Mannheim, 29. Oktober 2015. (red/cr) Am Mittwochabend führte Carolin Ellwanger, die Geschäftsführerin des Fotofestivals Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg, durch den in der Kunsthalle Mannheim beherbergten Teil des Fotofestivals – “Geld und Gier” ist hier das Thema. Dabei beleuchtete sie die Strukturen des Fotofestivals und den Übergeordneten Zusammenhang der [7] Orte und [7] Prekären Felder.
Von Christin Rudolph
Es gibt viele Fotofestivals, aber nur eines, das die Metropolen einer Region so durch ein übergeordnetes Thema verbindet. Die meisten Fotofestivals sind als Wettbewerbe konzipiert. Beim Fotofestival Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg wird ein Thema von einem Kurator übergreifend umgesetzt. Beim diesjährigen sechsten Fotofestival ist das Urs Stahel.
Umgekehrte Weltwunder
Der international tätige Fotografiespezialist zieht einen roten Faden durch die sieben verschiedenen Ausstellungsorte und zeigt dabei die sieben Facetten des Themas “[7] Orte [7] Prekäre Felder “. Die Symbolzahl Sieben kann für die sieben Weltwunder stehen – oder auch für die sieben Todsünden. Die sieben prekären Felder der heutigen Gesellschaft, die in den Foto- und Videoarbeiten diskutiert werden, sind sozusagen die umgekehrten sieben Weltwunder.
Es sind Felder die mit Themen wie Kommunikation, Selbstwahrnehmung, Macht, Urbanismus und Gier systematische Schwächen zeigen. Individeulle Probleme sind einem geistig immer näher als strukturelle, wie beispielsweise der Klimawandel. Urs Stahels prekäre Felder können auch persönliche Konflikte beschreiben, die symptomatisch für die strukturellen Schwächen sind.
Aktuell und politisch
Die Themen der ausgestellten Foto- und Videoarbeiten sind sehr aktuell, sehr politisch. So ist die Dreikanal-Installation “History Zero” von Stefanos Tsivopoulos ein Kommentar zur aktuellen Lage Griechenlands und Europas, als Symbol für eine globale Krise des Kapitalismus.
Darin wird deutlich, wie wandelbar der Wert des Geldes ist – eine alte verwirrte Dame bastelt Origamiblumen aus ihren Geldscheinen.
In ihrer Welt zählt nur der ästhetische Wert. Im zweiten Filmclip findet ein Schrottsammler die Geldblumen, was sein Leben schlagartig verändert. Ein Künstler, der im dritten Kurzfilm nach Inspiration sucht, erkennt den geistigen Wert des Schrotts, den der Schrottsammler zurückgelassen hat.
Themen betreffen jeden
Diese Videoarbeit in Kombination mit der dazugehörigen gedruckte “Wandausstellung” über alternative Zahlungsmethoden beispielhaft für die Ausstellung. Weil sie dazu anregt, Fragen an sich selbst zu stellen.
Welchen Wert spricht man selbst Geld und Kunst zu? Wie verändern diese Werte unsere Beziehungen zu anderen und uns selbst? Und das Ausstellungsstück zeigt auch, wie sich beim Fotofestival alles inhaltlich zusammenfügt.
Eine weitere Verbindung der sieben Ausstellungen sind die Arbeiten von Jules Spinatsch. Der Schweizer Künstler hat für jedes der sieben prekären Felder eine Fotoarbeit erstellt.
Keine Antworten, sondern mehr Fragen
Die Aufnahmen entstanden in der Region, so zum Beispiel die für die Kunsthalle in einem Mannheimer Elektronikgeschäft. Dabei setzt er viele in regelmäßigen Abständen enstandene Bilder des gleichen Motivs zusammen – Momentaufnahmen, die ein verändertes Bild des Ganzen ergeben.
So kann man auch das sechste Fotofestivals Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg beschreiben. Viele Momentaufnahmen, die kombiniert ein Bild ergeben. Die Fotos und Videos bieten keine fertigen Lösungen. Sie setzen Ausschnitte des aktuellen Zustandes in einen übergeordneten Kontext und fragen dabei genauso wie der Betrachter. Dieser geht aus der Ausstellung mit mehr Fragen heraus, als er vorher hatte. Aber möglicherweise ist genau das der Sinn von Kunst.