Mannheim/Rhein-Neckar, 29. November 2017. (red/pro) Eine Student der Politikwissenschaft hat ein Normenkontrollverfahren gegen die Universität Mannheim gewonnen. Er wollte klären lassen, ob nach der Prüfungsordnung Präsenzpflichten festgesetzt werden können. Nein, entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH). Heute wurde der Tenor des Urteils veröffentlicht.
Kommentar: Hardy Prothmann
Als Studienleistung können auch die Präsenzpflicht sowie die hinreichende Teilnahme an Lehrveranstaltungen und Studien festgesetzt werden.
So steht es in der Prüfungsordnung für den Studiengang Bachelor of Arts (B.A.) Politikwissenschaft an der Universität Mannheim und das ist so nicht zulässig, weil zu „wischiwaschi“. Natürlich steht das so nicht im Urteil, sondern:
Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichte den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssten so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen könnten und die Gerichte in der Lage seien, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren.
Diese Sätze könnten auch in einer Vorlesung für Erstsemester fallen, die Jura studieren. Der Adressat eines Gesetzes oder einer Norm muss erkennen können, welche Rechtsfolgen sich eventuell aus seinem Verhalten ergeben. Die staatliche Reaktion auf Handlungen muss voraussehbar sein. Andernfalls könnte man der Willkür des Staates ausgesetzt sein.
Dass die Universität Mannheim bis heute nicht in der Lage ist, ein rechtsstaatliches Grundprinzip in einer Prüfungsordnung hinreichend eindeutig zu verfassen, ist einfach nur peinlich. Noch peinlicher ist es, wenn der Prorektor Thomas Puhl, selbst Jurist, laut Medienberichten „mehr Bürokratie“ für die Universität erkennt, wenn nachgebessert werden müsste. Dabei kommt es überhaupt nicht darauf an, ob er selbst schon mal einen relevanten Fall erlebt hat oder nicht, sondern einzig auf die Einsicht, dass die Universität, die über zahlreiche juristische Lehrstühle verfügt, offenbar bis heute nicht in der Lage ist, rechtsstaatliche Selbstverständlichkeiten zu berücksichtigen. Die Haltung, dass der Lehrende absolut selbst entscheiden könne, wie er für welche Veranstaltungen auch eine 100-prozentige Präsenzpflicht als prüfungsrelevant verlangen könne, ist ein klares Bekenntnis zur Willkür.
Noch peinlicher ist, dass die Universität es auf die Entscheidung hat ankommen lassen. Das zeugt von umfassender Sturheit und keinerlei Voraussicht, welchen öffentlichen Eindruck man hinterlässt. Wie peinlich ist es, wenn der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einer Universität die Leviten liest und ein Student sich mit einer Normenkontrollklage gegen eine nicht-zulässige Regelung in der Prüfungsordnung durchsetzen kann?
Rückfragen an die Universität waren bislang nicht möglich. Dort befinden sich die Ansprechpartner im „Jour fix“. Eine Stellungnahme der Universität in Form einer Pressemitteilung fehlt bislang ebenfalls.
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