Rhein-Neckar, 06. April 2015. (red/pro) Im Gegensatz zum Vorjahr verzeichnet die Polizei bei der diesjährigen Time Warp erheblich mehr Drogenfahrten. Gegen Mittag lagen bereits 26 Anzeigen wegen “Trunkenheitsfahrten” vor, 20 davon gegen Italiener und Franzosen. Aus Sicht der Polizei ein Ermittlungserfolg – mit Blick auf die Veranstaltung ein erneuter Hinweis, dass die Time Warp anscheinend nicht ohne Drogen auskommt.
Von Hardy Prothmann
Einsatzleiter Frank Hartmannsgruber zieht eine “erfolgreiche” Bilanz: “Wir haben sehr viele aus dem Straßenverkehr holen können, aber bedenklich ist natürlich, wie viele sonst unter teils erheblichem Drogeneinfluss auf den Straßen unterwegs wären.” Auch ein paar Dealer konnte die Polizei dingfest machen. Bedenklich: “Wir haben dieses Jahr auch Crystal Meth sichergestellt.”
Die Time Warp, eine der größten Techno-Partys in Deutschland, wird seit Jahren gerne von Tausenden Teilnehmern aus Italien und Frankreich besucht. Vernünftigerweise reisen davon die meisten mit Bussen an – aber eben auch viele im eigenen Pkw. Und wenn danach vollgedröhnt eine stundenlange Reise nach Hause bevorsteht, dann ist das ein erhebliches Gefahrenpotenzial.
Personen, die ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben, müssen eine Sicherheitsleistung hinterlegen, meist 500 Euro. Neben der Flughafenwache befindet sich ein Geldautomat, der “ordentlich in Betrieb ist”. Ohne Sicherheitsleistung droht Ingewahrsamnahme – dieses Jahr war ein Vertreter der Staatsanwaltschaft Mannheim vor Ort. Dr. Hans-Joachim Weitz sagt: “Ich komme dann ins Spiel, wenn nicht freiwillig gezahlt wird.” Und einen ungewöhnlichen Fall gab es aktuell auch: Die Polizei hatte Hinweise auf Drogen in einem Hotelzimmer erhalten, der Staatsanwalt beantragte eine Hausdurchsuchung, die der diensthabende Richter auch genehmigte – die Personen waren bereits abgereist, die Fahndung läuft.
Erst pushen, dann downen
Vor Ort stehen die “fertigen” Teilnehmer, die meisten zwischen 20 und 30 Jahren alt, in großen Gruppen am Rande der Zufahrtsstraße zum Maimarkt-Gelände, warten auf Busse und Taxis. Viele haben Sonnenbrillen auf, wer keine trägt fällt durch müde, aufgerissene Augen auf. Die ganze Nacht durchzutanzen ist eine konditionelle Herausforderung, weshalb häufig Amphetamine konsumiert werden und später Cannabisprodukte zum “Runterkommen”. Ein paar Widerstände gegen Polizeibeamte gab es auch – die Beamten hatten die Situationen aber immer unter Kontrolle. Ein krasser Fall war: “Ein Fahrer wurde bereits auf der Anfahrt unter Drogen erwischt – und bei der Abfahrt dann noch einmal.”
Überall auf und um das Gelände kontrolliert die Polizei: “Es gibt auch Spezialisten, die parken in Wohngebieten, fahren mit Taxis aus unserem Kontrollbereich heraus. Aber wir bestreifen auch die Wohngebiete und auf den Autobahnparkplätzen ziehen sich die Kollegen Fahrzeuge raus”, sagt Frank Hartmannsgruber, in dessen Zuständigkeit als Revierleiter Oststadt das Maimarkt-Gelände fällt. Trotzdem sagt er: “Unser Netz ist eng und wir erwischen viele – aber nicht alle und die sind für sich selbst und andere eine erhebliche Gefahr.”
Hochbetrieb auf der Flughafenwache
Die Flughafenwache ist normalerweise ein eher ruhiger Posten – die ganze Nacht bis in den Nachmittag herein herrscht hier Hochbetrieb und Massenabfertigung. Teilweise stehen die erwischten Drogenkonsumenten bis ins Treppenhaus Schlange. Drinnen warten Beamte, um die Fälle abzuarbeiten, ganz hinten gibt es ein Zimmer für einen Arzt, der Blut abnimmt. Von hier aus wird der Einsatz von rund 100 Beamt/innen koordiniert.
Herr Hartmannsgruber sieht ein wenig müde aus: “Kein Wunder, ich habe ja auch nicht viel geschlafen diese Nacht – aber einmal im Jahr kann ich das ganz gut verkraften.” Für die bis zu 18.000 genehmigten Time Warp-Teilnehmer ist es Party, für die Polizei jede Menge Arbeit. Die Kollegen in den benachbarten Bundesländern sind auch vermehrt auf der Straße.
Eine positive Nachricht gibt es: “Im Gegensatz zum vergangenen Jahr gab es weniger Raubdelikte”, sagt Herr Hartmannsgruber. Damals sprühten Täter teils Pfefferspray, rissen Halsketten ab oder versuchten an die Geldbörsen der Opfer zu kommen.
Die Gesamtbilanz wird dieses Jahr deutlich höher ausfallen, die exakten Zahlen gibt es am Dienstag.