Frankenthal, 30. November 2016. (red/pro) Ein zwei Monate altes Baby wird einfach so über die Brüstung eines Balkons geworfen, stürzt sieben Meter tief in den Tod. Komplexes Schädel-Hirntrauma ist die Diagnose für die Todesursache. Zuvor greift der Tatverdächtige die Mutter mit eine Messer an, verletzt sie schwer, verletzt einen Bekannten ebenfalls und sticht einer anderen Tochter in den Bauch, als die Polizei die Wohnung stürmt. Der Frankenthalter “Babymord-Prozess” ist eine Horror-Story. Für den Rechtsstaat ist er wieder einmal eine Herausforderung und wird politisch.
Kommentar: Hardy Prothmann
Nein. Verdammt. Ich weiß, worauf das hinauslaufen soll. Im Drogenrausch, nicht wirklich “zurechnungsfähig”, hat der Angeklagte halt im Rausch, abseits jeder Vernunft, sein Kind getötet, drei Menschen in vermutlicher Tötungsabsicht mit einem Messer teils schwer verletzt.
Alles schlimm – wie man es sich schlimmer nicht vorstellen kann.
Aber er war halt im Rausch. Nicht wirklich zurechnungsfähig. Deswegen wir die Verteidigung ins Feld führen, dass der Zustand strafmildernd sein müsse. Das müsse man berücksichtigen.
Stopp. Wer sagt das? Wer legt das fest? Kann es wirklich sein, dass jeder, der sich vor einer Straftat “ordentlich einen auf die Glocke gießt” oder sich “ordentlich was reinpfeift”, mit Strafmilderung davonkommt?
Ja. Nach der bisher geltenden Logik der Gesetzgebung und Praxis der Judikative. Laienhaft interpretiert kann nur in vollem Maß bestraft werden, wer auch bei normalem Verstand ist.
Aber Entschuldigung? Das Zeitalter der Aufklärung ist lange vorbei. Mittlerweile leben wir in der Informationsgesellschaft und jeder, außer nachgewiesene Geisteskranke, muss wissen, dass die Einnahme von Rauschmitteln den “normalen Verstand” mindestens einschränkt, wenn nicht beschädigt.
Wie wäre es, wenn wir langsam, aber sicher auch in der Verantwortungsgesellschaft ankommen und jeden, der sich vorsätzlich unverantwortlich macht, härter als andere bestrafen, statt in der selbst herbeigeführten Unverantwortlichkeit eine “Entschuldung” zu erkennen?
Wir Bürger sind verpflichtet – und das ist gut so – den Rechtsstaat anzuerkennen. Der Rechtsstaat muss aber auch verpflichtet sein, uns Bürger und unsere Bedürfnisse anzuerkennen.
Es ist und bleibt unerträglich, wenn zugeknallte Straftäter dadurch entlastet werden können, dass sie zugeknallt sind.
Wer sich durch Rauschmitteln in eine Unverantwortlichkeit bringt, muss dafür verantwortlich gemacht werden können. Vielleicht gibt es irgendwelche juristischen Spitzfindigkeiten, die das gerne anders sehen würden. Möglicherweise ist das sogar richtig – aber dann muss man uns Bürgern klipp und klar erklären, warum das so sein soll. Wenn es ein Recht auf Rausch geben sollte, mag das zu den Freiheitsrechen gehören – aber ganz sicher versteht niemand, der bei Verstand ist, dass daraus ein Recht auf Unschuld abgeleitet werden kann.
Der Frankenthaler Babymord-Prozess ist ein hochgradig politischer Prozess. Das hat bislang niemand erkannt oder erkenne wollen.
Die Verteidigung des Beschuldigten wird den Babymörder zum Opfer seiner selbst umdefinieren wollen – warten Sie es ab. Die Verteidigung darf das und muss das im Sinne des Rechtsstaates auch. Ein “guter” Verteidiger nutzt nicht nur alle Möglichkeiten im Sinne des Angeklagten, wenn er ein guter Verteidiger ist, muss er das tun. Das entspricht zutiefst dem Sinn des Rechtsstaats.
Das ist die Größe des Rechtsstaats, aber zugleich sein größtes Dilemma. Der Rechtsstaat muss verstanden werden – nicht nur von absoluten Spezialisten, sondern vom Volk – von den Bürgerinnen und Bürgern.
Wichtig: Ein Beschuldigter ist erst dann ein Straftäter, wenn er für Straftaten auch konkret verurteilt worden ist.
Aktuell steht in Frankenthal ein Mann vor dem Landgericht, der geständig ist, sein zwei Monate altes Baby getötet zu haben. Er ist zudem wegen Körperverletzung, schwerer Körperverletzung und Geiselnahme angeklagt.
Der Rechtsstaat ist verpflichtet, Recht und Gesetz einzuhalten. Der Angeklagte, so steht zu vermuten, wird alles ausnutzen, um die geringstmögliche Strafe zu erreichen.
Das ist sein Recht. Und daran sollte man nichts ändern.
Niemand, absolut niemand hindert allerdings den Beschuldigten, die absolut höchste Strafe für sich selbst zu fordern.
Wenn dieser Mann, der sein Baby getötet und seine um einige Jahre jüngere Lebensgefährtin ganz offenbar massiv bedroht und misshandelt hat, zu Verstand kommt und erkennt, was für ein übler Mensch er ist, dann könnte er einer gerechten Strafe entgegensehen, die aber weder die Misshandlungen wieder gut macht, noch den Tod des kleinen Menschen.
Er würde sich dann schlicht und einfach verantwortlich zeigen und zu verstehen geben, dass er bereit ist, sich verantwortlich zu zeigen.
Tatsächlich muss man den Eindruck haben, dass er nur prozesstaktisch vorgeht, um mit der geringstmöglichen Strafe “davonzukommen”.
Es steht uns nicht an, ein Urteil zu sprechen. Aber wir dürfen eine Meinung haben – dieser Typ gehört weggesperrt. Auf alle Zeiten. Zeit kann alles ändern und vielleicht kann er sich verändern, hat seine Strafe verbüßt und bekommt eine neue Chance.
Auch das ist Rechtsstaat und das ist gut so. Aber heute weiß das noch niemand und es wäre fatal, wenn man “vorausschauend” urteilen würde.
Der Babymörder von Frankenthal ist eine hochgradig gefährliche Persönlichkeit. Vor Gericht eine schluchzende Memme, ein Bürschlein. Als er Machtphantasien hatte, war er in der Lage drei Menschen, einen Freund, seine Lebensgefährtin und eines seiner Kinder massiv zu verletzen.
Das erst zwei Monate alte Baby hat er weggeworfen wie ein Stück Dreck. Das ist unglaublich menschenverachtend und brutal.
Nein, verdammt. Das muss und wird niemand verstehen, der bei Verstand ist.
Lesen Sie hier unseren Bericht: “Man kann ja neue Kinder machen“