Mannheim, 19. Juni 2015. (red/ms) Ab 2020 muss das Mannheimer Nationaltheater saniert werden. Wie viel das kosten wird, ist unklar. Fest steht: Die Maßnahme wird eine enorme Belastung für Mannheims Haushaltspolitik. Grobe Kostenschätzungen beziffern Summen zwischen 54 und 80 Millionen Euro – diese Zahlen seien aber nicht seriös oder belastbar, sagt Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz.
![nationaltheater mannheim-2-2](https://www.rheinneckarblog.de/files/2012/12/nationaltheater-mannheim-2-2.jpg)
Ab 2020 soll das Nationaltheater saniert werden – das wird zur enormen finanziellen Belastung für die Stadt. Foto: Nationaltheater Mannheim, Archivbild.
Von Minh Schredle
Das Nationaltheater Mannheim ist sanierungsbedürftig – beispielsweise ist die Haustechnik teilweise seit den 50er-Jahren unverändert. „Das wird vermutlich der größte Brocken“, sagt Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) im Gespräch mit Journalisten:
Da werden wohl fast alle Wände des Gebäudes geöffnet werden müssen.
Gestern hat der Hauptausschuss eine einstimmige Empfehlung an den Gemeinderat ausgesprochen, die Planungsarbeiten für die Sanierungsmaßnahmen europaweit auszuschreiben. Der endgültige Beschluss darüber wird am 23. Juni gefasst.
Allein die Planungskosten werden nach Angaben der Verwaltung um die 3,5 Millionen Euro betragen. Wie teuer die Gesamtmaßnahme werden wird, ist momentan unklar. „Ein belastbares Gutachten dazu liegt noch nicht vor,“ sagt Oberbürgermeister Dr. Kurz. „Um konkrete Zahlen vorgelegt zu bekommen, muss allerdings auch die Planung noch präziser werden.“
Was kann die Stadt sich leisten?
Groben Schätzungen zufolge wird sich der Kostenrahmen zwischen 54 und 80 Millionen Euro bewegen. Die tatsächliche Summe wird jedoch stark davon abhängen, welche Maßnahmen der Gemeinderat durchführen lassen will.
Dr. Kurz sagt dazu, man werde Prioritäten setzen müssen und Aufgaben unterteilen in Pflichten und „nice-to-haves“. Sicher sei schon jetzt, dass man nicht alle Wünsche erfüllen könne. Als bekannt geworden ist, dass eine umfangreiche Sanierung bevorstehen würde, habe es eine ganze Reihe von Ideen gegeben, von denen man sich aus Kostengründen inzwischen wieder verabschiedet habe.
Ein Anbau etwa, in dem man das Schnawwl unterbringen könnte, würde jeglichen Finanzierungsrahmen sprengen,
sagt Dr. Kurz. Man habe sich daher im Gemeinderat dazu entschieden, mit der Sanierung nur das bestehende Gebäude zu sanieren und aufzuwerten – und das wird teuer genug.
Im Gemeinderat gibt es keine Diskussion darüber, ob das Nationaltheater saniert werden soll – das steht für alle Fraktionen fest. Unklar ist dagegen, wie die Maßnahme finanziert werden soll. Denn aktuell können pro Haushaltsjahr nur etwa 80 Millionen Euro in vergleichbare Maßnahmen investiert werden. Davon müssen das Straßennetz Instand gehalten werden, Schulen saniert werden und Neubauten bezahlt werden – die finanziellen Freiräume Mannheims sind also überschaubar.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Sanierung des Nationaltheaters bei Weitem nicht das einzige Großprojekt ist, das die Stadt in den kommenden Jahren umsetzen will oder muss: Die Bundesgartenschau wird voraussichtlich Kosten in Höhe von gut 100 Millionen Euro verursachen, die Konversion von Franklin ist mit einem Investitionsvolumen von etwa 220 Millionen Euro veranschlagt.
Enorme Belastungen für den Haushalt
Diese Maßnahmen bringen zwar ebenfalls auch hohe Einnahmen und werden nicht allein aus dem städtischen Haushalt finanziert – es gibt zahlreiche Zuschüsse von Bund und Land und einige private Investoren – trotzdem werden diese Projekte zunächst eine gewaltige finanzielle Belastung darstellen. Bis zur gelungenen Refinanzierung können Jahre oder sogar Jahrzehnte vergehen.
Wie soll Mannheim also die benötigten Millionen zusammentragen? Mit dieser Frage befasste sich auch der Hauptausschuss – doch auch hier ist man ratlos. Da es sich bei dem Nationaltheater um ein kommunales Theater handelt, ist fraglich, wie hoch Zuschüsse seitens des Landes ausfallen werden. Oder ob es diese überhaupt geben wird. Carsten Südmersen, der Fraktionsvorsitzende der CDU, sagte:
Die Sanierung ist notwendig. Aber wir haben aktuell keine Vorstellung, wie das finanziert werden soll.
Daher brauche es unbedingt zeitnah ein belastbares Gutachten, damit man eine mittelfristige Planung beginnen könne. Professor Dr. Achim Weizel, Stadtrat der Mannheimer Liste und Vorsitzender des „Freunde und Förderer des Nationaltheaters Mannheim e.V.“, sagte, man müsse sich darum bemühen private Investoren für das Projekt begeistern. Dirk Grunert, Fraktionsvorsitzender der Grünen, sagt dazu:
Auch wir hoffen, dass sich ein oder mehrere Geldgeber finden lassen.
Laut Stadtrat Steffan Ratzel (CDU) kämen rund 80 Prozent der Nationaltheater-Besucher gar nicht aus Mannheim, sondern dem direkten Umfeld:
Da wäre schön, wenn sich die Metropolregion Rhein-Neckar an der Finanzierung beteiligen würde.
Dass es dazu kommt, ist nicht unbedingt wahrscheinlich. Denn für die Gemeinden und Städte im Umkreis besteht keine Pflicht sich zu beteiligen, es würde allein auf Freiwilligkeit basieren. Und da die meisten Kommunen zur Zeit nicht gerade von finanzieller Sorglosigkeit sprechen können, ist eher unwahrscheinlich, dass Mannheim mit umfangreichen Zuwendungen und großer Unterstützung rechnen können wird.
Der Baubeginn ist für 2020 vorgesehen. Oberbürgermeister Dr. Kurz spricht von mindestens einem Jahr – „eher eineinhalb“ – in der das Nationaltheater geschlossen werden müsse. Anders wären die Bauarbeiten nicht umzusetzen. Man werde sich Gedanken über alternative Spielstätten während der Schließzeit machen. Eventuell komme die Reaktivierung der Maimarkthalle in Frage, die ursprünglich für Theatervorführungen als Ausweichquartier für das Theater gebaut worden war.