Mannheim/Rhein-Neckar, 17. Oktober 2013. (red/ae) Sie sind jung. Sie sind verliebt. Sie trennen Welten. Das Bayram-Spezial zum Opferfest des 22. Türkfilmfestivali „Tepenin Usaklari/Die Jungs vom Hügel“ ist ein Drama mit Komödie: Eine „Dramödie“, wie sie im Buche steht. Trotz eines altbekannten Plots überzeugt der Film durch Authentizität und Poesie: Jede der Figuren hat ihre eigene Geschichte, ihren eigenen Lebensentwurf und ihre Beweggründe.
Von Alina Eisenhardt
Es herrschen Streit und Zwietracht am Schwarzen Meer. Das kleine Dorf Çiçekli Düz Köy zur Zeit kurz vor dem Militärputsch im September 1980. Die Dorfbewohner sind arm – und trotzdem voller Lebensfreude. Unter ihnen lebt der junge Hikmet (Samet Karahasanoglu). Sein Vater ist nach Deutschland emigriert, um als Gastarbeiter Geld zu verdienen. Im Sommer hütet Hikmet Schafe. Im Winter besucht er die Schule. Später will er Arzt werden.
Der lebensfrohe Junge aus einer armen Familie verliebt sich in die schöne Züleyha (Ayse Öztürk), die Tochter des wohlhabenden Ortsvorstehers Sabri Aga. Sie scheint für Hikmet unerreichbar zu sein. Seine Schüchternheit hindert ihn daran, Züleyha anzusprechen. Um seine Gefühle auszudrücken, schreibt er ihr einen Liebesbrief:
„Ich kann kaum Atmen, wenn du nicht da bist.“
Anfänglich weist Züleyha den verliebten Jungen zurück. Doch im Stillen erwidert sie Hikmets Gefühle. Mit seinen Träumen und seinem Optimismus bringt Hikmet sie dazu, das Leben, das ihr vorherbestimmt ist, zu hinterfragen. Heimlich treffen die zwei sich – immer in der Angst, gesehen zu werden.
Die junge Liebe zweier Menschen ist der Plot dieses poetischen Films. Züleyha weiß bereits zu Beginn, dass ihre Liebe unerfüllbar ist. Die Realität ist zu hart: Sie ist wohlhabend und einem anderen versprochen. Er ist bettelarm und dem unbarmherzigen Sabri ein Dorn im Auge.
Voller Träume – voller Zuversicht
Die Anfangsszene zeigt Hikmet, wie er einem Schaf von der wundervollen Züleyha erzählt. Schon hier wird Hikmets Armut deutlich: Sein Gesicht starrt vor Dreck. Seine Klamotten sind schmutzig. Seine Schuhe kaputt. Dennoch strahlt er. Seine Liebe macht in zuversichtlich.
Mit ihr will er glücklich werden. Bei all dem Elend um sich herum, ist Hikmet voller Träume, voller naivem Optimismus, voller Zuversicht. Er glaubt fest daran, dass die Liebe zwischen Züleyha und ihm jedes Hindernis überwinden kann. Hikmet will den tyrannischen Sabri um Züleyhas Hand bitten. Doch nach kleineren Konflikten und Provokationen erklärt dieser ihm und seinen Freunden schließlich den Krieg.
Natürlich, aber abgenutzt
Die Figuren und Sets wirken nicht hochgestochen und unrealistisch wie bei Hollywood-Produktionen. Stattdessen besticht er durch seine Authentizität. Die Darsteller Samet Karahasanoglu und Ayse Öztürk sind Laienschauspieler. Sie selbst leben in dem Dorf, in dem der Film gedreht wurde.
Und wie im wahren Leben bringt jede der Figuren ihre eigene Geschichte mit. Das gibt dem Film trotz seines abgenutzte Plots viel Tiefe und zeigt Regisseur Ismet Eraydins Liebe zum Detail: Beispielsweise will Züleyhas Mutter, dass ihre Tochter studiert. Ihr Vater will sie, nach den alten Traditionen, lieber verheiraten und betet ständig zu seinem verstorbenen Vater:
Ach, Vater! Jetzt siehst Du, was Du mir mit dieser Frau angetan hast. Das sag ich Dir seit 20 Jahren. Aber ich kann Dir nicht böse sein.
Trotz vieler solcher komischen Momente und der ausgearbeiteten Charaktere strengt die Vorhersehbarkeit der Geschichte sehr an. Immerhin: Beim Verlassen des Saals bleibt die Erinnerung an die junge Liebe zweier Menschen.