Rhein-Neckar, 29. April 2019. (red/pro) Am 28. und 29. April 2019 erschienen zwei erste Texte online – damals noch unter heddesheim.blogger.de. Da die Resonanz enorm war, wurde das Angebot auf die neue Seite Heddesheimblog.de umgezogen, woraus im Januar 2011 als weiteres Angebot Rheinneckarblog.de entstand. Ursprünglich gab es keinen Plan, dieses journalistische Blog-Angebot geschäftlich zu betreiben. Doch es kam anders.
Von Hardy Prothmann
Vor zehn Jahren lebte ich als Bürger in Heddesheim in einem hübschen Haus – aber an der viel befahrenen Viernheimer Straße. Als Anfang 2009 bekannt wurde, dass im Heddesheimer Gewerbegebiet ein riesiges Logistikzentrum entstehen sollte, machte ich mir Sorgen über noch mehr Verkehr. Der Mannheimer Morgen bejubelte das Vorhaben, auch der SWR und andere Medien. Nirgendwo gab es vernünftige und inhaltlich kritische Berichte, also fing ich selbst an zu recherchieren, nicht für eine journalistische Story, sondern als Bürger.
Ich wurde fündig – im Archiv des Mannheimer Morgen. Ich fand 36 Texte aus den Jahren 2000-2007 zu “Pfenning”, ganz überwiegend wurde das Unternehmen erheblich negativ dargestellt. Ich exzerpierte die Artikel und dann stand die Frage im Raum – wo und wie veröffentlichen? Um die Öffentlichkeit möglichst breit zu erreichen, erstellte ich die Seite “heddesheim” auf dem Angebot blogger.de. Innerhalb weniger Tage war die Seite kaum mehr zu erreichen, weil immer nur eine begrenzte Zahl von Zugriffen mögliche war. Also fuchste ich mich in WordPress ein, registrierte die Seite heddesheimblog.de und damit entstand ein neues “hyperlokales” Medium, auf das im Januar 2011 das Rheinneckarblog.de folgte. Im Frühjahr 2015 wurden alle zehn Ortsblogs für die Gemeinden im Landtagswahlkreis Weinheim eingestellt und im Rheinneckarblog.de übernommen.
“Pfenning” versprach damals bis zu 1.000 Arbeitsplätze und erhebliche Gewerbesteuerzahlungen an die Gemeinde Heddesheim. Nach meinen Recherchen war das unglaubwürdig und ich sollte Recht behalten. Das Logistikzentrum wurde gebaut und der “regional verbundene Familienunternehmer” Karl-Martin Pfenning verkaufte die Hallen noch vor Fertigstellung an einen Immobilienfonds, wie ich exklusiv berichtet habe. Nach meinen Informationen machte er dabei rund 13 Millionen Euro Gewinn für sich selbst. Heute mag niemand mehr in Heddesheim über “Pfenning” reden – die Jubelreden fallen aus. Dafür macht der Bürgermeister Michael Kessler selbst Grundstücksgeschäfte, die mindestens ein Geschmäckle haben.
Im Laufe der Zeit verlagerten sich die Themenschwerpunkte auf die gesamte Metropolregion, hier insbesondere auf das Oberzentrum Mannheim. Thematisch versuchte das Rheinneckarblog “gesellschaftlich relevante Themen” zu bearbeiten. Wir machen kein Boulevard, es gibt keinen “Bratwurstjournalismus” bei uns.
Ich habe vermutlich jeden Fehler gemacht, den man machen kann, bei der Entwicklung dieses journalistischen Angebots. Es gab ja auch keine Vorbilder, was war Pionierarbeit. Bis 2013 gab es einen regelrechten Boom an Lokalblogs, viele nahmen sich das Heddesheimblog als Vorbild. Allein in den ersten vier bis fünf Jahren sind rund 400 Artikel über das Heddesheimblog und mich veröffentlicht worden, zudem gab es zahlreiche wissenschaftliche Studien zu dieser neuen Form von journalistischem Angebot. Heute sind die allermeisten Lokalblogs wieder verschwunden – aus vielen Gründen, einerseits fehlte es an journalistischer Kompetenz und andererseits vor allem an einem Geschäftsmodell, um die Arbeit zu finanzieren.
Meine Mitarbeiter und ich haben aber auch Vieles richtig gemacht – sonst gäbe es auch das RNB nicht mehr. Hier habe ich insbesondere einem Jugendfreund viel zu verdanken, der 2015-2016 half, den wirtschaftlichen Betrieb zu sichern.
Ab 2015 gab es einen sehr umfassenden Themenschwerpunkt – die “Flüchtlingskrise”. Bis heute reden alle über das Jahr 2015 mit dem Massenandrang. In unserer Berichterstattung begann die Krise viel früher, etwa ab 2012. Bereits damals suchten die Gemeinden und das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis mit erheblicher nach Unterkünften. Doch als “kleines Blog” hat man keine Chance gegen den “Mainstream”, bis heute gilt als Beginn der Krise das Jahr 2015. Das ist falsch. Da kamen nur die meisten Menschen nach Deutschland – was angeblich niemand so vorhersehen konnte. Auch das ist falsch.
Seither erlebe ich vor Ort das, was ich “allgemeine Radikalisierung der Gesellschaft” nenne. Nein, nicht nur von “rechts”, ebenso von “links”. Fake News gibt es von beiden Seiten, der Umgangston wird immer rauer und die allgemeine Hysterie kennt nur eine steil nach oben verlaufende Kurve. Das ist bedenklich und macht mir große Sorgen, weil mit der Hysterie die Unversöhnlichkeit zunimmt.
Das Thema Sicherheit nimmt beim Rheinneckarblog.de ebenfalls einen breiten Raum ein – kein Wunder angesichts einer erheblich gestiegenen Gewaltkriminalität und immer mehr Terroranschlägen, die auch Deutschland erreichten.
Journalistisch ist das Rheinneckarblog.de ein Taktgeber – wir setzen häufig Themen früher als andere Medien und unterscheiden uns erheblich in der Tiefe durch umfassende Recherchen und ebenfalls umfassende Analyse und Darstellungen. Dabei liegen wir bei Prognosen fast immer richtig. Ich erinnere nur an meine Zweifel, was die “Willkommenskultur” angeht, die ich als “Hilfsbesoffenheit” bezeichnet habe. Veröffentlicht im September 2015 – ab Sommer 2016 war es vorbei mit der Euphorie.
Innerhalb dieser zehn Jahre als “Blogger” habe ich enorm viel gelernt und natürlich auch viele schöne Dinge erlebt. Ich mag die Zeit, so anstrengend sie oft auch war, nicht missen. Das RNB hat sich immer wieder neu erfunden und weiterentwickelt, so wird das auch für die Zukunft bleiben.
Sehr interessant ist: Als ich damals mit dem Bloggen anfing, habe ich es als sportliche Herausforderung gesehen, dem alten Mediensystem (in dem ich seit 1991 gearbeitet habe) zu zeigen, was man machen kann und wie schnell man sein kann. Zehn Jahre später setze ich auf Entschleunigung. Das RNB versucht also nicht mehr so viel wie möglich so schnell wie möglich zu machen, sondern reduziert Themen, um sich stärker auf ausgewählte Inhalte konzentrieren zu können.
Was bleibt, ist das Leitmotiv: RNB-Journalismus ist Arbeit von Menschen für Menschen – vor Ort.
Ihr
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Anm. d. Red.: Nachfolgend die ersten zwei Texte, die auf dem damaligen Heddesheimblog.de erschienen sind.
28. April 2009
Alles gut oder alles schlecht mit Pfenning in Heddesheim?
Das Unternehmen pfenning logistics GmbH will ab 2010 mit dem Bau von Hallen nördlich der Benzstraße beginnen und dort ein riesiges Logistik-Zentrum errichten. 2013 soll der Firmensitz vom hessischen Viernheim ins badische Heddesheim wechseln.
Geplant ist die Bebauung eines Areals nördlich der Benzstraße in einer Größe von 200.000 Quadratmetern. Ein zweiter Bauabschnitt könnte nochmals so groß werden, also insgesamt gut 400.000 Quadratmeter umfassen.
Der Heddesheimer Bürgermeister Michael Kessler freut sich Anfang Februar 2009: „Sie sehen einen insgesamt rundum glücklichen Bürgermeister“, zitiert ihn der Mannheimer Morgen. Und: „Wir sind stolz, so ein großes und bedeutendes mittelständisches Familienunternehmen für Heddesheim gewonnen zu haben.“ (Was „bedeutendes“ Unternehmen meint, lässt sich eindrucksvoll unter Was heißt bedeutend? nachlesen.)
Der Gemeinderat hatte das Projekt zuvor am 22. Januar einstimmig abgesegnet. Der Beschluss allerdings wurde in einer nicht-öffentlichen Sitzung gefasst, die Heddesheimer Bürgerinnen und Bürger erfahren von dem Projekt aus der Presse.
Frohe Botschaft?
Die Botschaft lautet: Heddesheim bekomme auf einen Schlag bis zu 1000 neue Arbeitsplätze, Heddesheim könne stolz sein auf diese Akquisition, die kleine Gemeinde werde ein bedeutender Standort, die wirtschaftliche Entwicklung der Kommune werde gefördert. Heddesheim komme mitten in der Krise voran.
Kurze Zeit darauf zeigt sich aber, dass Bürgermeister und Gemeinderat ihre Rechnung nicht mit den Bürgern gemacht haben.
Was bedeutet das für uns?
Denn die haben Sorgen. „Was bedeutet das für uns?“, ist die Kernfrage. Die meisten meinen den Verkehr, viele die Gefährdung durch den Verkehr, ebenfalls viele die Umweltbelastung durch Feinstaub, Lärm und versiegelte Flächen, manche Eigentümer fürchten einen Wertverlust ihrer Wohnungen, Häuser, Grundstücke.
Wer bis dato noch keine Meinung hatte, findet Anfang April ein „Flugblatt“ mit diesen Fragen in seinem Briefkasten.
Und plötzlich sind sehr viele Heddesheimer nachdenklich geworden, manche sind gar sauer auf ihren Bürgermeister und den Gemeinderat.
Denn sie fühlen sich übergangen. (siehe einen Leserbrief aus dem Mannheimer Morgen).
Sie haben das Gefühl, dass das Schicksal Heddesheims und damit ihr eigenes über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. Mit ungewissem Ausgang.
Bürgerbeteiligung als Farce
Sie fühlen sich verraten, weil die „Bürgerbeteiligung“, bei der das Projekt vorgestellt wird, zur Farce wird. Bürger, die sich beteiligen, also ihre Ansichten äußern und Fragen stellen, bekommen von einem sichtlich mehr und mehr genervten Bürgermeister nur die Auskunft, dass kritische Fragen eines Flugblatts unwahre Behauptungen aufstellten und die Fakten nicht kennten und pfenning logistics nach Heddesheim kommen wird.
Manch einer der Fragesteller wird an diesem Abend von einem selbstgefälligen SWR-Moderator abgemeiert, der Stimmqualität oder Ausdruck der fragenden Bürger bemängelt und dabei selbst wegen fortwährenden Nuschelns oft schlecht zu verstehen ist. Der Moderator läßt gar einem Redner gleich mehrfach das Mikrofon abdrehen. Nur die Buh-Rufe der versammelten Bürger bringen ihn zur Einsicht.
Und viele sind fassungslos, als Uwe Nitzinger, Geschäftsführer des Unternehmens pfenning logistics, auf die Frage nach Gefahrstoffen wie beispielsweise Trennmitteln die Sachlage so erklärt: Ja, Trennmittel lagere man auch, aber die seinen in der Industrie eben so notwendig wie das Fett, mit der die Hausfrau die Backform einstreicht, damit der Kuchen nicht haften bleibt.
Sind 100 Millionen Euro mehr wert als kritische Fragen?
Und viele der anwesenden Bürger fühlen sich verkauft angesichts der Zahlen. 100 Millionen Euro will das Unternehmen pfenning logistics in den neuen Standort investieren.
100 Millionen Euro sind viel mehr als ein paar kritische Stimmen, denken sich viele und kapitulieren schon fast innerlich angesichts eines Bürgermeisters und eines Gemeinderats, die klar gemacht haben, was sie wollen.
„Was können wir dagegen schon machen?“, wird nach der Veranstaltung gefragt.
Widerstand leistet eine Interessengemeinschaft „Nein-zu-Pfenning“. Die Motive der Menschen, die sich gegen das Pfenning-Projekt wehren wollen, sind unterschiedlich. Angst vor dem Verkehr, Sorge um den Lärm und die Umwelt sowie Verlust an Lebensqualität in der Gemeinde waren anfangs die wichtigsten Gründe.
Die Initiatoren der Interessengemeinschaft haben nachvollziehbare Gründe für ihre Ablehnung. Einige sind Gewerbetreibende, die selbst im bereits bestehenden Gewerbegebiet gegenüber dem geplanten Logistik-Standort wohnen und ganz egoistisch um ihre Wohn- und Lebensqualität bei bis zu 1000 LKW-Fahrten in Spitzenzeiten pro Tag bangen – und dass nur in der ersten Ausbaustufe.
Andere sind Anwohner der Ringstraße. Ihr Motiv ist im wesentlichen dasselbe wie auch das anderer Heddesheimer, die an den Achsen durch Heddesheim leben, also Viernheimer Straße, Unter- und Oberdorfstraße, Muckensturmer Straße, Werderstraße, Schaafeckstraße und Großsachsener Straße.
Sorgen und Frust
Aber überraschend viele Bürger, die dem Pfenning-Projekt skeptisch gegenüber stehen, sind nicht direkt betroffen, sondern fühlen mit, machen sich für andere Sorgen, denken an die Kinder, an die Alten, an die Umwelt und an die Gemeinde an sich.
Und sind erbost über den Auftritt ihres Bürgermeisters und enttäuscht über die unkritischen Gemeinderäte, die ihre Fragen nicht gestellt und in nicht-öffentlicher Sitzung für dieses Projekt gestimmt haben.
Bis heute fehlt von Seiten der Fraktionen „CDU“, „SPD“, „FDP“und „Bündnis90/Grüne“ jede offizielle Stellungnahme zum Pfenning-Projekt. Ebenso wie auf der homepage der Gemeinde Heddesheim.
„Warum?“, fragen sich viele. Diese Nicht-Informationspolitik schürt die Befürchtungen, dass längst nicht alle „Fakten“, außer dass Pfenning kommt, auf dem Tisch liegen. „Was wird uns verheimlicht?“, ist eine gängige Frage.
Als Grund für die Geheimhaltung nennt Bürgermeister Kessler die „selbstverständlich“ zu schützenden „Interessen“ des Investors. Dass auch seine Bürger Interessen haben, die es zu schützen gilt und dass dies für einen Bürgermeister „selbstverständlich“ sein sollte, fällt ihm nicht ein. Soviel Bürgerferne war selten.
„Nach der Bürgerbeteiligung“, die nach Ansicht der Mehrheit der anwesenden Bürger keine war, ist für diese nun „vor der Bürgerbeteiligung“ geworden. Sie wollen mitreden, zumindest Fragen stellen können und dafür verständliche Antworten erhalten.
Das versucht auch dieses Blog.
Eine Gemeinde ist so lebendig wie ihre Bürger. Sie braucht weder vertrauensselige Ja-Sager, noch notorische Nein-Sager. Sie braucht aktive Bürger, die sich für das eigene Wohl und das ihrer Mitbürger interessieren.
Lesen Sie mit. Schreiben Sie mit. Diskutieren Sie mit. Denken Sie nach. Bringen Sie sich ein.
Sie sind herzlich eingeladen!
Ihr heddesheimblog
P.S.: Am 7. Juni 2009 ist Gemeinderatswahl. Gehen Sie hin oder wählen Sie per Briefwahl.
29. April 2009
Was heißt bedeutend?
Nun, dem Wortsinn nach, dass man etwas oder jemanden deutet.
Der Duden setzt „bedeutend“ mit „außergewöhnlich“ gleich und definiert:
au|ßer|ge|wöhn|lich : a) nicht in, von der gewöhnlichen, üblichen Art; vom Ãœblichen, Gewohnten abweichend; ungewöhnlich:
Duden – Deutsches Universalwörterbuch. 4. Aufl. Mannheim 2001.
Machen Sie sich selbst ein Bild von der Bedeutung des Unternehmens pfenning logistics GmbH, der Vorgängerfirmen und der verbundenen Unternehmen.
Anmerkung:
Sofern nicht anders gekennzeichnet finden Sie hier Datum, Schlagzeile und Unterschlagzeile sowie eine kurze Zusammenfassung von Texten aus dem Mannheimer Morgen und dessen Regionalausgaben über Unternehmen der Pfenning-Gruppe.
Fett gedruckt sind die originalen Schlagzeilen der Zeitung. In Anführungszeichen stehen direkte Zitate aus den Artikeln.
Wer die Originale auf der homepage des Mannheimer Morgen nachlesen will, braucht eventuell einen Abonnenten-Zugang oder alternativ den Morgenweb-Schlüssel aus der tagesaktuellen Ausgabe.
30. Dezember 2000
„Sylvester-Kracher“ schockt Mitarbeiter
Zum Jahreswechsel verkauft sich die Pfenning Spedition GmbH an die Profi-Log Spedition GmbH, Werftallee 13, 18119 Rostock. „Die Herren Nitzinger und Dollner sind nicht mehr Geschäftsführer der Pfenning Spedition“ (Herr Nitzinger ist heute Geschäftsführer von pfenning logistics, Anm. von H. Prothmann). 130 Beschäftige sind betroffen, die Verwirrung ist groß. Nitzinger teilt mit, dass die Pfenning Spedition GmbH keine Betriebsadresse mehr in Viernheim habe, eine Betriebsversammlung sei daher „illegal“. Beschäftigten, die ihre Arbeit bei der Mannheimer Niederlassung der Profi-Log antreten würden, „behalten ihre sozialen Anwartschaften“, droht er unverhohlen allen, die das nicht tun.
30. Dezember 2000
Schock-Nachricht vom Chef
Die Journalistin Ruth Weinkopf versucht verzweifelt den „bisherigen“ Firmenchef Karl-Martin Pfenning, einen seiner Geschäftsführer oder die Firma Profi-Log in Rostock oder Mannheim telefonisch zu erreichen. Weder die Auskunft, noch andere Firmen an den neuen Standorten kennen Profi-Log oder die neu gegründete PF United Logistics in Viernheim.
3. Januar 2001
Profi-Log legt Fehlstart hin
Verwirrspiel um ehemalige Spedition Pfenning geht weiter
Ein privater Sicherheitsdienst hindert rund 30 Beschäftigte der ehemaligen Viernheimer Pfenning Spedition GmbH daran sich mit Vertretern der Gewerkschaft ÖTV in der Kantine zu treffen.
Mitarbeiter, die in Mannheim ihre Arbeit an der neuen Betriebsstelle aufnehmen wollten, wurden wieder nach Hause geschickt. Das Arbeitsgericht Darmstadt erlässt eine einstweilige Verfügung und untersagt den ehemaligen Mitarbeitern, ihre Arbeit in Mannheim aufzunehmen, bevor nicht die Verhandlungen über einen Interessenvergleich abgeschlossen sind. Uwe Nitzinger, Geschäftsführer der Pfenning Logistik GmbH, nennt als Gründe für den Verkauf der Firma „markpolitische Aspekte“.
3. Januar 2001
Sicherheitsdienst verwehrt Beschäftigten Zutritt
Gespannte Atmosphäre bei ehemaliger Pfenning Spedition / Betriebsratsvorsitzender will wegen Tätlichkeiten Anzeige erstatten
Der Betriebsrat ruft zur Betriebsversammlung auf, die ehemalige Geschäftsführung bezeichnet dieses Treffen per Aushang als „illegal“. Der Betriebsratsvorsitzende Hans-Dieter Mai gibt an, von Sicherheitsleuten „in den Bauch geboxt“ worden zu sein, „so dass er zu Boden ging“. Er sei ein zweites Mal geschubst worden, zu Boden gegangen und auf den Hinterkopf gefallen. „Ich habe Kopfschmerzen und Übelkeit“, wird Mai zitiert. Mitarbeiter durften nach eineinhalb Stunden dann doch zur Betriebsversammlung, aber nicht an ihre Arbeitsplätze. ÖTV-Sprecherin Monika Hettwer bezeichnet das Vorgehen der Firma als „sensationell“ und „menschenverachtend“.
„Sie spielte damit auf Vorkommnisse vor knapp zehn Jahren an. Damals, im April 1991, war ein Werkstattleiter wegen eines Warnstreiks ausgerastet und hatte mit einem Truck den Tisch der Gewerkschaft niedergewalzt. Entlassen hat die Spedition damals einen Betriebsrat.¦ Er musste später nach einem Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt wieder eingestellt werden. Zuvor hatte ihm sein Arbeitgeber schon mehrfach – ebenfalls erfolglos – gekündigt. Der Mann ging schließlich von alleine.“
4. Januar 2001
Angestellten erneut Zutritt verweigert
Auch der Viernheimer Bürgermeister Matthias Baaß schaltet sich nun in das „Verwirrspiel um die frühere Spedition Pfenning“ ein. Er stellt den protestierenden Beschäftigten einen Raum im „Forum für Senioren“ für Betriebsversammlungen zur Verfügung. Der Betriebsratsvorsitzende wird mit Mitteilung von Uwe Nitzinger seiner Funktion enthoben.
Bürgermeister Baaß kritisiert die Informationspolitik des Unternehmens und verlangt umfassende Aufklärung. „Zur neugegründeten Firma Profi-Log machte Nitzinger auch dem Bürgermeister gegenüber keine weiteren Angaben.“ Der Zeitung erklärt Nitzinger, „von einer Zusammenarbeit mit der in Viernheim neugegründeten Pf united logistics GmbH, mit der der bisherige Eigentümer nichts mehr zu tun habe, verspreche er sich einschneidende Verbesserungen im Dienstleistungs- und Servicebereich, man stehe vor einem „Quantensprung“ im Speditionsgeschäft.“
5. Januar 2001
Politik appelliert an Spedition
„Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Michael Meister appellierte gestern an die Unternehmensleitung: „im Sinn der der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Unternehmens der Firma Pfenning, das Verwirrspiel der vergangenen Tage zu beenden.““
„Der Bundestagsabgeordnete respektiert „die Freiheit unternehmerischer Entscheidungen, die im Rahmen der geltenden rechtlichen Bestimmungen erfolgen. Aber das Wohl des Unternehmens und das Wohl der Arbeitnehmer sind keine Gegensätze, sie bedingen einander.“
„Der Fraktions- und Parteivorsitzende der Viernheimer CDU, Martin Ringhof, erinnerte daran, dass das deutsche Wirtschaftssystem auf dem der sozialen Marktwirtschaft beruhe. Das Verhalten der Arbeitgeber (Pfenning, Anm. H. Prothmann) vertrage sich weder hiermit noch mit den Grundsätzen einer christdemokratischen Wirtschaftspolitik.“
Die Grünen kritisieren die „Wildwest-Manieren“ der Spedition.
9. Januar 2001
Unternehmerische Willkür
„Mit Sorge beobachten die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) die wachsende Tendenz, wie sich gewisse Kreise versuchen unter strenger Wahrung ihrer Eigeninteressen und der Missachtung der Rechte anderer aus ihren Pflichten zu stehlen. Ein solch gravierendes Beispiel unternehmerischer Willkür liefert derzeit die Geschäftsleitung der Spedition Pfenning in Viernheim.“
Hans Winkler, 1. Vorsitzender KAB
12. Januar 2001
Termin vor Arbeitsgericht geplatzt
Pfenning Geschäftsführung ignoriert Vorladung
„Die Vorgänge um die Pfenning Spedition GmbH, Viernheim, nehmen immer groteskere Züge an. Zu einer Verhandlung, die für gestern vor dem Arbeitsgericht Darmstadt anberaumt war, erschien kein Vertreter der Geschäftsführung. Begründung: Man sein nicht zuständig, das Unternehmen verkauft.“
„Weiterhin nebulös bleibt die Firma Profi-Log Spedition GmbH, an die die Pfenning Spedition GmbH nach Angaben der Geschäftsführung verkauft worden sein soll.“
„Das Gremium (ÖTV, Anm. Hardy Prothmann) fordert die Verantwortlichen in einem Schreiben auf, bei einer Betriebsversammlung am kommenden Montag endlich Klarheit über die Eigentumsverhältnisse zu schaffen.“
13. Januar 2001
Pfenning meldet sich zu Wort
Speditionschef macht Gewerkschaft für Unruhe verantwortlich
„Pfenning gibt nur einen Fehler zu: Der Sicherheitsdienst hätte dem Betriebsratsvorsitzenden nicht den Zutritt zum Betrieb verbieten dürfen. Die Bewachung begründet Pfenning mit versicherungsrechtlichen Anforderungen.“
„Scharfe Angriffe richtet der Firmenchef gegen die ÖTV-Gewerkschaftssekretärin Monika Hettwer: „Sie versteht es meisterlich, das Feuer zu schüren“, so Pfenning. Hettwer lässt dieser Angriff kalt: „Es ist meine Aufgabe, Missstände zu bekämpfen, das tue ich.“
16. Januar 2001
Trauerspiel
Unser Redaktionsmitglied Dirk Pohlmann kommentiert den Fall Pfenning Spedition
„Pfenning Holding, Pfenning, Logistik, Pfenning Spedition, Log-Sped, Profi-Log, Profi-Consult, PF United Logistics: Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist dennoch bereits unübersichtlich.“
16. Januar 2001
Jetzt will der Landrat vermittelnd eingreifen
Streit um en Verkauf der Pfenning Spedition GmbH geht weiter / Wieder Solidaritätsbekundungen in der Lilienstraße
„Mir geht’s um Transparenz und darum, die Firmenpolitik offen zu legen“, betonten Hofmann (der Landrat, Anm. Hardy Prothmann). „Es muss Klarheit über den künftigen Status herrschen. Schließlich müssen die betroffenen Arbeitnehmer ihre Familien ernähren.“
„Die Bundestagsabgeordnete Christine Lambrecht berichtete von eigenen Recherchen in Rostock. Dort sei die Firma Profi-Log weder im Handelsregister eingetragen noch sei sie dem Speditionsfachverband oder der IHK bekannt.“
16. Januar 2001
Keine Bewegung im Streit um Pfenning
Geschäftsführungen und Gewerkschaft bleiben unversöhnlich / Politik gibt Vermittlung auf
„Die Positionen im Streit um die Viernheimer Pfenning-Gruppe bleiben unverändert, einen Einigung scheint weiter entfernt denn je.“
23. Februar 2001
Pfenning-Fahrer gehören zur PF
Arbeitsgericht Darmstadt gibt Gewerkschaft Recht
„Das Darmstädter Arbeitsgericht hat ein Machtwort gesprochen: Die Arbeitnehmer der früheren Pfenning Spedition GmbH haben einen Beschäftigungsanspruch gegen die Firma PF United Logistics Spedition GmbH. Es liegt ein Betriebsübergang von der Pfenning Spedition auf die PF United vor.“
23. November 2001
Paukenschlag bei Pfenning
Pf United Logistics stellt Antrag auf Insolvenzverfahren
„Genau ein Jahr nach der Affäre um den Verkauf der Pfenning Spedition GmbH gibt es in der Viernheimer Logistik-Gruppe einen neuen Paukenschlag: Die pf United Logistics GmbH hat gestern einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Betroffen sind nach Angaben des Unternehmens 53 Arbeitnehmer.“
„Die pf United begründete gestern ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten mit Kundenverlusten auf Grund der „spektakulären Aktionen der ÖTV und des Betriebsrates“.
23. Juni 2006
Meterhohe Flammen schießen aus der Lagerhalle
Großbrand auf dem Gelände der Spedition Pfenning / Millionenschaden, aber keine Verletzten / Brandursache unklar
„Mit einem Inferno aus Rauch und Flammen kämpfte die Feuerwehr in der Nacht zum Freitag: Bis zu 25 Meter hoch schossen die Stichflammen aus einer Lagerhalle in Viernheim. Sie wurden durch den Brand völlig zerstört.“
„Zeitweise drohte das Feuer auch auf zwei Tanks mit Flüssiggas und auf ein benachbartes Unternehmen überzugreifen, das Aluminium und Altpapier gelagert hat. Das konnten knapp hundert Einsatzkräfte aber verhindern. Als besonders kritisch beschreiben Einsatzkräfte den Augenblick, als sich kurz dach ihrem Eintreffen große Mengen brennbarer Stoffe durch Sauerstoffzufuhr auf einen Schlag entzündeten.“
17. November 2007
Umstieg von Zug auf LKW
„Der Streik der Lokomotivführer trifft nicht nur Urlaubsreisende und Berufspendler, der nach und nach eskalierende Ausstand beschert auch den Spediteuren jede Menge Mehrarbeit. Der Frachtverkehr verlagert sich zunehmend von der Schiene auf die Straße“
„Betroffen ist auch die Viernheimer Spedition Pfenning Logistics, die Waren eines Hauptkunden (Henkel, Anm. Hardy Prothmann) normalerweise per Zug geliefert bekommt. „Da das derzeit nicht möglich ist, wurde der gesamte Transport auf LKW umgestellt, so Sprecherin Pélagie Mepin.“