Frankfurt/Berlin/Rhein-Neckar, 01. Juli 2017. (red) Ein Gastbeitrag in der FAZ mit dem Titel “Wir verraten alles, was wir sind” hat gestern für große Aufregung gesorgt. Dem unter Pseudonym schreibenden Autoren wird Homophobie und Hetze unterstellt. Weiter wird spekuliert, wer der Autor ist und warum er unter Pseudonym mit erfundenem Profil schreibt. Unser Autor bleibt beim Pseudonym “Johannes Gabriel” und antwortet auf diese Vorwürfe.
Gastbeitrag: Johannes Gabriel
Wir haben in der Bundesrepublik bisher eine klare Definition der Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau. Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen. Wollen wir das wirklich?
Wer hat das gesagt? Ein anonymer Autor wie ich? Wissen Sie, was dann passiert ist? Es wurde Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt. Von einer Berliner Anwältin gegen die Ministerpräsidentin des Saarlands, Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) wegen dieser, ihrer Äußerung in einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung, erschienen am 03. Juni 2015.
Sehr viele Medien haben über diese Strafanzeige berichtet. Suchen Sie mal im Netz. Finden Sie eine Meldung, was aus dieser Strafanzeige geworden ist? Nein? Man findet Informationen dazu, man muss nur sehr lange suchen. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass “augenscheinlich kein Anfangsverdacht besteht”. Damit war die Sache erledigt – das kollektive Gedächtnis Internet führt aber immer noch die Überschriften in vielen Varianten: “Strafanzeige wegen Volksverhetzung nach Inzestäußerung”.
Ich verachte Schwule, die wie Heteros sein wollen
Der Medienjournalist Stefan Niggemeier twitterte gestern nach Veröffentlichung des Meinungsbeitrags:
In der FAZ von Freitag steht ein Text von solch brutaler Homosexuellenverachtung, wie ich es selten gelesen habe. Zum Fürchten. Und Schämen.
Ich weiß nicht, ob Herr Niggemeier schwul ist, ich bin es. Und zwar leidenschaftlich gerne. Ich war schon immer schwul und brauchte kein Comingout, weil ich weder mir noch anderen je etwas vorgespielt habe.
Und ja, ich verachte Schwule, die so tun, als wären sie Heteros. Darum geht es in dem sicherlich provokanten Text. Dieser stellt eine Meinungsäußerung dar und stellt Fragen zu möglichen Problemen. Im Gegensatz zu Frau Kramp-Karrenbauer, die konkret die Frage nach einer weiteren gesellschaftspolitischen Debatte stellt, ob eine Ehe zwischen engen Verwandten nicht auch irgendwann als “normal” gesehen werden müsse, wenn sich Mutter und Sohn oder Vater und Tochter einfach lieben und diese Liebe verwirklichen wollen und dazu ihr Recht einfordern, führt der Text nur die Frage von Homo-Ehe-Gegnern an, ob die Gefahr des sexuellen Missbrauchs für Kinder durch eine fehlende Inzest-Hemmung nicht größer sein könnte?
Demnächst auch Inzest-Ehen für alle?
Dieser Kritikpunkt meint nicht pädophile Neigungen. Die sind bislang noch strafbar – obwohl die Grünen das ja gerne anders gehabt hätten. Was aber, wenn das Kind beispielsweise älter als 16 Jahre ist? Da kein leibliches Verwandtschaftsverhältnis besteht, ist das straffrei. Und sexueller Missbrauch, das setzte ich als allgemein bekannt voraus, findet ganz überwiegend durch Männer und ganz überwiegend im familiären Umfeld statt. Ist das nun eine familienphobe Sicht?
Wieso soll beispielsweise einem Mann in der Patchwork-Familie der Beischlaf mit der Stieftochter erlaubt, der Beischlaf mit der leiblichen Tochter aber verboten sein? Oder wie soll man begründen, dass der Kläger im aktuellen Verfahren straffrei geblieben wäre, wenn er die Kinder mit seiner Schwester in vitro gezeugt und statt mit ihr zu schlafen, mit ihr nur Oralverkehr gehabt hätte?
Das schrieb die FAZ zum Inzest-Urteil des Europäischen Gerichtshofs 2012. In anderen Ländern ist Inzest erlaubt. Warum nicht in Deutschland? Sind wir hier nicht nahezu rückständig? Was meint wohl Herr Niggemeier dazu? Geht es nicht um die sexuelle Selbstbestimmung, die der Gesetzgeber in diesen Fällen verbietet und damit Grundrechte einschränkt? Und wenn der Inzest erst einmal erlaubt sein wird, warum soll dann eine inzestuöse Ehegemeinschaft verboten bleiben? Minderjährige Geschwister, die es miteinander treiben, gehen heute schon straffrei aus – noch ohne eine gewisse sexuelle Reife. Wäre es nicht auch von “pädagogischem” Vorteil, wenn einer der Sexualpartner erwachsen und entsprechend “erfahren” ist? Sie halten diese Fragen für provokant? Das sind sie. Und wie warten auf eine gesellschaftliche Debatte.
Ich habe dem Rheinneckarblog meine Antwort angeboten, nachdem ich den Text “Ehe für alle? So ein Quatsch” gelesen hatte. Darin heißt es:
Ach so, warum “Ehe für alle” ein Quatsch ist? Ganz einfach: Es gibt keine “Ehe für alle”. Väter können nicht ihre Söhne und Töchter heiraten und Mütter ebenfalls nicht, ebensowenig Geschwister. Und nimmt man die vielen “Gender”-Geschlechter hinzu, dürfte sich jeder diskriminiert fühlen, der sich nicht als Mann oder Frau und “gleichgeschlechtlich” fühlt, sondern halt irgendwie anders transgendergeschlechtlich. Und minderjährige können ebenfalls nicht heiraten – also ist der Ausdruck “Ehe für alle” ein pauschaler Quatsch.
Es ist meiner Auffassung nach eben kein Quatsch, sondern das wird kommen, wenn die selbsternannten Diskriminierungsjäger nicht aufgehalten werden. Teile der geilen Grünen werden, wenn das Tabu erstmal durchlöchert sein wird, auch den Sex mit Kindern straffrei stellen wollen. Die Altersgrenze von 16 Jahren wird irgendwann fallen und wer beharrlich lange bohrt, wird auch das Verbot der Kinderehe irgendwann aushebeln. Ist es nicht Tatsache, dass die Altersgrenze 18 Jahre vollständig willkürlich ist? Es gibt 30-Jährige, die deutlich weniger Erwachsen als 15-Jährige sind. Wieso diskriminiert man “reife” Kinder in diesem Alter?
Und ist nicht die Ehe mit Minderjährigen in vielen muslimischen Ländern erlaubt und diskriminieren wir nicht die vielen in Deutschland lebenden Gläubigen, wenn wir die Kinderehe weiterhin verbieten, die für diese Menschen vollständig normal ist? Geht Ihnen diese Frage zu weit? Ist sie ungehörig? Warten Sie mal ab.
Der Beitrag für die FAZ ist ein Meinungsbeitrag zu einer Wertedebatte. Diese wurde erfolgreich geführt und die elendige Diskriminierung von Schwulen und Lesben konnte zumindest mit der Lebenspartnerschaft gesetzgeberisch als erfolgreich beendet betrachtet werden. Aber das reichte den Gleichmachern nicht. Sie wollten mehr und haben es bekommen.
Hasserfüllte Reaktionen der Empörungseliten
Im Meinungsbeitrag steht (leider ist der Text bei FAZ nicht online, hier können Sie den Text als Screenshot lesen):
Ich weiß nur zu gut, wie schwierig das sachliche Argumentieren dieser Angelegenheit in der gay-community ist – wer etwas anderes meint, wird gleich als «Verräter» gebrandmarkt. Aber wir sollten auch noch etwas anderes sein als ein Libido-Club – politisch verantwortliche Bürger.
Diese Aussage ist im Nachhinein angesichts der Reaktionen durch bürgerliche Moralapostel zu kurz gegriffen – denn auch in den Teilen des bürgerlichen Lagers, die sich der erbarmungslosen Verteidigung von Minderheiten verschrieben haben, ist sachliches Argumentieren nicht möglich.
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Die Urteile über den Text sind eindeutig: “Widerlich”. “Brutaler Homosexuellenverachter”. “Ekelhaft”. Das sind die Reaktionen im Gutmenschenlager, die jede Debatte sofort durch absolute Urteile vernichten wollen. Bei “Die Welt” ist zu lesen: “Leser bezeichneten den Beitrag nach Veröffentlichung beispielsweise bei Twitter als „Verleumdung und Hetze“, „herabwürdigend“ und „homophoben Dreck“.” Wäre der Klarname bekannt, würde die Hatz dieser Hater unweigerlich den Verfasser und alle Personen im privaten wie beruflichen Umfeld treffen – möglicherweise nicht nur mit Worten. Das ist mit den hasserfüllten Reaktionen der Empörungseliten bewiesen.
Der FAZ danke ich persönlich für den Mut, den Text zu veröffentlichen. Interessant ist, dass vor allem “Kollegen” konkurrierender Blätter den angeblichen “Shitstorm” gepusht haben. Dem Rheinneckarblog danke ich, mir hier zeitnah die Möglichkeit zu geben, meine Sicht auf die Reaktionen aufzuzeigen.
Gestern hat der Bundestag die Homo-Ehe beschlossen. Dass damit auch die Meinungsfreiheit abgeschafft worden sein soll, stelle ich zutiefst erschrocken fest.
Anm. d. Red.: Johannes Gabriel ist ein Pseudonym. Die Identität des Autoren ist der Redaktion bekannt. Zum Schutz des persönlichen wie beruflichen Umfelds haben wir auf Wunsch des Autoren dieser Anonymisierung zugestimmt. Der redaktionelle Quellenschutz ermöglicht weitgehende Schutzrechte für Personen, die nicht erkannt werden wollen. Bei diesem Gastbeitrag handelt es sich um die Meinung des Autoren, die wir uns nicht zu eigen machen.