnt – mit Hinweis auf ihren Persönlichkeitsschutz. Herr Dr. Lasotta bezeichnet ihre Vorgehensweise als „bedenkliches Verfassungsverständnis“.
22. Juli im Kalender ankreuzen – dann gibt es wieder Zoff
Am 22. Juli wird der Bericht nun vorgelegt – dann weiß man, ob es eine Rüge ist und was die Landesrechnungsprüfer monieren. Soviel ist sicher: Es wird wieder Zoff geben.
Währenddessen steigen die Aufgaben des Ministeriums. Aktuell hat Baden-Württemberg in diesem Jahr 22.000 Asylbewerber aufgenommen, bis Jahresende sollen es geschätzt 50.000 sein.