Mannheim, 08. April 2019. (red/pro) Aktualisiert. Die Lokalzeitung Mannheimer Morgen hat mit reichlich Getöse einen angeblichen Skandal um die Baufelder IV und V auf der Konversionsfläche Turley inszeniert – von diesem Skandal bleibt nichts übrig, außer der Erkenntnis, dass sowohl die Zeitung und deren berichtende Redakteure wie auch viele Wahlkämpfer fast aller Parteien sich auf Basis von Unkenntnis, mangelhaften Fakten oder vorsätzlichen Fake News zu inszenieren versuchen. Kurioserweise schwingt sich die Lokalzeitung als Hüter der Demokratie auf, tatsächlich ist sie Vorreiter für Populismus gegen staatliche Behörden und schürt damit Politikverdrossenheit und Demokratieverachtung. Die Stadtverwaltung Mannheim hat aktuell zu Anträgen verschiedener Fraktionen und „drängenden Fragen“ der Zeitung den Gemeinderat umfänglich informiert. Eine Analyse.
Von Hardy Prothmann
Regelmäßige Leserinnen und Leser des RNB wissen, dass wir tief und gründlich recherchieren und kein Blatt vor den Mund nehmen, wenn wir unsere Erkenntnisse kritisch einordnen. So auch in diesem Text.
Grundsätzlich falsches Narrativ
Das aktuelle Narrativ der Lokalzeitung Mannheimer Morgen geht so: Die Stadt Mannheim hat sich über die MWS Projektentwicklungsgesellschaft mbH, die eine Tochter der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBG ist, übers Ohr hauen lassen. Der Grund: Zwei Baufelder auf der Turley-Kaserne sind im Rahmen der Konversion an den Investor Tom Bock für 6 Millionen Euro verkauft worden und dieser habe das Gelände nach wenigen Jahren für 36 Millionen Euro weiterverkauft und vergoldet. Der Chefredakteur der Zeitung, Dirk Lübke, kommentiert, der Investor habe „30 Millionen Euro Gewinn“ gemacht. Nachdem die Zeitung diesen Skandal aufgedeckt habe, reagierten die MWSP und deren Geschäftsführer Achim Judt auf die kritische Zeitung mit „taktieren, vernebeln und einlullen“. Das Geschäft sei der Öffentlichkeit vorsätzlich verschwiegen worden, zuständige Gremien seien zu spät oder gar nicht informiert worden.
Dieses Narrativ ist grundsätzlich und teils gegen besseres Wissen falsch. Zutreffend hingegen ist, dass die Zeitung „taktiert, vernebelt und einlullt“. Denn berichtet wird nur, was für einen angeblichen Skandal taugt, alles andere wird weggelassen. (Aktualisierung: Am Abend des 08. April 2019 veröffentlicht die Zeitung einen Artikel „Stadt nennt Hintergründe zum Turley-Verkauf“. Allerdings ändert sich an der Haltung nichts – die Zeitung behauptet weiter, dass deren Fragen nur „in Teilen beantwortet“ seien.) Es wird volle Transparenz gefordert, im Hintergrund aber selbst gemauschelt und unterschlagen, was nicht ins Bild passt. Es werden Dinge skandalisiert, denen die Grundlage für einen Skandal fehlt, indem Sachzusammenhänge behauptet werden, die es nicht gibt. Beispielsweise der Vorwurf der „Vertuschung“ – nach dem Verkauf von Baugebieten an einen privaten Investor hat die Verkäuferin Stadt Mannheim (oder eine ihrer Tochtergesellschaften) überhaupt keine Berichterstattungspflicht gegenüber Gremien wie dem Gemeinderat noch gegenüber der Öffentlichkeit. Auch Medien können zu einem solchen Vorgang keine behördliche Auskunft verlangen, weil es eben ein privates Geschäft ist und nicht ein behördliches Handeln.
Wir haben den Artikel aktualisiert, siehe Hinweis. Im Artikeltext stellt die Zeitung die Frage: „Ist bezahlbares Wohnen auf den Baufeldern überhaupt noch möglich, wenn ein Investor so viel Geld hinlegt?“ Mehr mutwillig bösartige Chaotisierung geht nicht. Diese Frage war zu keiner Zeit während der Verkaufsverhandlungen mit Tom Bock ein Thema. Auch hier konstruiert die Zeitung in einer unverantwortlichen Verschiebung von Zeitschienen und Entscheidungen Zusammenhänge, die es nicht gibt. Das hat derartige Agitprob-Dimensionen, dass es einem dem Atem verschlägt. Die Debatte um günstigen Wohnraum hat mit dem Verkauf und der Entwicklung der Baufelder IV und V auf Turley nichts zu tun. Ganz im Gegenteil waren dort hochpreisige bis Luxuswohnformen geplant und so wurden die Verträge abgeschlossen.
Transparente Informationsvorlage
Mit der 18-seitigen Informationsvorlage V205/2019 wurden am 05. April alle Gemeinderatsmitglieder zu wesentlichen Sachverhalten in Kenntnis gesetzt, die weit über bestehende Fragen hinausgeht und nochmals grundsätzliche Entwicklungen darstellt. Diese Informationsvorlage ist über das Bürgerinformationsystem der Stadt Mannheim öffentlich für die Allgemeinheit und damit auch für Medienvertreter abrufbar. Das Dokument nimmt Stellung zu insgesamt 6 Anträgen: 2 CDU, 1 SPD, 1 Grüne, 1 Freie Wähler, 1 „Bürgerfraktion“.
Das Dokument zeigt in sehr verdichteter Form verschiedene Entwicklungen auf. Zum einen die Entstehung der MWSP und deren Hauptaufgabe, die Konversion der ehemaligen Militärflächen voranzutreiben. Der mehrheitliche Wille des politischen Souveräns, dem Gemeinderat der Stadt Mannheim, war, dass die Gesellschaft eben nicht auf Erzielung von Erlösen ausgerichtet ist, sondern als „agile Gesellschaft“, die Entwicklung der Flächen vorantreiben sollte und soll. Im April 2012 gegründet war das erste größere Geschäft dieser Art die Veräußerung von denkmalgeschützten Bestandsimmobilien an den Investor Tom Bock Group (TBG) aus Frankfurt mit Aufsichtsratsbeschluss im Oktober 2012. Eine reife Leistung, innerhalb einer so kurzen Zeit bereits einen Anker-Investor zu haben. Geschäftsführer war damals nicht Achim Judt, auch nicht der GBG-Geschäftsführer Karl-Heinz Frings, sondern Dr. Konrad Hummel, der Ende erst 2016 als Geschäftsführer der MWSP ausschied und in den Ruhestand wechselte. Als Grundlage für die Veräußerung wird aufgeführt:
Die Tom Bock Group meldete sich aufgrund der allgemeinen, auch überregionalen Berichterstattung als möglicher Investor. Die Leistungsfähigkeit und erfolgreiche Umsetzung einer vergleichbaren Entwicklung in Frankfurt mit einer zugleich dauerhaften Präsenz des Investors in diesem Projekt wurden über eine finanzierende Sparkasse und ihren Vorstand sowie dem früheren Planungsdezernenten der Stadt Frankfurt in persönlichen Gesprächen belegt. Als einziger Interessent traf die Tom Bock Gruppe klare und konkrete Aussagen zur Planung und bot einen die Erwartungen der MWSP treffenden Kaufpreis. Die Bedingungen, die für ein Engagement des Anker-Investors im neuen Quartier vereinbart wurden, waren anspruchsvoll.
Übersetzt: Es wurde aus städtebaulich-konzeptioneller Sicht der Zuschlag an die TBG gegeben. Und dies mit Kenntnis des Aufsichtsrats, der im Juli 2012 noch skeptisch ein mögliches „Überangebot an Wohnungen“ diskutierte. Der Aufsichtsrat, dem damals für die CDU Carsten Südmersen (bis 4. April 2017), seither Claudius Kranz und Konrad Schlichter (damals bis heute) angehörten, für die SPD Reinhold Götz (damals bis heute) und (ab 27. November 2012-09. Oktober 2016) Dr. Boris Weirauch sowie Prof. Dr. Heidrun Kämper (seit 10. Oktober 2016), für die Grünen Gabriele Thirion-Brenneisen (bis 21. Juli 2014), seither Raymond Fojkar, für die FDP Dr. Elke Wormer (bis 21. Juli 2014), für die Freien Wähler Roland Weiß (seit 22. Juli 2014).
Insbesondere die CDU wünschte sich gehobenen Wohnraum und alle Aufsichtsräte wussten, dass die Vorbesitzerin, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), mit einer eigenen Vermarktung 2010 gescheitert war. Damit war belegt, dass das Gelände nicht einfach zu entwickeln sein würde. Über die MWSP soll eine städtebauliche Quartierentwicklung realisiert werden, die Investoren auch Vorgaben macht. Das drückt normalerweise Verkaufspreise – in diesem Fall wurde der Preis, den die BImA über Gutachter festlegte, erzielt.
Aufsichtsräte kennen die Hintergründe seit 2012
Das Dokument stellt fest, dass der damalige wie der heutige Aufsichtsrat die Verträge mit der TBG im Original kannte und kennt. Die Aufsichtsratsmitglieder sind gegenüber ihren Fraktionen und Gruppen von der Schweigepflicht befreit. Damit hätten alle Mitglieder der Fraktionen von SPD, CDU, Grünen, FDP bis 2014 davon Kenntnis haben können und in der aktuellen Wahlperiode SPD, CDU, Grüne und Freie Wähler. Wenn Stadträte wie Thomas Hornung also nichts (zu) wissen (vorgeben), dann, weil die Aufsichtsratsmitglieder die Kollegen nicht informiert haben. (Aktualisierung: Herr Hornung ist ein treffendes Beispiel. Er war zunächst als Gemeinderat der Grünen nachgerückt und wechselte die Partei und die Fraktion zur CDU. Offenbar wurde er weder als Grüner noch als CDUler informiert.) Das Dokument weist auch aus, dass „verschärfte“ Bedingungen diskutiert wurden, aber letztlich als „für den Investor nicht zumutbar“ eingeordnet worden waren. Weiter wird die sehr komplexe Handhabung wie Vertragsrücktritt, Vorkaufsrecht oder Wertsteigerungsklauseln dargelegt und darauf verwiesen, dass im Kontext des Projekts aus verschiedenen Gründen darauf verzichtet worden ist:
Die oben aufgeführte Aufgeldklausel wäre überdies nicht geeignet gewesen, eine Abschöpfung eines relevanten Anteils der in Rede stehenden Mehrerlöse vorzunehmen. Der Verkauf erfolgte ja gerade weit jenseits des Bodenrichtwerts.
Interessant – nach RNB Recherchen lag der Kaufpreis 2012 nach den damaligen Bodenrichtwerten bei rund 4,9 Millionen Euro für die 22.000 Quadratmeter von Baufeld IV und V. Im Raum steht aber, dass TBG 6 Millionen Euro bezahlt haben soll. Das würde sich nach den Richtwerten 2015-2016 orientieren, die von 2012 bis 2016 gut 20 Prozent gestiegen waren. Da sich die Aufpreisklausel aber immer nur auf den Bodenwert bezieht, könnte die MWSP nur wenig abschöpfen. Unterstellt man eine weitere Wertsteigerung 2017-2018 um sogar 50 Prozent, wäre das Gelände 9 Millionen Euro wert. Wie RNB bereits berichtet hat, würde der mittlere Bodenwert bei einem kolportierten Kaufpreis von 36 Millionen Euro bei rund 1.640 Euro liegen (Anm. d. Red.: Weil der Wohngrund rund zwei Drittel ausmacht und sehr viel teurer als Gewerbegrund ist, dürfte der Preis bei über 2.000 Euro und unter 1.000 Euro pro Quadratmeter je nach Wohnen/Gewerbe liegen). Um solche Quadratmeterpreise als Investition mit Gewinnabsicht zu bezahlen, müsste explizit exklusiver Wohn- und Gewerberaum entstehen – doch der neue Investor Fortoon hat das alte Konzept der TBG gekippt und baut nun statt rund 170 Wohneinheiten rund 320 2-4-Zimmer-Wohnungen. Die MWSP kennt den Vertrag zwischen TBG und Fortoon nicht und es gibt auch keinen rechtlichen Hebel, einen Einblick zu verlangen. Privatgeschäfte bleiben privat.
Der Verkauf an TBG brachte notwendige Mittel in die Kassen der MWSP, um das Quartier zu erschließen und andere Projekte zu ermöglichen – ganz so, wie es der Auftrag der MWSP vorsieht. Zunächst verlief auch alles sehr zufriedenstellend, ab 2017 spätestens ging es auf den Baufeldern IV und V aber nicht mehr voran. Und zwischen den Zeilen ist zu lesen, dass das durchaus für Stress sorgte.
Kosten für die Stadt sind vorstellbar – wenn die Investoren verschreckt werden
Da die neuen Investoren erfahrene Projektentwickler sind, wird es also eine Vertragsmasse geben, die den Kaufpreis aus deren Sicht rechtfertigt – die genauen Gründe sind unbekannt. Unter anderem ist das Gelände baureif mit entsprechenden Bebauungsplänen. Welchen Preisanteil der Boden hatte, ist unklar, dürfte aber im Bereich von 9 Millionen Euro liegen. Dazu kommen Planungs- und Genehmigungskosten, Gutachten, juristische Kosten, eben alles, was Kosten im Vorfeld eines Baus verursacht. Auch darauf kann ein Dienstleister einen Aufschlag verlangen. Nach Dafürhalten von RNB rechtfertigt das den Preis immer noch nicht, denkbar ist, dass dieser Preis zwar gezahlt worden ist, aber ein Teil der Summe zurück ins Projekt fließen muss.
Es gab auch keinen „Share-Deal“ (Anm. d. Red.: Wie von manchen vermutet…), bei dem Unternehmensteile verkauft werden und so Grundsteuer gespart wird. Laut Dokument hat Fortoon tatsächlich den Boden erworben und damit auch die Rechtsnachfolge einer vereinbarten Baupflicht – nicht aber die Einhaltung einer später erst Ortsrecht gewordenen Sozialquote. Pacta sunt servanda, sollte auch ein Durchschnittsstadtrat wissen. Stadträte wie Reinhold Götz (SPD) fordern nun, dass die Sozialquote von 30 Prozent realisiert werden müsse – mit Mieten nicht höher als 7,50 Euro pro Quadratmeter. Der neue Investor hat zugesagt, dazu das Gespräch mit der MWSP zu suchen – verpflichtet ist er dazu aktuell nicht, man könnte bauen, wie der Bauplan es vorsieht. Dies will man nicht, also wird man verhandeln. Sollten die Verhandlungen aber den Investor zu sehr stressen, könnte der abermals weiterverkaufen oder die MWSP könnte von ihrem Rückkaufrecht Gebrauch machen, wenn die Baupflicht nicht eingehalten wird. So rum gesehen, würde der Stadt ein Schaden entstehen, denn dann müsste zum deutlich gestiegenen Preis zurückgekauft werden.
Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) wird die Causa Turley am 09. April vor der Gemeinderatssitzung im Ältestenrat besprechen. Hier soll auch festgelegt werden, wie Gemeinderäte Einsicht in den Vertrag zwischen MWSP und TBG erhalten können. Doch was nutzt das? Wenn der Investor geprüft worden ist, wenn ein guter Preis erzielt worden ist, wenn das übliche Verfahren der Vertragsgestaltung mit Projektentwicklern eingehalten worden ist – all das behauptet das Dokument – dann gibt es keinerlei Fehlverhalten und alles ging ordentlich zu. Die Gemeinderäte müssten zu Inhalten schweigen – täten sie es nicht und würden Details öffentlich, wäre die Signalwirkung fatal und alle Investoren würden einen weiten Bogen um Mannheim machen, müssten sie doch mit Unsicherheiten und Veröffentlichungen von Internas rechnen. Es gibt kein Recht der Öffentlichkeit auf Informationen über private Geschäfte, auch wenn eine Zeitung sich das so zurechtkonstruiert. Waren die Geschäfte legal – und nichts deutet darauf hin, dass sie es nicht waren – gibt es kein Recht auf Information. Wären sie illegal, würde es zur Strafverfolgung kommen und damit würden Inhalte öffentlich. Ebenso, falls es zum Rechtsstreit zwischen MWSP und TBG oder möglicherweise auch Fortoon kommen sollte.
Zeitlicher Ablauf ist nachvollziehbar
Auch der zeitliche Ablauf stellt keinen Skandal dar. Laut Dokument wurden die Grundstücke Ende August 2018 verkauft und Anfang Oktober beantragte ein Notar den Verzicht auf das Vorverkaufsrecht der Stadt. Dies wurde nach Prüfung so bewilligt, ja musste bewilligt werden, weil offensichtlich alle rechtlichen Regelungen eingehalten worden sind. Ende September informierte einer der damaligen Geschäftsführer der TBG, Daniele Fuscà (übrigens ein Kandidat auf der Kommunalwahlliste der Freien Wähler) den MWSP-Geschäftsführer Achim Judt über „neue Partner für die Realisierung der Baufelder IV und V“. Oberbürgermeister Dr. Kurz wie der Aufsichtsrat wurden am 11. Oktober darüber informiert. Kurios: Die Lokalzeitung berichtete am 12. Oktober mit einem Zitat von Herrn Fuscà, dass 2019 mit dem Bau begonnen werde – über einen Verkauf erfuhr die Öffentlichkeit nichts aus der Zeitung. Anfang November stellten sich Vertreter der Mehrheitsgesellschafter der Firma Fortoon als neue Eigentümer bei der MWSP vor. Die MWSP betrachtete den Prozess als vorteilhaft, da mit dem neuen Investor offenbar ein Fortgang des zuvor stillstehenden Projekts zu rechnen war. Seit Ende 2017 hatte sich nämlich nichts mehr auf der Baustelle getan – vermutlich war der TBG finanziell die Luft ausgegangen.
Anfang Dezember 2018 wurde dann der MWSP-Aufsichtsrat in Kenntnis gesetzt. Die Lokalzeitung zitierte anonym ein Aufsichtsratsmitglied, dass der Verkauf mit keinem Wort besprochen worden sei. Dazu gibt es zwei Auflösungsmöglichkeiten – der anonyme Aufsichtsrat hat die Zeitung belogen, viel wahrscheinlicher ist aber, dass Chefredakteur Dirk Lübke dieses Zitat einfach relotiusiert hat.
Weiter hat die Stadtverwaltung sofort reagiert und im Dezember beschloss der Gemeinderat eine zweijährige Veränderungssperre für das Gebiet – ein Vorgang, zu dem jeder aufmerksame Gemeinderat hätte Fragen stellen können, warum dies notwendig wurde. Es wurden aber keine Fragen gestellt.
Fazit: Gefährlicher Populismus statt hintergründigem Journalismus
Die aufwändige Zusammenfassung der Stadtverwaltung, die dafür nach RNB-Einschätzung sehr viel Manpower und Zeit benötigt hat, legt sehr umfassend und nachvollziehbar die zeitlichen Abläufe, die inhaltlichen Zusammenhänge und die politischen Verantwortlichkeiten offen. Die Lokalzeitung Mannheimer Morgen hat in Unkenntnis von kommunalen Abläufen und rechtlichen Zusammenhängen einen Skandal konstruiert, den es nicht gibt. Dazu hat die Zeitung eine Reihe von falschen Zahlen und Fake News verbreitet, etwa, dass „Tipico“ der Käufer der Bauflächen sei. Einen Interviewtermin Ende März mit der MWSP hat die Zeitung abgesagt und einen Termin für den 11. April vorgeschlagen, also zwei Tage nach der kommenden Gemeinderatssitzung, für die sie eine Debatte forderte – nur wie sollen angeblich ahnungslose Stadträte debattieren, wenn wichtige „Recherchen“ erst Tage nach der Sitzung durch die Zeitung veröffentlicht werden, weil die Zeitung nicht zuvor Gesprächstermine wahrnimmt? Klingt absurd, ist absurd.
Hinzu kommen „entsetzte“ und „empörte“ Stadträte wie die grünen Dirk Grunert, Gerhard Fontagnier oder Melis Sekmen, die schon reflexartig überall Skandale wittern und Schnappatmung bekommen. Ebenso ein Reinhold Götz (SPD), der nachweislich über alle Hintergründe als Aufsichtsrat informiert sein muss – außer, er schliefe in den Sitzungen. Auch die Freien Wähler könnten über Aufsichtsrat Roland Weiß informiert sein wie die CDU-Stadträte über Aufsichtsrat Claudius Kranz. Auch die FDP war zumindest beim ersten Vertrag zwischen MWSP und TBG im Aufsichtsrat und könnte Bescheid wissen. Als wirklich ahnungslos könnten die drei Einzelstadträte Julien Ferrat (Mannheimer Volkspartei), Christian Hehl (NPD) und Helmut Lambert (vormals AfD, parteilos) sowie die Gruppen Die Linke und Bürgerfraktion gelten – aber auch die hätten im Dezember anlässlich der Veränderungssperre Fragen stellen können.
Die Drohung der Lokalzeitung, ein „Auskunftsrecht“ einzuklagen, hält das RNB ebenfalls für heiße Luft. Höchstrichterlich wurde festgestellt, dass auch kommunale Töchtergesellschaften Auskünfte zu erteilen haben – aber auf konkrete Fragen und sicher nicht pauschal und auch nur in Abwägung zwischen Rechten Drittern und dem öffentlichen Interesse, was immer einzelfallabhängig ist. Die mangelhaften Recherchen, das Trommeln von „Entsetzen“ und die gesammelten Vorwürfe gegenüber der Personalie Achim Judt, dem OB und der Verwaltung haben mit seriösem Journalismus wenig zu tun, sondern sind gefährlicher Populismus.
Die Causa Turley ist damit zuförderst eine Causa Lübke – der Chefredakteur des Mannheimer Morgens dachte, er könnte mit einer konstruierten Story ein wenig Wind machen und in den Kommunalwahlkampf eingreifen. Ihm zur Seite haben sich Kandidaten gestellt, die spekulierten, über eine hohe Aufmerksamkeit möglichst oft ihren Namen in der Zeitung zu lesen – um diesen eigennützigen Vorteil zu nutzen, um (wieder)gewählt zu werden. Tatsächlich versteht man nicht, dass man mit solchen Aktionen erstens die Politikverdrossenheit fördert, also Wähler vom Wählen abhält oder die extremen Ränder stärkt. Ganz selbstverständlich wird jeder, der gemeint sein könnte, das bestreiten.
Das ist sehr bedauerlich – insbesondere, wenn Opportunismus und Skandalisierung dazu führen könnte, dass ein sehr erfolgreiches Modell wie die MWSP zur Zukunftssicherung der Stadt Mannheim aufgrund von populistischen Kurzzeitinteressen massiv beschädigt werden könnte.
Wer RNB liest, weiß mehr und auch, wo er sein Kreuz machen kann und wo eher nicht.
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