Frankenthal, 05. April 2017. (red/momo) Im sogennanten „Babymord-Prozess“ wurde heute eine der Polizistinnen verhört, die in der Nacht zum Tatort gerufen worden waren. Desweiteren spielte die Vorsitzende Richterin Ulrich eine Audioaufnahme vor, welche die Nachbarin gemacht hatte. Ursprünglich war diese lediglich wegen der vermeintlichen Ruhestörung angefertigt worden.
Von Moritz Bayer
Es war ein relativ ruhiger Verhandlungstag am Landgericht Frankenthal. Auch die halbstündige Verspätung, weil eine Anwältin im Stau fest steckte, brachte niemanden aus der Fassung. Bevor es losging, wollte Verteidiger Klein wissen, ob es stimmt, wie von Medien berichtet, dass der Anwalt der Nebenklage Zeuginnen außerhalb des Gerichtes „aufgebaut“ hätte.
Dieser legte offen, dass er und eine Psychologin zweimal angefordert worden seien, um Hilfestellung zu leisten, wenn sich eine Zeugin nicht wohl gefühlt habe. Er habe dann versucht klar zumachen, dass eine weitere Verzögerung wegen einer Nichtaussage das Ganze noch komplizierter gestalten würde.
Polizistin sah beim zweiten Blick die Gedärme
Dann kam eine der Polizistinnen in den Zeugenstand, die in der Tatnacht zugegen war. Die 24-Jährige berichtete sachlich und unaufgeregt. Man merkte ihr aber die Spannung und den Druck an, unter dem sie durch die grausigen Bilder vor Ort steht. In besagter Nacht seien sie und ihre Kollegen wegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen alarmiert worden. Als sie beim Haus ankamen, sei ihnen Arthur H. entgegen getaumelt, er sei verletzt und voller Blut gewesen.
Sie hätten den Säugling etwa auf halber Höhe zwischen Haus und Gehweg auf dem Rasen liegend gefunden, es war bereits kein Puls mehr vorhanden. Als sie mit Taschenlampen ins Gebäude vorgedrungen seien, wäre ihnen ein Kollege mit der Tochter von David L. entgegen gekommen. Sie habe die Kleine übernommen und gefragt, ob sie Schmerzen habe. Auf den ersten Blick habe sie keine Verletzungen festgestellt.
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Das Mädchen hätte aber zweimal gesagt:
Aua, aua, mein Bauch!
Also habe sie nochmal unter der Kleidung nachgesehen und voller Schreck festgestellt, dass durch eine tiefe Schnittwunde Innereien zu erkennen gewesen seien. Sie habe die Tochter dann schnell den Rettungskräften übergeben.
Verteidiger stellt das aus dem Fenster „werfen“ infrage
David L.s Verteidiger befragte die Polizistin zum genauen Fundort des toten Säuglings, den Abstand von Hauswand zum Toten bezifferte sie mit „etwa fünf bis acht Metern“. Auf Nachfrage von Herrn Klein sagte sie:
Mir kam es nicht so vor, als hätte der Säugling dort hin fallen können, es sah mir schon nach einem Wurf aus.
Veränderungen am Boden im Umfeld des Säuglings habe sie keine bemerkt. Die Vorsitzende Richterin zeigte der Polizistin und den Anwälten Bilder vom Tatort. Bevor die Zeugin unvereidigt entlassen wurde, richtete der Verteidiger ihr auf Bitte seines Mandanten, der schweigend und mit starrem Blick daneben saß, aus:
Ich habe ihm gesagt, dass er das persönlich sagen soll, aber er weiß nicht, wie er es hier vor Gericht ausdrücken sollte. Daher soll ich Ihnen von meinem Mandanten ausrichten, dass es ihm sehr leid tut, dass sie in die Geschichte mit hineingezogen wurden und dass Sie nun unter Spätfolgen leiden müssen.
Tonaufnahme zeigt massiven Streit
Als nächstes wurde eine Audiodatei vorgespielt, welche eine Nachbarin, die sich durch den Lärm in der Tatnacht gestört gefühlt hatte, aufgenommen hatte. Auf ihr sind Schreie von Männern und einer Frau zu hören, die wohl aus dem Kampf stammen könnten. Mit etwas Fantasie erkennt man mehrfach einen Ausruf, der
Du Hure!
heißen könnte. Die Stimme der Frau verschwindet dann. Weiterer Lärm könnte auf einen Rolladen deuten, der hochgezogen wird, aber um sichere Aussagen treffen zu können, ist die Aufnahme qualitativ nicht gut genug. Gebannt lauschen das gute Dutzend Zuschauer im Gerichtssaal der Aufnahme und versuchen, weitere Details zu erkennen.
Die Richterin bietet nach Frage des Verteidigers ohne Zeitdruck an, dass die Aufnahme in einer einstündigen Pause mit Kopfhörern von den Anwälten wiederholt gehört werden könne.
Antrag auf weitere Zeugin wird nicht zugelassen
Herr Klein stellte einen Antrag, um eine Mitarbeiterin des Jugendamtes zu vernehmen. Jesmira S. habe dort einen anonymen Brief abgegeben, in dem stand, dass die leibliche Mutter der zwei Töchter David L.s sich nicht um ihre Kindern kümmern könnte:
Da werden Dauerpartys gefeiert und die Koksnase hätte sich noch nie für ihre Kinder interessiert,
hieß es in dem Schreiben, das aufgrund der Handschrift eindeutig Jesmira S. zuzuordnen sei.
Nach der Unterbrechung beantragte die Staatsanwaltschaft, dem Anliegen von Herrn Klein eine Absage zu erteilen, da die Zeugin keine relevanten Informationen um vorliegenden Fall mitteilen könnte. Erstens würde sie weder Jesmira S. persönlich, noch ihre Handschrift kennen, noch stünde der Brief mit dem behandelten Fall in Verbindung, da die Sache erst Wochen nach dem Tod des Baby passiert sei.
Richterin Ulrich sagte, dass sie sich dazu beraten werde. Sie setzte wegen der Fülle an abzuarbeitenden Themen zahlreiche weitere Verhandlungstage fest:
- 24. April, 09.00 Uhr
- 27. April, 09:00 Uhr
- 08. Mai, 13:30 Uhr
- 30. Mai, 08:15 Uhr
- 12. Juni, 09:00 Uhr
- 27. Juni, 09:00 Uhr
- 12. Juli, 09:00 Uhr
- 18. Juli 09:00 Uhr
- 21. Juli, 09:00 Uhr
- 14. August, 09:00 Uhr
Jeweils im Landgericht Frankenthal.