Rhein-Neckar, 23. Juni 2018. (red/pro) Der Deutsche Pressrat hat uns vor einigen Jahren von sich aus eingeladen, Mitglied in diesem Verein der freiwilligen Selbstkontrolle zu werden. Diese Einladung haben wir angenommen, wenn auch mit Zweifeln. Diese waren und sind begründet, wie wir gerade aktuell selbst erfahren mussten. Der Deutsche Presserat muss dringend über sich selbst, seine Wirkung und Funktion und über eine unabhängige Kontrolle nachdenken, damit er als Kontrollorgan weiter zu respektieren ist. Das RNB überlegt eine Kündigung – aus Gründen.
Von Hardy Prothmann
Sie vertreten hochwertige, journalistische Produkte. Sie haben den Anspruch, guten, kritischen Journalismus für ihre Leser zu bieten. Ein Merkmal von Qualitätsjournalismus ist die Einhaltung des Pressekodex, den Journalisten und Verleger, die im Deutschen Presserat organisiert sind, gemeinsam entwickelt haben und stetig fortschreiben. (…) Als zukunftsorientiertes Online-Medium mit hohem journalistischem Anspruch möchte ich Sie gern für diese Selbstkontrolle gewinnen.
So hat uns der Deutsche Presserat im Herbst 2013 angeschrieben. Es folgte eine Kommunikation, in der ich meine begründeten Probleme dargelegt hatte, aber grundsätzlich die Bereitschaft erklärte, mich als verantwortlicher Redakteur dem freiwilligen Organ der Selbstkontrolle gegen Entgelt anzuschließen.
Fortan gab es einige Beschwerden gegen unsere Berichterstattung, die durchweg vernünftig behandelt worden sind und insgesamt abgelehnt wurden. Ganz im Gegenteil hat uns der Deutsche Presserat sogar für eine einwandfreie Berichterstattung gelobt.
Aktuell haben wir eine Rüge erhalten. Diese wurde vom Deutschen Presserat vor einer Woche per Pressemitteilung kommuniziert. Wir haben bis heute genau keine Ahnung, wie diese Rüge begründet ist.
So geht das nicht!
Ich habe den Geschäftsführer Lutz Tillmanns angeschrieben und ihn auf diese verwerfliche Praxis hingewiesen. Es kann nicht sein, dass man „angeschuldigt“ wird und nicht weiß wofür – das ist gegen jedes Prinzip der „Waffengleichheit“.
Herr Tillmanns hat das zurückgewiesen und teilt mit, dass die Entscheidung gefallen sei, diese noch protokolliert werden müsse, dann müsse der Vorsitzende des Beschwerdeausschusses das noch unterschreiben und dann irgendwann wird man informiert, worum es eigentlich geht.
Ganz ehrlich? Ich bin vollständig fassungslos. Der Deutsche Presserat ist zwar ein „Papiertiger“, weil nichts, was er rügt oder anmahnt konkrete Folgen hat – aber das stimmt nicht ganz. Man wird von ihm öffentlich an den Pranger gestellt und hat genau keine Chance, sich zeitnah zu positionieren. Das ist empörend.
Ebenso empörend ist, dass es genau kein Medium gibt, dass diese miese Praxis thematisiert und erstaunlich ist, dass öffentlich-rechtliche Medien, die nicht Mitglied beim Deutschen Pressrat sind und damit auch keiner Kontrolle unterliegen, sehr gerne über eine Rüge des RNB berichten. Motto: Rache ist ein schönes Gefühl.
Es geht nicht darum, dass eine Rüge berechtigt ist oder nicht – es geht um grundsätzliche rechtsstaatliche Prinzipien, auch wenn der Deutsche Presserat kein Organ der Rechtspflege ist.
Es kann nicht sein, dass dieses Organ der freiwilligen Selbstkontrolle Mitglieder an den Pranger stellt, ohne dass diese auch nur den Hauch einer Chance haben, sich zu verteidigen. Das hat nichts mit Selbstkontrolle zu tun, sondern höchstens mit Masochismus auf der einen Seite und Sadismus auf der anderen.
Ich stehe nicht auf Masochismus und kann Sadisten nicht leiden.
Aktuell würde ich gerne Stellung nehmen, aber ich warte und warte und warte.
Worauf eigentlich? Schreibt der Presserat sein Protokoll um, weil der Prothmann Ärger angekündigt hat?
Dieser Verdacht ist nicht unbegründet.
Denn eigentlich ist davon auszugehen, dass, wenn eine Organisation eine Entscheidung verkündet, die geeignet ist, erheblichen Schaden zu erzeugen, insbesondere bei kleinen Einheiten, diese dafür sorgt, dass man sich positionieren kann, um Schaden abzuwenden.
Wenn man aber erstmal hängt und dann lange zuwartet, könnte die Motivation derart begründet sein, dass man sicher gehen will, dass die Luft auch ausgeht.
Bei der Bild ist das nicht der Fall, die kassiert immer und hat das eingepreist.
Für mich persönlich ist das nicht so.
Ich nehme die Rüge nicht als Großkonzern an, sondern persönlich verantwortlich.
Und ich weiß nicht warum.
Das ist unerträglich.
Das weiß auch Herr Tillmanns.
Und ich weiß, wer die Hauptträger des Deutschen Presserats sind: Zeitungsverlage und Gewerkschaften.
So gesehen war die Bereitschaft zur Mitgliedschaft ein riskantes Kommando.
Das bin ich eingegangen – offensiv.
Und ich werde, verantwortlich für Inhalte, aktuell hinterrücks öffentlich misshandelt.
Damit habe ich gerechnet.
Der Deutsche Presserat hat nicht damit gerechnet, dass ich das öffentlich thematisiere.
Ich warte immer noch auf die Begründung – falls die eintreffen sollte, gehe ich transparent darauf ein.
Aktuell hat der Deutsche Presserat vor allem Probleme mit sich selbst – das wird außer uns niemand thematisieren. Und der Deutsche Presserat auch nicht. Kritik wurde von uns angebracht, ist aber nicht erwünscht.
Die Retourkutsche von interessierter Seite brauchte Zeit. Seit 2013. Jetzt sah man eine Gelegenheit. Und spielte sie unfair aus.
Wie armselig.
Was meinen Sie – sollten wir Mitglied bleiben? Schreiben Sie uns: chefredaktion (at) rheinneckarblog.de
Hinweis: Wir warten auf die Begründung für die Rüge, bis diese eingeht. Wir dokumentieren diese zeitnah und werden Stellung nehmen. Sollten die Argumente überzeugend sein, beugen wir uns. Sollten Sie das nicht sein, antworten wir. Wir erwarten dann keine Beugung auf der anderen Seite. Denn die andere Seite hat nach unserer Meinung kaum Potenzial für Selbstkritik – auch nicht als freiwilliges Organ der Selbstkontrolle.
Unsere Kritik am Verfahren ist massiv. Eigentlich erwarten wir eine Reaktion: Entweder erfindet sich der Deutsche Presserat neu, was dringend notwendig ist oder schließt das RNB als „unhaltbares“ Medium aus, bevor wir bei diesem Verein austreten.