Mannheim/Berlin, 07. März 2021. (red/pro) Nikolas Löbel (34), direkt gewählter Bundestagsabgeordneter der CDU in Mannheim, hat heute seinen Rückzug aus der Politik angekündigt und will seine Ämter (Bundestag, Gemeinderat) zum 31. August 2021 niederlegen. Zieht er damit die auch von vielen Parteifreunden öffentlich geforderten Konsequenzen? Nein, kommentiert RNB-Redaktionsleiter Hardy Prothmann: „Die Raffgier hat jeglichen Verstand aufgefressen.“
Kommentar: Hardy Prothmann
Der als politisches Talent bezeichnete Nikolas Löbel hat vor allem eins nicht: ein Gewissen. Ob er je einen moralischen Kompass hatte, muss bezweifelt werden, wenn er je einen hatte, ist ihm der komplett abhanden gekommen.
Nachdem durch einen Bericht des Spiegel bekannt geworden ist, dass er im vergangenen Jahr mindestens rund 250.000 Euro durch „Provisionen“ für Vermittlungstätigkeiten zwischen Maskenverkäufern und Firmen, die diese Masken kauften, erhalten hatte, ging ein Zornesschrei quer durch die Republik. Und zwar nicht nur bei den politischen Gegnern, sondern vor allem auch innerhalb der CDU. Die Spitzenkandidatin der Südwest-CDU, Susanne Eisenmann, zeigte sich ebenso fassungslos wie viele andere, darunter Generalsekretär Paul Ziemiak, um nur zwei prominente Politiker zu nennen.
So viel Einigkeit über alle Parteien hinweg war selten: Löbel solle die Konsequenzen für sein widerwärtiges Verhalten ziehen, da er sich persönlich in der größten Krise seit Beginn der Bundesrepublik Deutschland bereichert habe, in einer Zeit, in denen sehr vielen sehr viel abverlangt wird, Existenzen bedroht sind oder bereits vernichtet.
Was Herr Löbel jetzt als „Konsequenz“ erklärt, zeigt, dass er nichts verstanden hat, sondern ein Raffzahn vor dem Herrn ist. Er nimmt nochmals über 10.000 Euro pro Monat als Bundestagsabgeordneter mit, dazu 1.500 Euro monatlich als Gemeinderat und stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Weiter stehen im in erheblichem Umfang weitere Mittel für die Amts- und Büroausstattung, Reise- und andere kosten für die sechs Monate mit zu seinem tatsächlichen Rückzug aus der Politik zu. Danach erhält er mindestens für drei Monate, eventuell sogar vier ein „Überbrückungsgeld“, also nochmals die Abgeordnetendiät von über 10.000 Euro.
Herr Löbel hat erklärt, er wolle „weiteren Schaden von Partei, Fraktion und allen Kolleginnen und Kollegen abwenden“. Tut er das? Mitnichten. Er vergrößert den Schaden nur noch. Und wieder zu seinen finanziellen Gunsten.
Jeder anständige Bürger wird genau kein Verständnis für dieses Verhalten haben. Und eine Woche vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie ein gutes halbes Jahr vor der Bundestagswahl im Herbst, wird die CDU mit Stimmverlusten für die Löbelsche Raffgier büßen müssen. Und wer soll jetzt statt Löbel für den Bundestag kandidieren? Das ist politisches Harakiri. Es ist nicht zu erwarten, dass die CDU hier wieder das Direktmandat erhält. Und jeder Kandidat muss wissen, dass er antritt, um zu verlieren.
Herr Löbel war bislang als Bundestagsabgeordneter mit Bezügen ausgestattet, die ihm eine wirtschaftliche Unabhängigkeit garantieren. Dazu hat er mindestens eine Viertelmillion Provisionen kassiert – andere, die ihren Job in der Corona-Krise verloren haben oder hoch verschuldet sind, weil ihre Betriebe geschlossen sind, während die Kosten weiterlaufen, werden keinerlei Verständnis dafür aufbringen, dass jemand, der sich moralisch verwerflich zeigt, auch noch den letzten Euro mitnehmen will, anstatt mal für eine gewisse Zeit möglicherweise etwas kürzer zu treten.
Mit dieser „persönlichen Erklärung“, er ziehe „Konsequenzen“, greift er nochmals in die Kasse und macht sich zur persona non grata. Löbel, der Raffzahn.
Die CDU wäre gut beraten, dass sie ihn endgültig vom reich gedeckten Tisch jagt, den er vorerst freiwillig nicht verlassen will.
Von der CDU Mannheim hört man bislang nichts. Was für ein Trauerspiel. Im vergangenen Jahr hatte Nikolas Löbel mit einem umstrittenen Immobiliendeal und als „unternehmerischer Untermieter“ in der CDU-Geschäftsstelle für Streit gesorgt. Im Ergebnis traten Prof. Dr. Andreas Pitz und Chris Rihm aus der CDU aus. Herr Rihm war zuvor Landtagskandidat im Mannheimer Norden und wechselte zu den Grünen. Der Nachfolgekandidat Lennart Christ wird wohl keine Chance haben, den Wahlkreis zu gewinnen, auch wenn er gestern als JU-Vorsitzender den Rücktritt von Nikolas Löbel gefordert hat: „Wir distanzieren uns von Nikolas Löbel und fordern den sofortigen Rücktritt von allen politischen Ämtern. Das schamlose Ausnutzen einer Zwangslage im Gesundheitssystem ist einem politischen Mandatsträger unwürdig und muss persönliche Konsequenzen in Form eines sofortigen Rücktritts zur Folge haben. Überdies werden wir als JU Mannheim Nikolas Löbel bei nächster Gelegenheit den Ehrenvorsitz aberkennen.“
Bei der Gemeinderatswahl verlor die CDU den Status als stärkste Fraktion an die Grünen. Und jetzt dürfte das Bundestagsmandat Geschichte sein. Was für eine verheerende Bilanz und die Partei schweigt? Da kann man nur noch mit dem Kopf schütteln.
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