Mannheim/Rhein-Neckar/Stuttgart, 29. Januar 2013. (red) Innenminister Reinhold Gall (SPD) hat heute den Innenausschuss über die durch ein Gerichtsurteil notwendige Regelung in Sachen Führungspositionen der Polizeipräsidien informiert. Das Innenministerium wird gegen den Richterspruch des Verwaltungsgerichts keine Beschwerde einlegen und schreibt die betroffenen 23 Stellen Polizeipräsident/Vizepräsident neu aus. Der für Mannheim vorgesehene Polizeipräsident Thomas Köber wird für Sonderaufgaben ins Innenministerium gerufen. Die Vizepräsidentin Caren Denner übernimmt die kommissarische Leitung.
Von Hardy Prothmann
Das Chaos wird noch Monate andauern. Nachdem das Verwaltungsgericht Karlsruhe aufgrund einer Klage eines Leitenden Polizeidirektors entschieden hat, dass die Besetzung der Polizeipräsidentenposten zu wenig transparent und formal vorgenommen worden ist, konnten insgesamt 23 Dienststellen nicht wie geplant im Januar besetzt werden.
Im Rahmen der Polizeireform wurde entschieden, dass Polizeipräsidenten künftig uniformierte Polizisten sein müssen. Insofern musste die Verwaltungsjuristin Caren Denner, die erst im Juli 2011 als Präsidentin ins Amt kam, ihren Posten räumen. Sie akzeptierte die „Dekradierung“ (bei gleichem Gehalt) und blieb im Haus – als Vizepräsidentin. Ein ungewöhnliches, aber sehr zu respektierendes Verhalten.
Auswahlverfahren mit fatalem Ausgang
Dann war Detlef Werner als neuer Polizeipräsident vorgesehen und benannt. Der wurde dann aber Inspekteur der Polizei, nachdem sein Vorgänger Gerhard Klotter im Herbst überraschend Landespolizeipräsident geworden ist. Herr Klotter war Polizeipräsident in Mannheim, bevor er Inspekteur geworden war.
Als neuer Polizeipräsident war der Leitende Polizeidirektor Thomas Köber vorgesehen. Ein erfahrener Beamter, der das Präsidium in- und auswendig kennt und sich durch clevere Einsatzleitungen beispielsweise bei Demonstrationen einen sehr guten Ruf erworben hat.
Weil aber der frühere Inspekteur der Polizei und jetzige Landespolizeipräsident Gerhard Klotter die Beamten nach „persönlicher Einschätzung“ der Qualifikation für die Ämter bestimmt hatte, klagte ein Leitender Polizeidirektor, der sich auf 23 Posten beworben hatte. Seine Klage: Er sei mindestens gleich gut qualifiziert und durch die „Augenschein“-Vergabe benachteiligt worden. Pikant: Der Kläger ist seit Jahren als Personalrat vom Polizeidienst freigestellt und hat seine Bewerbung wiederum mit dem Wunsch nach einer Freistellung verbunden, so das Innenministerium. Auf gut deutsch: Er will von A16 nach B3 befördert werden, mehr Lohn und den Titel haben, aber nicht aktiv als Polizeipräsident arbeiten. Formal hat er aber nach Ansicht des Gerichts das Recht, sich zu bewerben und ordentlich in die Auswahl genommen zu werden.
Fehler „traditionell“ bedingt
Der Fehler liegt also bei keinem der für die Leitungsfunktionen vorgesehenen Beamten, sondern ausschließlich bei Herrn Klotter, wenn man denn einen Schuldigen benennen wollte. Tatsächlich ist Herr Klotter aber so verfahren, wie „schon immer“ verfahren worden ist, nicht erst seit Grün-rot, sondern auch, als die CDU das Land regierte. Spitzenbeamtenpositionen wurden auf Zuruf und „nach Augenmaß“ vergeben.
Dieses Verfahren ist nun zumindest bei der Polizei beendet. Eventuell sind aber auch andere Posten, etwa beim Landesrechungshof oder in den Ministerien betroffen.
Für Thomas Köber und die betroffenen Kollegen ist das bitter. Sie hängen nun in einer Art Warteschleife und müssen sich entscheiden, ob und wo sie sich neu bewerben. Dabei werden sie ein Risiko eingehen müssen, denn was, wenn ein anderer Kandidat als besser geeignet bevorzugt wird? Das wäre eine Blamage für den jeweiligen Bewerber, der eine Stelle nicht besetzen kann, für die er eigentlich schon ausgesucht war.
Neubesetzung in 2-4 Monaten
Das Verwaltungsgericht hat einen Mangel erkannt und das Verfahren als nicht ausreichend beurteilt. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass künftig mehr Transparenz und Kontrolle im Bewerbungsverfahren für diese Leitungspositionen herrschen soll. Das Urteil kommt aber zur Unzeit, weil nach sehr harter Arbeit an der Polizeireform ausgerechnet mit dem Start viele Präsidien scheinbar „kopflos“ dastehen. Bis auf „Einsatz“, Hochschule, Freiburg, Ulm und Stuttgart sind alle andere betroffen.
Selbstverständlich werden die kommissarischen Leiter die Präsidien verantwortungsvoll führen und die Polizei ihre Aufgaben wahrnehmen. Aber „gefühlt“ und „politisch“ ist das ein echter Fehlstart für die Polizeireform und kein Kompetenzausweis für Innenminister Reinhold Gall. Wie man hört, soll es heute in der nicht-öffentlichen Sitzung des Innenausschusses auch ordentlich zur Sache gegangen sein.
Thomas Köber hat am Freitag seinen zunächst letzten Arbeitstag in Mannheim. Ab Samstag ist wieder Frau Denner verantwortlich, die bereits zweieinhalb Jahre Polizeipräsidentin war und ihre Dienstgeschäfte wie gewohnt zuverlässig erledigen wird.
Im Innenministerium rechnet man mit zwei bis vier Monaten, bis die Bewerbungen und Neubesetzungen vorgenommen sein werden. Sofern nicht wieder geklagt werden sollte.