Heidelberg, 27. Juni 2016. (red/hmb) “Schlag nach bei Shakespeare” heißt nicht nur ein Lied aus “Kiss Me Kate”. Intendant und Regisseur Holger Schultze folgte dem Rat und brachte mit dem Musical als Stück im Stück Shakespears “Der Widerspenstigen Zähmung” auf die Freilichtbühne. Durch die Zusammenarbeit aller Sparten und das Engagement externer Darsteller ist eine Wahnsinns-Show entstanden, der es an nichts mangelt. Ohrwürmer garantiert.
Von Hannah-Marie Beck
Fetzige Choreografien, knallbunte Kostüme, begeisternde Stimmen und großartige Darsteller. Im Schlosshof gibt es einiges zu sehen. Für die Aufführungen des Musicals “Kiss Me Kate” bei den Heidelberger Schlossfestspielen wird an nichts gespart. Das belohnte das Publikum bei der Premiere am Samstag mit nicht enden wollendem Applaus, begeistertem Gejohle, Standing Ovations und Bravo-Rufen.
Der Chef persönlich, Intendant Holger Schultze, hat Regie geführt – doch so eine großartige Show konnte es nur werden, weil alle Sparten zusammengearbeitet haben. Für tänzerische und musikalische Höhepunkt sorgen die Tanzkompanie sowie der Chor und das Philharmonische Orchester des Theaters und Orchesters Heidelberg.
Es ist das wilde Wechselspiel zwischen “Stück” und “Stück im Stück”, das Cole Porters Musical so erfolgreich macht: Handlungsebene eins: Eine Theatergruppe bringt Shakespears “Der Widerspenstigen Zähmung” auf die Bühne – oder versucht es zumindest. Handlungsebene zwei: Hinter den Kulissen fliegen die Fetzen.
Premierenfieber
Die Darsteller sind im Premierenfieber. Gleich beginnt die Aufführung. Produzent und Regisseur Fred Graham (Joachim Goltz) macht eine letzte Ansage:
Wir hoffen natürlich, dass das Wetter hält,
meint er und erhält begeisterte Zustimmung vom Publikum. Es hält – und der Abend wird ein voller Erfolg.
Fred hat sich selbst mit der männlichen Hauptrolle besetzt. Sein Gegenüber, die widerspenstige Katharina, die es “zu zähmen gilt”, spielt seine Ex-Frau, Lilli Vanessi (stimmgewaltig Claudia Renner).
Noch immer knistert es zwischen Fred und seiner Ex – doch nebenher hat der eine Affäre mit dem blonden Klischee-Dummchen Louis Lane (Julia Lindhorst-Apfelthaler). Hinter den Kulissen schlagen sich die Männer darum, ihr die Handtasche aufzuheben und auf der Bühne flehen sie sie an: “Freiet mich, freiet mich, freiet mich!”. Kein Wunder, denn während Lilli die widerspenstige Katharina spielt, vor der sich alle Männer fürchten, ist Louis in der Rolle der Bianca deren angebetete, schöne Schwester.
Jetzt reichts!
Als Lilli von den Spielchen ihres Ex erfährt wird sie rasend vor Wut. Das Geschehen auf der Bühne ist für sie kein Theater mehr – es wird zur bitter-ernsten Realität. Sie muss die “Widerspenstige” gar nicht mehr spielen. Zu gerne beißt und kratzt sie ihren Ex-Mann wie eine Wilde – mitten während der Aufführung will sie dann ihre Koffer packen.
Was glaubst du denn, einfach gehen. Bist du Großbritannien oder was?
versucht Fred sie aufzuhalten, “ich bringe dich vors Bühnenschiedsgericht”, droht er, doch Lilli ist fest entschlossen, aufzubrechen. Da die Vernunft scheitert sieht sich Fred gezwungen, zu Gewalt zu greifen. Zum Glück hat er gerade zwei Ganoven (zum Schießen: Steffen Scheumann und Steffen Gangloff) zur Hand, denen der Erfolg der Aufführung am Herzen liegt. Das urkomische Duo prügelt Lilli von nun an auf die Bühne.
Dort wird sie als Katharina, an Petruchio alias Fred, verheiratet. Der schubst sie herum, hält sie wach und lässt sie hungern. So komisch alles wirkt, man hat dennoch Mitleid – sowohl mit Lilli als auch mit Katharina. Zwangsheirat, Gewalt gegenüber Frauen – das sind ernste Themen. Und dennoch schmerzt der Bauch vom vielen Lachen.
“Ehefrauen sind wie Handgranaten”
Wer Widerspenst’ge besser weiß zu zähmen, soll’s mir zu sagen sich bequemen,
grölt der Macho auf der Bühne. Doch Lilli weiß sich zu wehren: Sie ruft ihren Verlobten, General Harrison Howell (Ks. Winfrid Mikus), und steigt in sein protziges Auto. Fred muss sich geschlagen geben – er lässt Lilli gehen, doch nicht ohne ihrem Verlobten noch einen gut gemeinten Rat mit auf den Weg zu geben:
Vergessen Sie niemals: Ehefrauen sind wie Handgranaten. Sollten Sie je am Ring ziehen, ist das Haus weg.
Tja, und das war’s dann? Von wegen! Das Happy-End darf natürlich nicht fehlen. Aber das wollen wir Ihnen noch nicht verraten.
Weitere Aufführungen finden vom 29. Juni bis zum 29. Juli statt. Karten kosten 14 – 56 Euro.